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#„Wir brauchen keine neuen Flirts“

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„Wir brauchen keine neuen Flirts“

Bis der Polizeitrupp durch die Paradiesgasse marschiert, ist viel Bier geflossen und viel Regen gefallen. In der Legend Bar hat an einem durch eine Plastikwand geteilten Kickertisch eine blonde junge Frau ungezählte Tore geschossen, indem sie sich den Ball mit zwei Plastikspielern immer wieder sorgsam in die gleiche Position brachte, einen Augenblick inne hielt und dann schonungslos schoss. Am Burgerstand in der Klappergasse hat der Lieferandofahrer diverse Kartons mit Fast Food in seinen Rucksack gepackt. Es ist der letzte Ausgehabend vor dem neuerlichen Lockdown, es ist Halloween und zu allem Überfluss noch Vollmond.

Elena Witzeck

Alt-Sachsenhausen ist ein merkwürdiges Soziotop in den schmalen Altstadtgassen der südlichen Mainseite von Frankfurt. Die meisten Bewohner der Stadt sehen es nur, wenn sie am Abend auf den mehrspurigen Einfallstraßen aus der Innenstadt gen Süden fahren. Dann leuchtet und blinkt es rot und grün aus den rechts abzweigenden Gassen heraus. Mit seinen labyrinthischen, krummen Ritter- und Paradiesgassen und den aneinander geklebten Bars unterscheidet sich Alt-Sachsenhausen kaum von den Partyvierteln in Lissabon, Barcelona oder Ljubljana, nur die Apfelweinkneipen in der Gegend haben ihre eigene Tradition. Seit die Touristen weg sind, hat sich das Viertel zu einer Enklave der Feiernden entwickelt, was schon deshalb ein Problem ist, weil hier alles eng ist. Neulich haben mit der Sperrstunde unzufriedene Betrunkene Flaschen nach Polizisten geworden. Seitdem sind die Einsatzkräfte dort in großen Gruppen und voller Montur unterwegs.

Politische Kommunikation in der Legend Bar


Politische Kommunikation in der Legend Bar
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Bild: Elena Witzeck

Noch ist es früh, noch herrscht Stille vor der Apfelweinkneipe Frau Rauscher, noch ist die Tür der Schöppsche-Bar geschlossen. Sperrstunde ist eigentlich um 23 Uhr, aber ganz sicher sind die durch die Klappergasse streifenden Jugendlichen nicht. Einige glauben sich zu erinnern, in den vergangenen Wochen bis fünf gefeiert zu haben, offiziell dann ohne Bier. Vor der Eintrachtkneipe Klapper 33 ein Türsteher, der gerade schon die ersten Gäste wegschickt. Muss ja sein. Es ist ja nur ein kleiner Raum, und man will sich hier nicht mit der Stadt anlegen. Die Polizei kommt hier regelmäßig vorbei und macht die Läden, die zu voll sind, sofort dicht. Drinnen müssen die Barkeeper und Chefs dann ein bisschen aufpassen, dass sich die Angetrunkenen nicht zu wohl miteinander fühlen. „So wie mit Kindern“, sagt der Türsteher. Und was macht er ab Montag, wenn wieder alles dicht ist? Abwarten. Finanzen prüfen. Vorerst mit 70 Prozent seines Lohns zurechtkommen.

Angst vor der Einsamkeit

Die beiden Studentinnen, die mit ernsten Gesichtern durch die Klappergasse eilen, sagen, sie seien nur auf der Durchreise. Sie wollen zu Freunden, jemand hat Geburtstag, so privat ist es ihnen gerade wohler. Seit einem halben Jahr sitzen sie mit ihren Büchern und Materialien zuhause, was „schon deprimierend“ ist, vor allem die Bibliothek fehlt ihnen, ein Platz zum konzentrierten Lesen und Arbeiten, das geht in der Wohngemeinschaft oft nicht gut. In „Alt-Sachs“ würden sie jetzt nichts mehr trinken gehen, auch nicht, um jemanden kennenlernen. „Wir brauchen keine neuen Flirts“, sagt die eine. „Wir haben einen stabilen Freundeskreis“. Besser, als jetzt wie andere Freundinnen in einer längst gescheiterten Beziehung festzuhängen und sich nicht befreien zu können, aus Angst vor der Einsamkeit, dem langen Winter, den dunklen Abenden.

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