#„Wir können die Corona-Seuche eliminieren“
„„Wir können die Corona-Seuche eliminieren““
Herr Martin, Sie führen eine der größten Laborketten Europas. Wann wird es einen Corona-Test geben, der so schnell, einfach und zuverlässig funktioniert wie ein Schwangerschaftstest?
Sebastian Balzter
Redakteur in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Sie denken an die schnellen Antigen-Selbsttests. Wir haben auch einen davon im Sortiment. Ich sehe dieses Verfahren aber kritisch, weil es längst nicht alle Infizierten erfasst. Wo immer es möglich ist, sollte man stattdessen oder noch besser zusätzlich einen PCR-Test machen. Eine Kombination aus beidem ist das Beste, das geht mit ein und derselben Probe.
Aber was hilft das, wenn das Ergebnis erst Tage später vorliegt?
Das muss nicht so sein. Die Labore können das viel schneller erledigen, es ist eine Frage der Organisation. Es gibt PCR-Schnelltests, die dauern nur 45 Minuten. Aber das ist nichts für große Mengen. Andere Verfahren, die zwei bis drei Stunden dauern, lassen sich dagegen fast unbegrenzt skalieren. Man sollte den Laboren einen Bonus bezahlen, wenn sie es in weniger als zwölf Stunden schaffen. Aber wenn sie länger als 24 Stunden brauchen, dürften sie überhaupt nichts bekommen. Dann ist das Ergebnis für die Nachverfolgung nicht mehr viel wert.
Warum ist Ihnen das so wichtig?
Weil wir vor einer neuen Pandemie stehen. Die brasilianische und die südafrikanische Virusvariante machen mir Sorgen. Aber noch hat Europa die Chance, ihre Ausbreitung aufzuhalten. Dafür muss man nicht die ganze Bevölkerung isolieren, sondern die Infizierten schnell finden und isolieren. Das hat bisher zu lange gedauert, mindestens vier Tage. Aber wir haben jetzt einen Test entwickelt, der innerhalb von einer Stunde zeigt, ob es sich bei einer Infektion um eine dieser Varianten handelt. Das geht in jedem Labor. Und dann müssen die Gesundheitsämter reagieren. Ich befürchte nur, dass die Regierungen das nicht schnell genug beschließen. Wenn eine neue Variante auftritt – und es wird weitere Varianten geben, da dürfen wir uns nichts vormachen –, müssten sie eigentlich innerhalb von einer Woche darauf reagieren. Ich finde es schockierend, dass manche Länder das anscheinend aufgegeben haben.
Gäbe es dafür genug Test-Kapazitäten?
Ja. Es gibt keine Engpässe mehr. Wir hatten übrigens immer Kapazitäten frei, haben sie auch unseren Kollegen angeboten. Das Problem war zeitweise, dass ausgelastete Labore ihre Proben einfach nicht weitergaben. Aber inzwischen hatte jedes Labor Zeit, sich vorzubereiten. Wir haben genug Spatel und Reagenzien auf Lager. Und ganz wichtig ist: Man braucht kein Fachpersonal mehr, um diese Proben zu entnehmen. Das geht mit einer einfachen Mundspülung, wir haben eine Anleitung auf Video dazu erstellt, außerdem kontrollieren wir standardmäßig, ob wirklich menschliche DNA entnommen wurde. Und man kann zur Sicherheit Stichproben überprüfen. Das gibt es alles schon seit fast einem Jahr. Die Behörden haben es nur viel zu lange nicht zugelassen.
Wie zuverlässig sind die Ergebnisse, wenn Laien die Proben selbst nehmen?
In Großbritannien vergleichen wir die Ergebnisse der Selbsttests mit denen, die von Ärzten oder Krankenschwestern entnommen wurden. In beiden Gruppen sind positive Tests gleich häufig. Ich bin überzeugt: Man sollte den Leuten die Test-Kits nach Hause schicken. Und selbst wenn wir dann vielleicht 2 Prozent der Infektionen verpassen, ist das viel besser als die aktuelle Situation.
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