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#Wir sind die Veränderung, von der unser Lied singt

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Wir sind die Veränderung, von der unser Lied singt

Als nach vier langen Trump-Jahren am 20. Januar dieses Jahres eine nahezu unbekannte Poetry-Slammerin zur Amtseinführung von Joe Biden und Kamala Harris auf dem Kapitol vors Mikrofon trat, bewegte ihre sechs Minuten dauernde Performance die Welt. Mit „The Hill We Climb“ schuf die damals zweiundzwanzigjährige Harvard-Absolventin einen Resonanzraum weit über Washington hinaus. Seither ist viel geschehen. Amanda Gorman trat mit Popstars bei den Feierlichkeiten zum Superball auf, unterschrieb einen Vertrag beim Kosmetikunternehmen Estée Lauder, und es wurde monatelang darüber gestritten, wer bei den Übersetzungen wohl sensibel genug wäre, dem historischen Moment von „The Hill We Climb“ gerecht zu werden.

Sandra Kegel

Verantwortliche Redakteurin für das Feuilleton.

In den Niederlanden und in Spanien mussten sich Übersetzer auf öffentlichen Druck hin zurückziehen, weil es hieß, sie seien aufgrund ihrer weißen Hautfarbe doch nicht geeignet. Der Hamburger Verlag Hoffmann und Campe ging auf Nummer sicher und beschäftigte gleich ein Trio aus zwei Politologinnen und einer Übersetzerin für die Übertragung der 723 Wörter – was dem deutschen Text nicht unbedingt guttat, dem aus lauter Vorsichtsmaßnahmen seine metaphorischen Schattierungen genommen wurden.

Im selben Verlag erscheint nun, nur wenige Tage nach dem amerikanischen Original, die deutsche Fassung des ersten Kinderbuchs von Amanda Gorman, das sie zusammen mit dem Illustrator Loren Long veröffentlicht hat. Auch hier ließ der Verlag zwei Übersetzerinnen Hand anlegen, die Lyrikerin und kookbooks-Gründerin Daniela Seel sowie die Berliner Soul- und R&B-Sängerin Joy Maureen Denalane. Letzteres mag der Tatsache geschuldet sein, dass „Change – Eine Hymne für alle Kinder“ mit seinen rhythmischen und bisweilen gereimten Versen selbst zum Lied wird. Gleich zum Auftakt sehen wir ein schwarzes Mädchen in Jeans und Sneakers mit einer Gitarre im Schoß und lesen: „Ich höre sie summen: Veränderung, / höre ihr buntes mutiges Lied, / ich fürchte mich nicht vor Veränderung / und stimme ein, singe mit“.

Die Gruppe wird zur Bewegung

Im Vergleich mit dem Original fällt dabei auf, wie freihändig übersetzt wurde, wenn „loud“ zu „bunt“ wird oder „proud“ zu „mutig“. Die von Loren Long großflächig bebilderten Seiten zeigen, wie sich das Gitarren-Mädchen mit immer mehr Kindern zusammentut, einem Jungen mit Kippa oder einem Mädchen im Rollstuhl, um gemeinsam nicht nur zu musizieren, sondern etwas zu bewegen in der Welt. Denn was im Kleinen ihres Alltags gelingen kann, so die Message, kann groß werden und über sich hinauswachsen. Gemeinsam liefern sie Lebensmittel an Bedürftige, räumen den Müll von den Straßen oder reparieren verfallene Häuser. Die Gruppe wird dabei zur Bewegung: „Wir sind die Woge, die gerade beginnt, / denn wir sind die Veränderung, von der unser Lied singt.“

Den Allerkleinsten soll hier eine Botschaft von allergrößter Wichtigkeit vermittelt werden: Die schlichten Bilder erzählen lebensbejahend und voller Hoffnung davon, dass Veränderung möglich ist, Toleranz, Empathie, Menschlichkeit. An einer Hauswand finden sich neben einem Graffiti von Martin Luther King Worte wie „Include“, „Forgive“ oder „Love“. Text und Poesie wirken in der deutschen Fassung allerdings mitunter seltsam steif und ohne Rhythmus. Da stößt in den Versenden „Tränen“ auf „Sehnen“ oder „auch“ auf „braucht“, und „Wo singt Veränderung? Hier! In mir drin“ klingt verstolpert. Dass sich der amerikanische Sound nicht immer vom Deutschen einfangen lässt, zeigt sich da aufs Neue. Nachhören lässt sich das auf der Website des amerikanischen Verlags. Dort liest Amanda Gorman selbst.

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