#Wollen Sie nicht erst einmal die Herztöne hören?
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„Wollen Sie nicht erst einmal die Herztöne hören?“
Auf den ersten Blick wirkt es nur wie ein sanfter Hinweis, es sich noch einmal zu überlegen. Seit Montag ist in der spanischen Region Kastilien-León eine neue Leitlinie für Ärzte in Kraft, zu denen Frauen kommen, die sich zu einer Abtreibung entschlossen haben: Das Gesundheitspersonal soll ihnen erst einmal ein 4-D-Ultraschallbild des Fötus anbieten und die Möglichkeit, die Herztöne zu hören, dazu Informationen über psychologische Hilfe.
Ziel sei es, die Frauen, von ihrem Wunsch abzubringen, denn für Spanien seien mehr Kinder „überlebenswichtig“, sagte der stellvertretende Regionalpräsident Juan García-Gallardo von der rechtspopulistischen Vox-Partei.
Mit dem Vorstoß aus der Provinz eröffnete Vox das Wahljahr und provozierte sofort eine heftige Debatte. In Spanien stehen 2023 Kommunal-, Regional- und Parlamentswahlen an. Erst im Dezember hatte die regierende Linkskoalition das Abtreibungsrecht reformiert. Jetzt haben Mütter schon vom Alter von 16 Jahren an ein Recht auf einen Abbruch, ohne dass ihre Eltern oder ein Gericht zustimmen müssen. Alle staatlichen Krankenhäuser müssen Schwangerschaftsabbrüche innerhalb der ersten 14 Wochen kostenlos vornehmen. Zudem steht die „Pille danach“ künftig kostenlos zur Verfügung. Im Parlament hatten Vox und die konservative Volkspartei (PP) gegen die Reform gestimmt. Noch in diesem Jahr will das spanische Verfassungsgericht über eine Klage der PP entscheiden.
„Verbesserter Zugang“, kein Zwang
Für die linke Minderheitsregierung von Pedro Sánchez und besonders den Juniorpartner Podemos ist die Reform des „Gesetz über die sexuelle und reproduktive Gesundheit“ eines ihrer wichtigsten Projekte. Die Regierung reagierte deshalb scharf und schnell. Sie forderte das regionale Gesundheitsministeriumin Kastilien-León offiziell auf, keine Maßnahmen zu genehmigen oder anzuwenden, die gegen die geltenden Vorschriften verstoßen. Man werde alle rechtlichen Mittel nutzen und die Freiheit der Frauen und ihre Rechte verteidigen.
Für ein schärferes Abtreibungsrecht: Juan Garcia-Gallardo, stellvertretender Regierungschef von Kastilien und Leon
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Bild: dpa
Am Montag herrschte erst einmal Verwirrung. Der stellvertretende Regierungschef Juan García-Gallardo von Vox betonte, das neue „protocolo“ sei „für alle Angehörigen der Gesundheitsberufe verbindlich“. Der PP-Regionalpräsident Alfonso Fernández Mañueco bestritt hingegen, dass es überhaupt neue Leitlinien gebe: Ärzte und Frauen würden zu nichts gezwungen. In der vergangenen Woche sei nur ein „verbesserter Zugang“ zu den Leistungen für schwangere Frauen beschlossen worden. Die linke Zentralregierung wolle politischen Gewinn aus dem Streit schlagen, „aber wir werden die Frauen nicht zu Geiseln dieser Debatte machen“, sagte der Regionalpräsident.
Die erste Koalition mit Vox hat seine PP politisch in eine schwierige Lage gebracht. Die nationale Parteiführung wirbt um die Wähler der Mitte und zog es vor, zum jüngsten Streit zu schweigen. Laut allen bisherigen Umfragen braucht die PP jedoch die Rechtspopulisten, um die Regierung Sánchez abzulösen. Nach dem enttäuschenden Wahlergebnis in Andalusien und innerparteilichem Streit versucht Vox, mit Abtreibung und ähnlichen Themen an den Wahlerfolg in Kastilien-León anzuknüpfen. Dort machte Juan García-Gallardo schon die „Hypersexualisierung“ der Gesellschaft für die dramatische Entvölkerung im Landesinnern Spaniens verantwortlich. Sex sei zum Selbstzweck geworden, und man habe dabei vergessen, „dass der Hauptzweck des Geschlechtsverkehrs die Fortpflanzung ist“, sagte der 31 Jahre alte Vox-Politiker. Erst vor knapp zwei Jahren war der Anwalt der Partei beigetreten. Er wurde nach einem Casting zum Spitzenkandidaten ernannt.
Das Vorbild für seinen jüngsten Vorstoß ist laut spanischen Medien die Verschärfung des ungarischen Abtreibungsrechts im vergangenen Jahr; zu Victor Orbán unterhält Vox gute Beziehungen. Ungarische Frauen sind künftig verpflichtet, sich die Herztöne des Embryos anzuhören, bevor sie eine Bescheinigung erhalten, mit der sie dann abtreiben können. Das Parteiprogramm von Vox nennt den „Schutz des Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod“ als eines der wichtigsten Ziele. Das neue Sterbehilfegesetz und das „Recht auf freie Abtreibung“ will die Partei abschaffen.
Aber darauf wartet sie nicht, wie die Zeitung „El País“ berichtet. Auf dem „Forum für das Leben“ im vergangenen November in Madrid, zu dem auch italienische und polnische Rechtspopulisten angereist waren, sprachen Vox-Abgeordnete davon, es Frauen, die abtreiben wollen, mit kleineren Schritten schwieriger zu machen – und sie „in die Mangel zu nehmen“.
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