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#Würth bekommt den Klopapier-Effekt zu spüren

Würth bekommt den Klopapier-Effekt zu spüren

Robert Friedmann, der langjährige Chef der Würth-Gruppe, neigt nicht zu Übertreibungen, aber wenn er über die vergangenen 15 Monate spricht, spricht er von einem Wechselbad der Gefühle: „Von einer apokalyptischen Stimmung ging es in eine so starke Boom-Phase, wie sie noch keiner von uns erlebt hat.“ Dabei geht es keineswegs nur um Rückschau. Zwar hat Würth nun das erste Halbjahr mit einem Umsatzplus von mehr als 20 Prozent und mit einem fast verdoppelten Ergebnis abgeschlossen, aber Friedmann ist aufs Äußerste angespannt. „Wenn ich Kollegen treffe, frage ich sie als Erstes, ob es Signale für nachlassende Nachfrage gibt“, berichtet der Würth-Chef und fügt hinzu: „Es gibt keinen Indikator, der uns Sorgen macht. Aber der gesunde Menschenverstand weiß, dass es so nicht weitergehen kann. Wir sind auf alles vorbereitet.“

Vorläufig hat die Würth-Mannschaft quasi Luxusprobleme zu bestehen. Der Umsatz des Weltmarktführers für Befestigungs- und Montagetechnik stieg in Deutschland um mehr als 16 Prozent, im Ausland sogar um 24 Prozent auf insgesamt 8,4 Milliarden Euro. Dieses enorme Wachstum in fast allen Geschäftsbereichen übertrifft die Erwartungen – und damit auch die Planungen. „Die Organisation ächzt“, bestätigt Friedmann: Die erheblich größeren Mengen von Waren müssen durch Shops und Lager und Fa­briken geschleust und natürlich auch in der Verwaltung verarbeitet werden. Von gut 79.000 Mitarbeitern zum Jahreswechsel wuchs die Belegschaft im ersten Halbjahr zwar auf fast 81.800 Mitarbeiter, aber mit dem Kapazitätsaufbau ist man bei Würth vorsichtig.

Stärker als sonst wird das Geschäft von externen Faktoren stark beeinflusst. Allen voran stellen fehlende Rohstofflieferungen Würth beispielsweise bei Befestigungselementen, Holzverbindern, Montageschienen und Beschlägen vor große Herausforderungen. Insgesamt sei er aber zufrieden mit der eigenen Lieferfähigkeit, sagt Friedmann. Aus der letzten Krise 2008/2009 habe man gelernt, dass es sich auszahle, den Service in Richtung Kunden so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Das habe man im ersten Lockdown voriges Jahr beherzigt und mit der schnellen Trendwende in der Nachfrage somit auch einen Vorsprung vor den Wettbewerbern geschafft.

Hamsterverhalten beim Bau

Doch weil sich die Würth-Kunden trotzdem nicht ganz so sicher sind in Sachen Lieferfähigkeit, bestellen viele von ihnen im Augenblick mehr, berichtet Friedmann und verweist auf den Klopapier-Effekt, den man im vorigen Frühjahr als Verbraucher erlebt hat: Nachdem die ersten Kunden gehortet hätten, sei die Angst, zu kurz zu kommen, erst recht gestiegen. Jetzt beobachte man, dass Würth-Kunden ihr sonst kurzfristiges Bestellverhalten änderten und beispielsweise für ein Bauprojekt alle notwendigen Teile auf einen Schlag orderten oder sogar noch mehr.

Gut möglich, sagt Friedmann, dass dieser Lagereffekt für 8 bis 10 Prozent Umsatzplus gesorgt habe, also für die Hälfte des Gesamtzuwachses: „Wir können das schlecht abschätzen, und man weiß nicht, wie lange das geht.“ Er spricht von Unwuchten: Irgendwann werden die Kunden ihre Lager wieder abbauen, und dieser Umsatz fehlt dann.

Auch Lieferengpässe ganz anderer Art könnten sich auf das Würth-Geschäft negativ auswirken, etwa der Chipmangel, der immer wieder die Autoproduktion in Deutschland einschränkt: Wo Autos wegen fehlender Chips nicht gebaut werden, sind auch keine sonstigen Würth-Teile nötig.

Teils sprunghafte Preisanstiege um bis zu 20 Prozent

Viele der Unwägbarkeiten hängen mit dem plötzlichen konjunkturellen Aufschwung nach der Corona-Delle voriges Jahr zusammen, mancher Zusammenhang ist aber auch überraschend. Ein normales Haushaltskabel zum Beispiel wird teurer, weil durch die Pandemie das Fliegen weitgehend zum Erliegen kam und damit die Nachfrage nach Kerosin absackte. Bei der Herstellung des Flugbenzins nämlich fällt als Nebenprodukt ein Weichmacher an, der für die Kabelummantelung verwendet wird – und der jetzt knapp ist. Wo die Nachfrage hoch ist, steigen die Preise, was Friedmann weitere Sorgen bereitet. Teils sei man mit Tagespreisen konfrontiert, teils gebe es sprunghafte Anstiege bis zu 20 Prozent. „Man kann doch die Kunden nicht alle paar Wochen mit neuen Preisen konfrontieren“, seufzt Friedmann.

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Wie sehr die Weitergabe der Preiserhöhungen gelingt, bestimmt indes wesentlich mit, ob es dem Stiftungskonzern mit Sitz in Künzelsau gelingt, dieses Jahr noch eine markante Marke zu durchbrechen. Nachdem im ersten Halbjahr nämlich ein Betriebsergebnis von 520 Millionen Euro erzielt worden war (nach 280 Millionen Euro im Vorjahr), wäre fürs ganze Jahr 2021 sogar ein Betriebsergebnis von einer Milliarde Euro denkbar. Was das Geschäftsvolumen angeht, plant Würth allen Unwägbarkeiten zum Trotz mit einem zweistelligen Umsatzwachstum auf 16 Milliarden Euro.

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