Nachrichten

#Zehn Jahre Planung – und immer noch am Anfang

Zehn Jahre Planung – und immer noch am Anfang

Acht Kisten mit je zwei Bohrkernen – jeder gut einen Meter lang – liegen am Rand der Baustelle. Sie geben preis, wie es in rund 400 Meter Tiefe aussieht. Die glatten, stabilen Kerne auf der linken Seite sind aus hartem, belastbaren Gneis, sagt Ottomar Krentz. Er ist Geologe und berät die Deutsche Bahn in Sachen Untergrund. Wie bröselig dieser ausgerechnet hier im Osterzgebirge ist, davon zeugen die weiteren Kisten, in denen zum Teil nur Bruchstücke liegen. Krentz nimmt einige davon in die Hand und zerdrückt sie zwischen Daumen und Fingern. „Kreide“, sagt er. „Instabil und wasserführend. Sollte man umfahren.“

Stefan Locke

Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

Seit Monaten schon lässt die Deutsche Bahn das Gebiet an der deutsch-tschechischen Grenze südöstlich von Dresden geologisch untersuchen – mit dem Ziel, womöglich teure Überraschungen beim Tunnelbau zu vermeiden. Und eine solche wäre der rund 600 Meter breite und ebenso tiefe Kreidekrater zweifellos gewesen. Die Tunnelvariante, die hier mittendurch führen sollte, kann man wohl getrost streichen. Doch die geologischen Gegebenheiten sind nur ein Kriterium für das milliardenschwere Vorhaben. Bisher schlängelt sich die Eisenbahnverbindung zwischen Dresden und Prag zweigleisig entlang der Elbe mitten durch die Sächsische Schweiz und zahlreiche Städte und Dörfer. Zweieinhalb Stunden benötigen Personenzüge für die 180 Kilometer kurze Strecke, während die langsamer fahrenden Güterzüge noch viel länger unterwegs sind.

Es wäre der längste Bahntunnel Deutschlands

Das ist schon lange eine Belastung – nicht nur für Anwohner, sondern auch für die Wirtschaft mit ihrem permanent wachsenden Güterverkehr. Denn die sächsisch-böhmische Verbindung ist Teil eines sogenannten Kernnetzkorridors des Transeuropäischen Verkehrsnetzes, das die Wirtschaftszentren Zentraleuropas mit den Seehäfen an Nord- und Ostsee sowie am Schwarzen und am östlichen Mittelmeer verbindet.

Im Erzgebirge werden Bohrungen für geophysikalische Untersuchungen für die Bahn-Neubaustrecke Dresden-Prag vorgenommen (Archivaufnahme)


Im Erzgebirge werden Bohrungen für geophysikalische Untersuchungen für die Bahn-Neubaustrecke Dresden-Prag vorgenommen (Archivaufnahme)
:


Bild: dpa

Die Lösung zur Beseitigung des Nadelöhrs ist freilich längst beschlossen und im Bundesverkehrswegeplan verankert: Weil ein Ausbau der bestehenden Strecke nicht möglich ist, soll eine – obendrein hochwassersichere – Trasse das Erzgebirge unterqueren und die Fahrtzeit zwischen Dresden und Prag halbieren. Der Erzgebirgstunnel ist das Herzstück des Projekts und würde zwischen Heidenau und Aussig (Usti nad Labem) mit mindestens 25 Kilometern (davon 15 auf deutscher Seite) zugleich der längste Bahntunnel Deutschlands werden. Aus den seit zehn Jahren laufenden Planungen mit zunächst neun Varianten haben sich inzwischen zwei Korridore für eine Voll- beziehungsweise Teil-Tunnelvariante herauskristallisiert. Die werden nun geprüft.

Geologische Anomalie zufällig entdeckt

„Das ist ein komplexes und anspruchsvolles Vorhaben“, sagt Martin Walden, der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn für die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Er steht im Nieselregen an den Bohrkernen und blickt mit einer Mischung aus Erleichterung und Sorge auf das Geschehen. Sorgenvoll, weil mit jeder Untersuchung neue Probleme auftauchen können; erleichtert, weil sich in diesem Fall ein später womöglich großer Schaden hat verhindern lassen. „Börnersdorfer Störung“ haben die Geologen den Kreidetrichter getauft, der hier zwischen dem sonst üblichen Gneisgestein verläuft. Und ausgerechnet hier vereinigen sich beide Tunnel-Varianten. „Es ist ein geologisches Mysterium“, sagt Ottomar Krentz. „Die hier geplanten Varianten hätten den Zerrüttungsbereich direkt durchfahren. Das geht nicht.“ Mindestens 200 Meter Abstand sollten die Tunnelbauer dereinst hier besser einhalten.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!