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#Zurück zu Thatcher

„Zurück zu Thatcher“

Um den Mund der neuen Premierministerin Liz Truss spielte ein triumphierendes Lächeln, als sie am Freitag ihrem Schatzkanzler dabei zuhörte, wie er im Unterhaus die neue Wirtschafts- und Finanzpolitik durchbuchstabierte. Kwasi Kwarteng kündigte nicht nur die höchsten Steuersenkungen seit den frühen 70er-Jahren an (geschätzte 60 Milliarden Euro), er tat es geradezu mit Wollust.

Je empörter die Rufe aus den Oppositionsbänken wurden, desto genüsslicher betonte Kwarteng, dass man sich „nicht schäme“, das Wachstum wieder anzukurbeln. Viel zu lange habe man sich „in Umverteilungsdebatten ergangen“. Jetzt sei Zeit, „die Kraft des Privatsektors zu entfesseln“ – Zeit für eine „neue Ära“.

Die Labour Party war von dieser Rückbesinnung auf die Frühphase des Neoliberalismus nicht begeistert. Rachel Reeves warf Kwarteng vor, die Banker besserzustellen und die Energieunternehmen zu mästen – die Rechnung dafür aber den Arbeitern zu präsentieren, wenn die Schulden, die er aufnehmen wolle, in Zeiten steigender Zinsen zurückbezahlt werden müssten. Gleichzeitig gratulierte sie ihm sarkastisch zur „Anerkennung von zwölf Jahren des wirtschaftlichen Scheiterns“.

„Das ist entweder brillant oder bekloppt“

Tatsächlich glich Kwartengs Haushaltsrede streckenweise einer Abrechnung mit den Tory-Vorgängerregierungen, zumindest einer umfassenden Korrektur. Die unter Boris Johnson eingeführte Erhöhung der Versicherungsbeiträge wurde zurückgenommen, ebenso sein Plan, die Unternehmenssteuern anzuheben.

Die unter David Cameron eingeführten Grenzen für Banker-Boni werden abgeschafft. Die Premierministerin dazwischen – Theresa May – durfte sich geohrfeigt fühlen, weil Kwarteng kein Wort über das von ihr eingeführte Ziel einer kohlendioxid-neutralen Wirtschaft bis 2050 verlor.

Viele sprachen am Freitag von einem „Glücksspiel“. Sofern Truss’ Rechnung aufgehe und die Steuersenkung zu Wachstum führe, sei die Schuldenaufnahme zu verkraften, sagte Paul Johnson vom Institut für Fiskalstudien. „Wenn nicht, dann nicht.“ Ein Tory textete nach Kwartengs Haushaltsrede an Journalisten: „Das ist entweder brillant oder bekloppt. Die Zeit wird es zeigen.“

Die neue britische Premierministerin Liz Truss am Freitag vor ihrem Amtssitz in 10 Downing Street


Die neue britische Premierministerin Liz Truss am Freitag vor ihrem Amtssitz in 10 Downing Street
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Bild: EPA

Unter den Tory-Abgeordneten, die sich mehrheitlich den zentristischen Rishi Sunak als Premierminister gewünscht hatten, verschlägt es vielen den Atem. Sie befürchten, dass Steuersenkungen die hohe Inflation weiter anheizen und die hohe Schuldenaufnahme zur Finanzierung des Energiepakets den Haushalt in Schieflache bringt. Ein früherer Minister sprach am Freitag von einem „Odem der Reinheit“ in Truss’ Ansatz. „Dies ist keine konservative Regierung mehr, sondern eine manchester-kapitalistische.“

Aber selbst unter den Anhängern von „Trussonomics“ reiben sich einige die Augen über die Geschwindigkeit und die Rigidität, die die neue Regierung an den Tag legt. Truss’ und Kwartengs Politik basiere auf der Theorie, „dass steigendes Wasser alle Boote anhebt“, wurde ein Truss-freundlicher Tory-Stratege in der „Times“ zitiert. „Aber was, wenn sich das Wasser zurückzieht?“

Truss verzichtet auf Zuckersteuer

Kwartengs Begriff von einer „unternehmerischen, aktienhaltenden De­mo­kratie“ ließ sich als Umkehrung jenes Gesellschaftsentwurfs interpretieren, dem die Tories bislang gehuldigt hatten. Cameron hatte 2010 von einem „compas­sion­ate conservatism“ gesprochen, einem mitfühlenden, auf Ausgleich bedachten Konservativismus.

May zog die Partei noch weiter in die Richtung europäischer Christdemokraten. Johnson wollte die Tories gar als „Arbeiterpartei“ neu erfinden und über (gegenfinanzierte) Staatsinterventionen die sozialen Un­gleichgewichte im Land ausbalancieren.

Unter Truss ist die Partei wieder angekommen, wo sie unter Margaret Thatcher stand. Konjunktur hat ein Staatsverständnis, nach dem die Regierung Freiheit und Sicherheit garantiert, in Notlagen auch einspringt, aber ansonsten unsichtbar ist. Wie radikal die Abkehr vom „Nanny State“ ist, zeigt Truss’ Versprechen, keine Zuckersteuer einzuführen und auch sonst nicht mehr in die Ess- und Lebensgewohnheiten der Bürger einzugreifen. Das Königreich wird wieder vom Glauben an die persönliche Verantwortung und an den Markt regiert.

Robert Shrimsley von der oft Tory-kritischen „Financial Times“ gab sich am Mittwoch skeptisch, erinnerte aber auch daran, dass „dieser politische Entwurf schon einmal Erfolg hatte“.

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