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#Zwergenaufstand auf dem Monte Titano

Zwergenaufstand auf dem Monte Titano

Das erste Wochenende unter Italiens neuem partiellen Lockdown, der zunächst bis 3. Dezember gilt, verlief unübersichtlich bis chaotisch. Nach Medienberichten kam es zu vielen Verstößen gegen die landesweite Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr, teils aus Unwissenheit, teils aus Ungehorsam. Dazu gab es allerlei Proteste. Wie sehr das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung in Rom, in die Behörden überhaupt geschwunden ist, zeigt zumal die Demonstration in Bergamo in der Lombardei: Dort protestierten vor dem Rathaus Hunderte Menschen gegen die Einschränkungen. Unter ihnen waren die üblichen rechtsextremen Rädelsführer, aber auch viele Kleinunternehmer, Restaurantbetreiber und Einzelhändler, die um ihr wirtschaftliches Überleben bangen.

Matthias Rüb

Matthias Rüb

Politischer Korrespondent für Italien, den Vatikan, Albanien und Malta mit Sitz in Rom.

Im März hatten die schockierenden Bilder von Armeelastwagen, mit welchen aus Bergamo Dutzende Särge von Covid-19-Toten fortgeschafft wurden, die Nation unter der Trikolore noch zusammenrücken lassen. Längst aber sind die Nationalfahnen von den Balkon- und Fensterbrüstungen verschwunden – und werden stattdessen jetzt als Zeichen des „Volkswiderstands“ bei Protesten gegen die als gleichermaßen inkompetent und übergriffig empfundene Obrigkeit geschwenkt. Immer mehr Italiener fragen sich, was die Regierung in der relativen Ruhe des Sommers eigentlich unternommen hat, ehe dann die angekündigte zweite Infektionswelle über das Land hereinbrach. Tag um Tag werden jetzt neue Rekordzahlen der Sars-CoV-2-Neuansteckungen gemeldet, inzwischen haben sie die Schwelle von 40.000 erreicht. Zunächst wurden für den Anstieg der Infektionen Reiserückkehrer aus dem Ausland verantwortlich gemacht. Derzeit wird mit dem Finger auf die vergnügungssüchtige Jugend gezeigt.

Während Italien den Umgang mit der regierungsamtlichen Gefahren-Farbtafel – von rot über orange bis gelb – mit jeweils unterschiedlichen Beschränkungen noch einübt, während die Leute in den „roten Zonen“ wie der Lombardei und im Piemont gegen den neuerlichen vollständigen Lockdown aufbegehren und jene in den „gelben Zonen“ wie Kampanien mit der Hauptstadt Neapel ihre Restfreiheit in vollen Zügen genießen, hat das neue Regierungsdekret zu einem heftigen Streit mit dem Enklaven-Staat San Marino geführt.

Die nach mythisch aufgeladener Überlieferung seit dem Jahre 301 unabhängige Zwergrepublik liegt im Hinterland der Adria-Metropole Rimini und grenzt an die italienischen Regionen Emilia-Romagna und Marken. Auf gut 61 Quadratkilometern Hügelland, über welchem der rund 750 Meter hohe Monte Titano mit der festungsartigen Hauptstadt San Marino thront, leben knapp 34.000 Menschen. Amtssprache von San Marino ist zwar Italienisch, aber als Italiener sehen sich die stolzen und freiheitsliebenden „Sammarinesi“ gewiss nicht. Ihre Nationalfarben sind Hellblau und Weiß, nicht Grün-Weiß-Rot. Das lateinische Wort „Libertas“ (Freiheit) ist das nationale Motto von San Marino, und der Begriff wohnt tief im Herzen der „Sammarinesi“.

Das kann man derzeit auf Schritt und Tritt erleben, wenn man in den pittoresken Gassen der Altstadt von San Marino, die seit 2008 Weltkulturerbe ist, mit Kleinunternehmern, Restaurantbetreibern und Einzelhändlern spricht. Auch sie bangen, wie ihre Leidensgenossen drüben in Italien, um ihr wirtschaftliches Überleben. Denn natürlich wurde auch San Marino von der Pandemie nicht verschont. Nach offiziellen Angaben starben in der Republik seit Februar 42 Menschen an oder mit einer Covid-19-Erkrankung. Am Wochenende waren in San Marino 239 Sars-CoV-2-Infizierte registriert, neun wurden in der staatlichen Klinik behandelt, drei von ihnen auf der Intensivstation. Im Frühjahr bei der ersten und jetzt bei der zweiten Infektionswelle hat auch die Regierung von San Marino Einschränkungen verfügt, um die Ansteckungen einzudämmen. Dadurch wurde und wird zumal der Fremdenverkehr schwer getroffen. Der machte, mit zuletzt gut zwei Millionen Besuchern jährlich, fast ein Viertel der Wirtschaftskraft der Republik aus. Seit Jahresbeginn sind die Einnahmen aus dem Tourismus in San Marino um 46 Prozent geschrumpft.

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