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#… in dem man wieder gesund ist

… in dem man wieder gesund ist

„Keiner der Augenblicke, die andere Menschen als den besten ihres Lebens beschreiben, scheint mir vergleichbar.“ Das hat Nick Hornby über den Moment geschrieben, in dem bei einem Fußballspiel das entscheidende Tor fällt. Vergangenen Sommer habe ich ihm noch zugestimmt, und für diese Kolumne Erinnerungen von Kollegen an solche Momente gesammelt. Jetzt ist mir aber ein Moment eingefallen, der zwar etwas banaler, aber doch deutlich besser ist: Der Moment, in dem man wieder gesund ist. 

Sebastian Eder

Im Idealfall geht es dabei nicht mal um eine schwere Krankheit. Bei Covid-19 zum Beispiel gibt es bislang für viele Patienten gar keinen Moment, in dem die Krankheit vorbei ist – zu heftig sind die Spätfolgen. Für einen schönen Moment am Ende der Krankheit reicht es aber auch völlig aus, erkältet zu sein. Gerade für Männer fühlt sich ja oft schon das lebensbedrohlich an. Und wenn man sich dann nach einer Woche im Bett zum ersten Mal wieder in die Freiheit kämpft, die frische Luft einatmet, sich die Bäume und die Vögel anschaut, fühlt sich das dementsprechend nach Wiedergeburt an. Selbst nach einem schweren Kater ist das manchmal so. Vielleicht ist das exzessive Trinken auch deswegen ein beliebtes Instrument in persönlichen Krisen: Nach einem grausamen Morgen, an dem man keine Wünsche hat, außer dass der Kater vorbeigeht, wird man am Nachmittag wiedergeboren.

Deutlich größer ist die Euphorie natürlich trotzdem bei schweren Erkrankungen. Als meine Großmutter mal mit über 80 Jahren nach einer Operation aus einer Vollnarkose erwachte, sagte sie begeistert: Mir wurde ein zweites Leben geschenkt. Leider war es nur sehr kurz. Aber der Moment, in dem man aus einer Vollnarkose erwacht, ist (wenn alles gut gegangen ist) immer ein kleines Wunder: Man lebt, man hat die Kontrolle zurück, und kann sich selbst davon überzeugen, was die Ärzte in der Zwischenzeit mit dem eigenen Körper angestellt haben – und muss sich nicht mehr mit Horrorszenarien darüber herumschlagen, was alles schiefgehen könnte.

Die Hoffnung, dass es wieder besser wird

Ich wurde im vergangenen Jahr zum ersten Mal in eine Vollnarkose geschickt, aus meinem Kiefer wurde eine Zyste entfernt. Als ich aufwachte, hing aus einem meiner Nasenlöcher ein Schlauch. Es war eine Magensonde, wie mir erst Stunden später erklärt wurde. Eine Woche lang musste ich mich durch diesen Schlauch ernähren, um die Wunde im Mund zu schonen. Nicht mal einen Tee durfte ich gegen die Halsschmerzen trinken, die eine Folge der Vollnarkose waren. Der Arzt sagte: „Sie sind in einer beschissenen Situation.“ Ein entzündeter Hals sei aber besser als eine entzündete Wunde. Und in ein paar Tagen hätte ich es geschafft. Und so war es auch: Als die Magensonde gezogen wurde, ging es meinem Hals schlagartig besser. Selten hat mir etwas besser geschmeckt, als die erste Suppe, die ich daraufhin im Krankenhausbett löffeln durfte.

Die Gewissheit, dass der Körper sich von einer Krankheit oder auch nur einer großen Anstrengung erholen wird, ist etwas Wunderbares – und bringt einen auch psychisch durch solch unangenehme Phasen. Was mir als in Krankenhauskriterien jungem und gesundem Menschen noch ein Rätsel ist: Wie erträgt man Krankheiten oder das Nachlassen der Kräfte ohne diese Gewissheit? Bislang hat es mich immer aufgebaut, mich mit schwereren Schicksalen zu beschäftigen: Wenn der Bergsteiger Jon Krakauer in einem Hörbuch berichtet, wie 1996 Dutzende Bergsteiger auf dem Mount Everest um ihr Leben kämpften, ist es im Krankenhausbett auf einmal ganz gemütlich.

Empfehlen kann ich in so einer Situation auch das Buch „Hamster im hinteren Stromgebiet“, in dem Joachim Meyerhoff einen Krankenhausaufenthalt nach einem Schlaganfall beschreibt. Der heute 53 Jahre alte Schriftsteller beobachtete in der Klinik einmal eine Gruppe älterer Patienten, die ihre Rollatoren abstellten und sich durch eine Art Trainingsparcours im Freien kämpften: „Seltsam, dachte ich, was trieb diese hochbetagten Menschen dazu, sich Schritt für Schritt und Stufe für Stufe durch diesen lächerlichen Kreis zu quälen? Letztendlich vermutlich nichts anderes als mich: die Hoffnung, dass es wieder besser wird.“

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