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#Deutschland muss auf Frankreich zugehen

Das Ende der europäischen Friedensordnung hat die Kooperation zwischen Deutschland und Frankreich auf die Probe gestellt. Es gab Irritationen wegen deutscher Rüstungskäufe und wegen der Energiepolitik. Jetzt wenden sich die Regierungen in Berlin und Paris einander neu zu. Den Anfang machte Außenminis­terin Annalena Baerbock diese Woche in der französischen Kabinettssitzung. Der Grünen gelang es im Élysée-Palast auf Anhieb, die Sympathien zu gewinnen. Sie plauderte bei einer Tasse Kaffee mit den Ministern, bis Präsident Emmanuel Macron eintraf und die Kabinettssitzung eröffnete. Auf dem Ehrenplatz an der Seite des Staatschefs leitete sie ihre Ausführungen in makellosem Französisch ein. Regierungsmitglieder waren beeindruckt.

Die Charmeoffensive Baerbocks ist wichtig. Denn die deutsch-französische Kooperation auf Regierungsebene gründete nie nur auf routinierten, vertraglich vereinbarten Austauschprozessen. Persönliche Verbindungen waren immer wichtig, um bei Konfliktthemen voranzukommen. Viel zu lange hat die Bundesregierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz unterschätzt, wie sehr sie sich um das Verhältnis zu Frankreich bemühen muss.

An einem Strang ziehen

Die Beziehung zum größten europäischen Nachbarn ist kein Selbstläufer. Obwohl viele Brücken über den Rhein führen, unterscheiden sich Deutschland und Frankreich zutiefst. Die Trennlinien müssen auch 60 Jahre nach Unterzeichnung des Élysée-Vertrages täglich überwunden werden. Am besten geht das über herzliche, wohlwollende Kontakte. Parteipolitische Nähe ist paradoxerweise selten ein Vorteil. Das zeigt sich gerade in der europäischen Debatte über den Stabilitätspakt. Obwohl die Parteifreunde von Finanzminister Christian Lindner von der FDP und Präsident Macron im EU-Parlament in einer Fraktion sitzen, gehen die Auffassungen zur Reform der Finanzregeln weit auseinander. Nationale Unterschiede wiegen stärker als die Bande durch eine Parteienfamilie.

Außenministerin Baerbock ist es gelungen, ein vertrauensvolles Verhältnis zu Außenministerin Catherine Colonna aufzubauen. Sie spricht von ihr als „Freundin“. Das erleichtert die Zusammenarbeit, wie beispielsweise die in enger Absprache erfolgte Rettungsaktion für EU-Bürger im Sudan zeigte. Bundeskanzler Scholz und Präsident Macron müssen erst beweisen, dass sie zugunsten Europas an einem Strang ziehen. Am 6. Juni, der in Frankreich als D-Day erinnert wird, kommt es in Potsdam zu einer ersten Begegnung außerhalb des Regierungsprotokolls. Sie soll helfen, einen einvernehmlicheren Pfad abzustecken. Bislang war das Verhältnis der beiden Staatsmänner von Rivalität geprägt. Auf die Sorbonne-Rede Macrons im September 2017 antwortete Scholz im August 2022 an der Prager Karls-Universität.

Das Verbindende in den Vordergrund stellen

Macrons Ruf nach stärkerer innerer Festigung der EU setzte Scholz ein Plädoyer für Erweiterung und größere Freihandelsräume entgegen. Macrons Streben nach strategischer Autonomie in der Verteidigung stellte Scholz die enge Verbindung zu den USA gegenüber. Die Gegensätze sind nicht unüberwindlich. Als voll integriertes NATO-Mitglied ist Frankreich ein wichtiger Verbündeter. Es kommt einer kleinen Revolution gleich, dass Macron aktiv daran mitgewirkt hat, der Ukraine und Moldau eine europäische Beitrittsperspektive zu eröffnen. Auch bei den Freihandelsabkommen weicht der Präsident von den traditionellen Vorbehalten ab.

Frankreich verändert sich unter Macron schnell. Er hat eine Reform nach der anderen in Angriff genommen. Die Proteste gegen die Anhebung des Renteneintrittsalters vermitteln das Bild eines blockierten Landes. Das lässt übersehen, wie sehr sich die wirtschaftliche Attraktivität Frankreichs erhöht hat. Frankreich ist im vierten Jahr in Folge der attraktivste Standort für Investoren in Europa. Die Arbeitslosenrate ist auf gut sieben Prozent gesunken, das Wachstum stärker als in Deutschland. Die Infrastruktur von den Hochgeschwindigkeitsverbindungen der Bahn bis zur digitalen Anbindung ist besser als in Deutschland. Viele Franzosen sehen ihr Land in einer Abwärtsspirale. Der hohe Schuldenstand, die gescheiterte Integration von Einwanderern und Defizite im Bildungs- und Gesundheitswesen geben berechtigten Anlass zur Sorge. Dennoch sollte man in Berlin vielmehr die Stärken des Nachbarn berücksichtigen.

Macron wird ein unbequemer Partner bleiben, der immer wieder daran erinnert, dass der Bundeskanzler sich nicht zu sehr auf den Freund in Washington verlassen sollte. Die Weichen für künftige Abhängigkeiten werden mit den Rüstungskäufen heute gestellt. Der Staatsbesuch Macrons Anfang Juli in Deutschland bietet die Gelegenheit, das Verbindende in den Vordergrund zu stellen. Europäischer als unter Macron wird Frankreich auf absehbare Zeit nicht.

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