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#40.000 Euro mehr für ein Einfamilienhaus

40.000 Euro mehr für ein Einfamilienhaus

Es sind nur acht Zeilen in einem Dokument mit 30 Seiten, aber sie haben das Zeug zum Aufreger: Auf allen Neubauten sollen nach den Plänen der Bundesregierung Solarmodule künftig Pflicht werden. Auch wer sein Dach umfassend saniert, soll eine Photovoltaikanlage installieren müssen. So steht es im Entwurf für das „Klimaschutz Sofortprogramm 2022“, der aktuell zwischen den Ministerien beraten wird. Er sieht auch vor, dass neue Häuser mehr Energie sparen müssen. Das sogenannte Effizienzhaus 55 würde demnach von 2023 an zum Neubaustandard für alle Gebäude erhoben. Zwei Jahre später soll dann der Standard 40 gelten. Ein Neubau dürfte dann nur noch 40 Prozent der Primärenergie eines Referenzhauses verbrauchen.

Bernd Freytag

Wirtschaftskorrespondent Rhein-Neckar-Saar mit Sitz in Mainz.

Corona ist nicht mehr das wichtigste Thema der Politik, stattdessen drängt der Klimaschutz wieder an die erste Stelle. Schon 2045 und nicht erst 2050 soll Deutschland klimaneutral werden, so hat es die große Koalition Mitte Mai vereinbart. Doch dieses Ziel lässt sich nicht einfach dadurch erreichen, indem man es in Gesetze schreibt. Die Menschen müssen ihr Verhalten ändern. Erreichen will die Politik das sowohl durch Ordnungsrecht – wie die jetzt diskutierte Solaranlagenpflicht – als auch durch die gezielte Verteuerung von fossilen Energieträgern wie Öl und Gas. Doch unter den Betroffenen stößt das auf Widerstand.

Auch wenn die Bundesregierung betont, die Details des Klimaschutz-Sofortprogramms seien keineswegs schon beschlossene Sache – der Entwurf reicht aus, um den Eigentümerverband Haus&Grund in Alarmstimmung zu versetzen. „Eine allgemeine Solarpflicht für alle Wohngebäude ist irrsinnig“, sagt Präsident Kai Warnecke. Ein Solardach sei nicht auf jedem Dach technisch sinnvoll. Auch vermisst der Verband Maßnahmen, damit Vermieter den produzierten Strom unbürokratisch an ihre Mieter verkaufen können. Die Anhebung des Neubaustandards stößt ebenfalls auf Kritik. „Sie wird das Bauen und damit die Wohnkosten unnötig stark verteuern.“

Und was passiert mit Dächern im Schatten?

Die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen, eine staatlich anerkannte Einrichtung zur Bauforschung, schätzt, dass gegenüber der Energieeinsparverordnung 2016 der Effizienzhaus-40-Standard die Baukosten je Quadratmeter Wohnfläche um rund 260 Euro erhöht. Gemessen daran, dass in Deutschland Haushalte mit drei oder mehr Personen im Durchschnitt 122 Quadratmeter bewohnen, würde sich ein Einfamilienhaus dieser Größe um 31.720 Euro verteuern. Die Kosten für eine Solaranlage für ein solches Haus beziffern die einschlägigen Portale im Internet auf mindestens 10.000 Euro. Macht in Summe mehr als 40.000 Euro Zusatzkosten, die auf Bauherren zukommen würden, sollte der Entwurf der Regierung Gesetz werden.

Noch offen ist, wie viel Geld sie durch staatliche Förderprogramme sparen können. Nach dem Effizienzhaus-55-Standard bekommen Bauwillige bislang einen Zuschuss von bis zu 48.000 Euro. Solaranlagen wiederum werden über eine Einspeisevergütung mit etwa 8 Cent je Kilowattstunde Strom subventioniert. Diese Einspeisevergütung ist allerdings in der absoluten Höhe gedeckelt. Würde die Installation von Solaranlagen zur Pflicht, müsste entweder die Subvention erhöht werden oder alle bekämen weniger. Eine zwischen 10.000 und 15.000 Euro teure Dachanlage amortisiert sich bislang nach etwa zehn Jahren. Die Nachfrage nach solchen Anlagen ist auch deshalb hoch. Der Bundesverband Solarwirtschaft spricht von zwei Millionen installierten Anlagen, im vergangen Jahr seien 184.000 dazugekommen. Sollte der Gesetzgeber eine Pflicht zur Installation vorschreiben, müsste er zudem eine Mindestgröße vorgeben und etwa die Frage klären, wie mit stark verschatteten Dächern umzugehen ist.

Das Bundeskabinett hat Mitte Mai neben dem verschärften Klimaschutzgesetz auch das Sofortprogramm zur Umsetzung der neuen Klimaziele angekündigt. 8 Milliarden Euro sollen insgesamt dafür zur Verfügung stehen. Für die Gebäudesanierung sollen 2022 rund 2,5 Milliarden Euro und 2023 weitere 2 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Ziel ist es, das Programm noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg zu bringen, sagte am Freitag ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Der Entwurf sieht auch ein zusätzliches Förderprogramm für elektrische Wärmepumpen vor. Sie sollen bis 2025 als „wichtigste, zukunftsfähige Wärmetechnologie“ besonders gefördert werden.

Die Idee, Solaranlagen zur Pflicht zu machen, ist nicht neu. Auf Landesebene hat der Berliner Senat eine solche im März dieses Jahres auf den Weg gebracht. Sie soll ab 2023 für alle Neubauten und grundlegenden Dachsanierungen gelten. Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr eine Solaranlagenpflicht für Nicht-Wohngebäude von 2022 an beschlossen.

Auch an anderer Stelle steigen wegen des Klimaschutzes die Kosten. Seit Anfang des Jahres verteuert der CO2-Preis das Heizen. Noch streiten CDU und SPD darüber, ob Mieter die höhere Nebenkostenabrechnung deswegen alleine tragen sollen oder der CO2-Preis hälftig aufgeteilt wird. Benzin und Diesel werden durch den CO2-Preis in den kommenden Jahren ebenfalls sukzessive teurer. Als Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock dies vor einigen Tagen in einem Interview vorrechnete, kritisierte dies allerdings auch die SPD, die diesen CO2-Preis zusammen mit CDU/CSU zuvor eingeführt hat.

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