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#Wie ein Interview mit Kultregisseur Klaus Lemke scheiterte

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Wie ein Interview mit Kultregisseur Klaus Lemke scheiterte

Als Journalist ist man ja immer auf der Suche nach guten Typen, die sich interviewen lassen und dann auch noch liefern. Die gibt’s gar nicht mal so häufig. Ein vager Anhaltspunkt ist das Alter: Je älter, desto entspannter sind die Leute oft, desto weniger Rücksichten müssen sie nehmen auf Karriere, Chefs, Zukunft. Künstler aller Art sind in der Regel auch ganz gut, zumindest besser als Politiker. Denn das Expressive, das Experimentelle, das Kühne, das ist ja ihr Geschäft.

Timo Frasch

Wir suchten also nach Leuten wie dem Regisseur Klaus Lemke, im Oktober 80 Jahre alt geworden, super Filme gedreht: Allein „Amore“, mit dem er Cleo Kretschmer und Wolfgang Fierek groß machte. Oder „Rocker“, in dem echte Rocker echte Rocker spielen – oder es vielleicht sogar sind. Oder: „Berlin für Helden“. Lemke würde sagen, wenn die Leute den gesehen haben, dann passen sie wieder ein bisschen besser zu sich selbst. Wäre komplett korrekt.

Lemke hat auch schon allerhand Interviews gegeben. Steile Interviews, heiße Thesen: „Der ganze Trick ist: wenn einem irgendwas mal durch den Kopf geht – einfach mitgehen.“ Oder: „Die einzige Antwort auf die geballte Irrationalität des Lebens ist, dem Leben noch etwas irrationaler daherzukommen.“ Oder: „Intellektuelle sind Leute, die am Rande der Tanzfläche stehen und so tun, als könnten sie jede bumsen.“ In Wahrheit könnten sie nicht tanzen – und das weitere schon gar nicht.

Lemke wirkt düsterer

Klaus Lemke wirkte, als wir ihn um ein Interview ersuchten, etwas düsterer, als man ihn sich denken würde. Vielleicht wegen Corona, wer weiß. Aber er sagte zu. In seiner Wohnung, die in Schwabing sein muss, hat er keinen Laptop, keinen Internetanschluss. Schon deswegen verbot sich ein Gespräch über Skype oder Zoom oder über sonst was. Aber auch, weil man einen wie Lemke nicht nur sehen, sondern schmecken, riechen, erleben muss.

Er kam mit dem Taxi ins Münchner Westend gefahren, angeblich war der Fahrer ein Italiener, was bei Lemke, der irgendwie ein Faible für Italien hat (Amore!), eigentlich keine schlechte Voraussetzung ist. Zur vereinbarten Zeit stand er im Büro der F.A.Z. – und das erste, was wir dachten: Wie gut der riecht und wie hammermäßig der aussieht. Mit 80!

Selten ohne Hut: Klaus Lemke im September 2020 beim Filmfest Hamburg


Selten ohne Hut: Klaus Lemke im September 2020 beim Filmfest Hamburg
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Bild: dpa

Wir hatten uns, wie immer bei Interviews, von denen wir uns viel erhofften, gut vorbereitet: einige seiner Filme angeschaut, Porträts gelesen, gut 50 Fragen aufgeschrieben. Zum Beispiel (man war sofort beim Du): „Du hast angeblich mit Andreas Baader in einem Haus gelebt. Hatte der schauspielerisches Potential?“ Oder: „Wie war es, bei Heidegger zu studieren?“

Doch zu unseren Fragen kamen wir erst einmal gar nicht. Lemke nämlich hatte einen Zettel mitgebracht, auf dem er allerlei notiert hatte, was er, unabhängig von unseren Fragen, unbedingt im Interview unterbringen wollte. Das sollten wir uns erst einmal anhören. Wenn nötig, könnten wir dann immer noch mit unseren Fragen um die Ecke kommen.

Der Film filmt

Dieser Ansatz ist zumindest ungewöhnlich. Bei einem wie Lemke aber verblüffte er umso mehr. Er ist nämlich berühmt dafür, ohne Drehbuch zu filmen, die Dialoge und Szenen einfach passieren zu lassen. Er würde dazu vielleicht sagen: Der Film filmt. Gerade daraus beziehen seine Werke ihre anarchische Kraft. Sollte das nicht auch für unser Interview gelten?

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