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#Corona-Impfung: Auch für Kinder zu empfehlen? [Gesundheits-Check]

Corona-Impfung: Auch für Kinder zu empfehlen? [Gesundheits-Check]
Eines der Themen, die derzeit intensiv diskutiert werden, ist die Ausweitung der Corona-Impfungen auf Kinder. Bisher ist in Deutschland eine Impfung für Jugendliche ab 16 Jahren mit dem BioNTech-Impfstoff möglich. Die Zulassung für 12-15-Jährige ist bei der EMA beantragt, in den USA ist eine Notfallzulassung beantragt, in Kanada ist die Zulassung schon durch. Auch Moderna will demnächst die Zulassung ab 12 Jahren. Für kleinere Kinder laufen bereits Dosisfindungsstudien.

Von einer Zulassung des BioNTech-Impfstoffs für die 12-15-Jährigen durch die EMA ist auszugehen. In Kürze wird die STIKO also darüber zu entscheiden haben, ob sie die Impfung auch für diese Altersgruppe empfiehlt, und in Bälde wird es sicher auch um Impfungen für kleinere Kinder gehen.

Bei der Frage, soll man oder soll man nicht, ist das Verhältnis von Nutzen und Risiken für die Geimpften das wichtigste Kriterium. Bekanntlich haben Kinder in der Regel keine schweren Verläufe. Unter den insgesamt mehr als 80.000 Sterbefällen mit und an Corona seit Beginn der Pandemie gab es bisher lediglich 17 Fälle unter 20 Jahren, so der RKI-Situationsbericht vom 4.5.2021:

Und auf den Intensivstationen liegen derzeit keine oder nur vereinzelt Kinder, wie die neuerdings verfügbare Auswertung der DIVI-Fälle nach Alter zeigt:

Auf der anderen Seite haben wir bei den Masern sogar eine Impfpflicht eingeführt, obwohl die Zahl der Sterbefälle, bezogen auf ein Jahr, weitaus niedriger ist. Ganz harmlos ist Corona für Kinder jedenfalls nicht. Ein Beispiel ist das „Multisystemische Entzündungssyndrom“ (MIS-C). Es ist sehr selten. Dem stehen möglicherweise ebenso so seltene schwere Nebenwirkungen einer Impfung gegenüber. Wie gesagt, das wird die STIKO sorgsam abzuwägen haben.

Neben der Frage nach dem individuellen Nutzen-Risiko-Verhältnis in medizinischer Hinsicht gibt es aber auch weitere Gesichtspunkte. Einer ist der soziale Nutzen, den geimpfte Kinder haben. Sie können dann wieder unbeschwerter Kontakte mit anderen Kindern haben und sich irgendwann auch wieder darüber freuen, wenn die Schule ausfällt. Jetzt würden die meisten ja gerne hingehen.

In der öffentlichen Diskussion wird des Weiteren immer wieder der Aspekt der Herdenimmunität angesprochen, also eine Immunitätsrate, die die weitere epidemische Ausbreitung des Virus verhindert. Ohne geimpfte Kinder wird es keine Herdenimmunität geben. Mit der inzwischen dominanten Virus-Mutante B.1.1.7 liegt die Herdenimmunitätsschwelle bei ca. 80 %. Der Bevölkerungsanteil über 16 Jahre liegt bei gerade mal 85%.

Sollen die Kinder also geimpft werden, damit Herdenimmunität erreicht werden kann? Die Vorsitzende des Ethikrats hat kürzlich erneut darauf hingewiesen, dass mit Fremdnützigkeit allein die Impfung der Kinder nicht gut zu begründen ist. Zu Recht. Gesetzt den Fall, die STIKO käme zu dem Ergebnis, dass die Kinder von der Impfung medizinisch nicht in einem Maße profitieren, das die Risiken aufwiegt, sollte die Fremdnützigkeit der Impfung kein relevantes Gewicht auf der Waage sein. Der richtige Zeitpunkt für solche Überlegungen wäre übrigens jetzt auch nicht. Schließlich sind die Erwachsenen noch längst nicht durchgeimpft, nicht einmal die Hochrisikogruppen.

Allerdings haben die Kinder durch die Herdenimmunität einen indirekten Nutzen. Wenn für alle Menschen wieder mehr Normalität einkehrt, wird auch das Leben der Kinder leichter, werden auch die Kinder psychisch weniger belastet sein. Sie leiden ja sprichwörtlich mit. Das Ziel der Herdenimmunität ist so gesehen nicht nur fremdnützig. Vielleicht sollte man den Begriff einmal ersetzen, z.B. durch „Gemeinschaftsimmunität“, das würde deutlicher machen, dass davon alle etwas haben.

So oder so: Die Diskussion ist unter Einbeziehung aller Aspekte zu führen, der medizinischen, der sozialen und der ethischen. So einfach wie bei der Impfung der älteren Menschen ist es jedenfalls nicht. Und so einfach wie die EMA, die dem Impfstoff von AstraZeneca mehr Nutzen als Risiken für alle Altersgruppen bescheinigt, obwohl ihre eigenen Daten für die Unter-30-Jährigen dagegensprechen, sollte man es sich schon gar nicht machen.

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