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#Aus der Kirche austreten?

Aus der Kirche austreten?

Damit hätte der Papst rechnen müssen: Schon kurz nachdem Franziskus am vergangenen Wochenende seine Enzyklika „Fratelli tutti“ („Über die Geschwisterlichkeit“) veröffentlicht hatte, fiel ihm ein zentraler Satz seines Lehrschreibens auf die Füße: Die Corona-Pandemie habe bewiesen, dass die „magische Theorie“ des Markt-Kapitalismus gescheitert sei, verkündet der fromme Mann aus Argentinien. Müsste der geistliche Führer einer großen Religionsgemeinschaft nicht etwas vorsichtiger damit umgehen, magische Theorien madig zu machen? Zumindest könnten Agnostiker, Atheisten und andere Böswillige den christlichen Glauben an einen Sohn Gottes, der von einer Jungfrau geboren wird, vom Tode aufersteht und anschließend wieder in den Himmel auffährt, ebenfalls für nicht ganz frei von magischen Elementen halten.

Rainer Hank

Rainer Hank

Freier Autor in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Für Humor ist freilich in der Enzyklika dieses Papstes kein Platz. Weshalb es hier jetzt ernst weitergehen soll. Im Angesicht der Pandemie habe die Marktfreiheit versagt, behauptet der Papst. Es gebe hohe Arbeitslosigkeit, der Staat müsse wieder ran. Das Argument ist krumm: Hat irgendjemand im Ernst behauptet, der Markt sei in der Lage, eine Pandemie abzuwehren? Dazu braucht es, wie wir jetzt wissen, Hygieneregeln und eine staatliche Verwaltung, die diese durchsetzt. Es braucht allerdings auch gute Ärzte, Krankenhäuser und hoffentlich bald Impfstoffe, Früchte unseres Wohlstands und unserer Marktwirtschaft. Gesundheit fällt nicht vom Himmel. Länder ohne Kapitalismus sind bisher schlechter durch die Krise gekommen.

Skepsis gegenüber dem Markt

Doch die aggressive Wucht, mit welcher der Papst gegen die Marktwirtschaft anrennt, geht weit über die aktuelle Gegenwart der Pandemie hinaus. Einschlägig ist das fünfte Kapitel der Enzyklika unter der Überschrift „Populismus und Liberalismus“. Man muss zweimal hinschauen. Der Papst beschuldigt Populismus und Liberalismus gleichermaßen, „die Schwachen zu verachten“. Das ist immerhin originell. Üblicherweise werden Populismus und Liberalismus einander entgegengesetzt: Das Volk rebelliert gegen die kosmopolitisch-liberalen Eliten. Für den Papst ist alles eins. Populisten und Liberale sind Demagogen, die egoistisch die Menschen für ihre Zwecke instrumentalisieren.

Fast scheint es sogar, als habe der Papst für den Populismus am Ende noch mehr Sympathien als für den Kapitalismus: Mit Respekt spricht er von „volksnahen Anführern“, die es verstünden, „das Volksempfinden“ zu interpretieren und im Sinne des Gemeinwohls zu bündeln. Das Kollektiv („Volk“) ist diesem Papst allemal näher als das Individuum, die Freiheit eines Christenmenschen ist ihm keine Kategorie. Die auf Freiheit setzende Marktwirtschaft gilt ihm als Teufelswerk: durchseucht von Egoismus, Antrieb zu ruinösem Wettbewerb und asozialem Lob des Privateigentums. Früher hätten wir so etwas „Vulgärmarxismus“ genannt.

„Diese Wirtschaft tötet“

Es gibt in der katholischen Kirche seit dem 19. Jahrhundert eine Tradition der sogenannten Soziallehre. Ihr Anliegen war es, die negativen Begleiterscheinungen der Industrialisierung (Ungleichheit, Armut) und die Risiken einer Marktgesellschaft (Einkommensverluste durch Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit) zu lindern. Die katholische Soziallehre fällt mit der Herausbildung des Sozialstaats in Europa zusammen. Skepsis gegenüber dem Markt ist ein durchgängiger Zug dieser Lehre, doch zugleich behielt man stets die wohlstandsfördernden Effekte der Wirtschaft im Blick.

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