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#Amerika soll erschaudern

Amerika soll erschaudern

Auf Satellitenbildern sind sie deutlich zu erkennen: fast 120 im Bau befindliche Raketensilos in einem Wüstengebiet der chinesischen Provinz Gansu. Nach Einschätzung amerikanischer Rüstungsexperten deuten die unterirdischen Bauten darauf hin, dass China sein Atomwaffenarsenal schneller ausweitet als bislang erwartet.

Friederike Böge

Politische Korrespondentin für China, Nordkorea und die Mongolei.

Majid Sattar

Politischer Korrespondent für Nordamerika mit Sitz in Washington.

Es handle sich um eine „alarmierende Entwicklung“, schreibt Jeffrey Lewis vom kalifornischen James Martin Center for Nonproliferation Studies in der Zeitschrift Foreign Policy. Er geht davon aus, dass die Startvorrichtungen für Chinas modernste Interkontinentalrakete, die DF-41, gedacht seien. Sie kann mit mehreren Atomsprengköpfen bestückt werden und das amerikanische Festland erreichen.

Lewis hebt hervor, dass der Bau von 120 Silos nicht bedeute, dass darin auch 120 Raketen stationiert würden. Denkbar sei, dass manche von ihnen der Täuschung dienen, um es dem Feind zu erschweren, Chinas Atomwaffen auszuschalten. Eine solche Strategie hat Peking schon in der Vergangenheit verfolgt und sich dies von Amerika abgeschaut. Die Zahl der neuen Bauten erscheint dennoch hoch, wenn man bedenkt, dass das Pentagon Chinas landgestützte atomare Interkontinentalraketen im vergangenen Jahr lediglich auf 100 beziffert hatte und mit einer Verdoppelung innerhalb von fünf Jahren rechnete.

Gibt China die Strategie der minimalen Abschreckung auf? 

Ned Price, der Sprecher des amerikanischen Außenministeriums, äußerte sich besorgt: Peking weiche offenbar von seiner jahrzehntelangen Nuklearstrategie ab, die auf einer minimalen Abschreckung beruht habe. Der Bericht und andere Entwicklungen legten nahe, dass das Atomwaffenarsenal Chinas schneller wachse als bisher angenommen. „Diese Aufrüstung ist besorgniserregend. Sie wirft Fragen über die Absichten der Volksrepublik China auf“, sagte Price am Donnerstag in Washington.

Die amerikanische Regierung ermuntere Peking, über Maßnahmen zu verhandeln, „um die Risiken eines Wettrüstens zu verringern“, welches potentiell destabilisierende Wirkung haben könne. Weiter sagte der Sprecher des State Department, diese Gefahr sei der Grund, warum Präsident Joe Biden strategische Stabilität in den Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Priorität erklärt habe. Für den Umgang mit der Atommacht China gelte das gleiche Prinzip.

Im Vergleich mit den Vereinigten Staaten und Russland verfügt China über ein deutlich kleineres Atomwaffenarsenal. Das Stockholm International Peace Research Institute geht von 350 Atomsprengköpfen in Chinas Besitz aus. Russland verfüge über 6255 und die USA über 5550, heißt es im aktuellen Jahrbuch des Instituts. Mit dem Verweis auf diese Zahlen verweigert Peking die Beteiligung an Rüstungskontrollverhandlungen.

Die Gefahr von Fehlkalkulationen und Missverständnissen nimmt zu 

In China gibt es in jedem Fall Stimmen, die auf eine atomare Aufrüstung dringen. Ende Mai forderte die Parteizeitung Global Times: Die Zahl der chinesischen Atomsprengköpfe müsse „eine Quantität erreichen, die die amerikanischen Eliten erschaudern lässt“. Die nationalistische Zeitung wird von Peking bisweilen als informeller Kanal für Drohungen nach außen genutzt. Häufig gibt sie den Falken innerhalb der Streitkräfte eine Bühne.

Aufrüstungsbefürworter verweisen darauf, dass Chinas Abschreckungskapazitäten durch das teilweise in Südkorea stationierte amerikanische Raketenabwehrsystem Thaad geschwächt seien. Alarmiert zeigt man sich in Peking auch über amerikanische Pläne, neue Mittelstreckenraketen in der Region zu stationieren. Der Rüstungsforscher Jeffrey Lewis sagte der Zeitung Washington Post, die Vervielfachung der verfügbaren Raketensilos deute darauf hin, dass China die Glaubwürdigkeit seiner atomaren Abschreckung stärken wolle.

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Peking bekennt sich seit Langem dazu, in einem Konflikt Atomwaffen nicht als Erster einzusetzen. Die Modernisierung und Ausweitung des Arsenals dient demnach dazu, Vergeltungskapazitäten zu schaffen, die Angriffe des Gegners überstehen würden. Fachleute verweisen darauf, dass Chinas neuere Raketenmodelle sowohl mit atomaren wie auch mit konventionellen Sprengköpfen bestückt werden könne. Das erhöhe die Gefahr von Fehlkalkulationen und Missverständnissen.

Price sagte zudem, das State Department habe die Ausführungen von Präsident Xi Jinping bei den Feierlichkeiten zum hundertjährigen Bestehen der Kommunistischen Partei Chinas zur Kenntnis genommen. Der Sprecher von Außenminister Antony Blinken wollte sie aber nicht weiter kommentieren. Xi hatte gesagt, das chinesische Volk werde „keiner ausländischen  Macht jemals erlauben, uns zu drangsalieren, zu unterdrücken oder zu versklaven“. Der Staats- und Parteichef fügte hinzu: „Jeder, der das versucht, wird verwundet und blutig vor der großen eisernen Mauer stehen, die aus dem Fleisch und Blut von 1,4 Milliarden Chinesen gebaut ist.“ 

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