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#Evangelische Theologen gegen assistierten Suizid

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Evangelische Theologen gegen assistierten Suizid

„Elisabeth fehlt mir. Sie fehlt mir, wenn ich aufwache, und sie fehlt mir, wenn ich einschlafe, sie fehlt bei allem, was ich tue, und bei allem, was ich sehe. Sie ist weg, und ich bin noch da. Das ist nicht richtig.“ Mit diesen Worten beschreibt Richard Gärtner, 78 Jahre alt, in Ferdinand von Schirachs Theaterstück „Gott“ den Grund für seine Entscheidung, seinem Leben ein Ende zu machen.

Sein Fall ist alles andere als charakteristisch für Situationen, in denen Menschen sich zum Suizid durchringen oder Suizidassistenz suchen. Ihn quält Einsamkeit. Meist prägen körperliche Gebrechen, psychisches Leid und Ausweglosigkeit solche Situationen. Aber dieses Beispiel zeigt anschaulich, dass Selbstbestimmung in einer solchen Lage aufs engste mit Sozialität verbunden ist.

Ein Gericht mag von diesem Zusammenhang absehen und allein die Selbstbestimmung zum Maßstab seines Urteils machen. Die Politik kann davon nicht absehen. Sie hat es mit dem Zusammenleben in einem Gemeinwesen zu tun. Sie muss sich mit der Frage beschäftigen, wie Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen als Personen gleicher Würde miteinander leben können. Sie muss Selbstbestimmung und Sozialität zueinander ins Verhältnis setzen.

Wolfgang Huber und Peter Dabrock nehmen mit ihrem Gastbeitrag Bezug auf das Plädoyer von Reiner Anselm, Isolde Karle und Ulrich Lilie für assistierten professionellen Suizid in der F.A.Z. Wie die drei evangelischen Theologen ihren Vorstoß begründen, lesen Sie hier.

Diese Aufgabe ist durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 nicht leichter geworden; aber sie ist nicht außer Kraft gesetzt. Es geht darum, dass der Suizid nicht eine Normalform des Sterbens wird.

Wolfgang Huber ist Honorarprofessor für Systematische Theologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, war von 1994 bis 2009 Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und von 2003 bis 2009 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).


Wolfgang Huber ist Honorarprofessor für Systematische Theologie an der Humboldt-Universität zu Berlin, war von 1994 bis 2009 Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und von 2003 bis 2009 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
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Bild: Juergen Blume

Peter Dabrock lehrt Systematische Theologie (Ethik) an der Universität Erlangen-Nürnberg und war von 2016 bis 2020 Vorsitzender des Deutschen Ethikrats.


Peter Dabrock lehrt Systematische Theologie (Ethik) an der Universität Erlangen-Nürnberg und war von 2016 bis 2020 Vorsitzender des Deutschen Ethikrats.
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Bild: dpa

Die Kirchen sollten den Zusammenhang von Selbstbestimmung und sozialer Lage erst recht im Blick haben. Das Gebot „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ weist die Richtung. Es ist als Antwort auf den Wunsch nach assistiertem Suizid genauso wichtig wie als Orientierung in der gegenwärtigen Pandemie. In beiden Fällen gilt der Vorrang des Lebens vor dem Tod. In dem einen Fall geht es darum, dass die Selbstbestimmung des Einzelnen nicht nur an der Verantwortung für das eigene Leben, sondern auch in der Fürsorge für das Leben anderer ihre Grenze hat. Im andern Fall geht es darum, Menschen, die ihr eigenes Leben nicht mehr ertragen können, dabei zu helfen, dass ihr Leben wieder erträglich wird.

Niemand gibt sich selbst das Leben

In einer Debatte über das Recht jedes Menschen, aus Selbstbestimmung dem eigenen Leben ein Ende zu machen, ist daran zu erinnern, dass kein Mensch sich selbst das Leben gibt. Jeder Mensch findet sich schon im Leben vor, bevor er beginnen kann, über dieses Leben nachzudenken. Auch die Freiheit erfährt er, bevor er sie als Autonomie verantworten kann. Die Erfahrung, dass Leben wie Freiheit verdankt sind, verbindet sich für viele Menschen mit dem Glauben an Gott. In der klassischen Formulierung Martin Luthers: „Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen, mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält.“

Dass Menschen ihr Leben empfangen und dafür danken können, ist ebenso bedeutungsvoll wie die Erfahrung, dass sie dieses Leben mit anderen Menschen teilen und so weitergeben, was ihnen anvertraut ist. Beides schränkt die Bedeutung von Selbstbestimmung nicht ein, bildet aber ihren unhintergehbaren Horizont. Der Theologe Trutz Rendtorff hat diesen Zusammenhang knapp und pointiert so zusammengefasst, dass er zwischen dem Gegebensein des Lebens, dem Geben des Lebens und der Reflexivität des Lebens unterschieden hat.

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