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#Angriff der Hamas auf Israel: Traumatisches Erwachen

Israelis als Geiseln in den Händen der Hamas? Viele dachten, es könnte nicht mehr schlimmer kommen als im Gaza-Krieg 2014. Der neue Angriff trifft Israel unvorbereitet.

Der alte Nahost-Konflikt schien zuletzt der Vergangenheit anzugehören, sogar ein Frieden mit Saudi-Arabien war in greifbare Nähe gerückt. Doch als Israel zum Ende des Laubhüttenfests am Samstagmorgen aufwachte, waren auf einmal die alten Traumata zurück.

Hans-Christian Rößler

Politischer Korrespondent für die Iberische Halbinsel und den Maghreb mit Sitz in Madrid.

Das Schlimmste davon: Hamas und Islamischer Dschihad teilten mit, sie hätten Soldaten in ihrer Gewalt, auch zahlreiche israelische Zivilisten wurden offenbar verschleppt, während mehrere Terrorkommandos aus Gaza weiter im Süden Israels wüteten. Am Samstagnachmittag meldete der Rettungsdienst Magen David Adom mindestens 40 Tote.

Israel verspricht allen seinen Bürgern, sie zurückzuholen – lebend oder tot und wenn es sein muss aus der ganzen Welt. Das gilt besonders für die Soldaten, die ihr Land verteidigen. Dieses Versprechen, das das starke Israel verletzbar macht, versuchen seine Feinde seit Jahrzehnten auszunutzen; palästinensische Terroristen genauso wie die libanesische Hizbullah-Miliz. In Entebbe befreite 1976 eine israelische Eliteeinheit 106 Geiseln. 2008 war Israel zu einem Gefangenenaustausch mit der Hizbullah bereit. Diese übergab die Leichen von zwei 2006 entführten israelischen Soldaten. Israel ließ dafür libanesische und palästinensische Gefangene frei und übergab die Leichen von 199 Libanesen und Palästinensern.

Mehr als 1000 palästinensische Häftlinge für einen Israeli

Doch in die Erinnerung vieler Israelis hat sich das eingefallene Gesicht des jungen Gefreiten Gilad Schalit eingegraben, als er vorsichtig seine ersten Schritte in die wiedergewonnene Freiheit ging. 1940 Tage lang war er Gefangener der Hamas in Gaza, bis er im Oktober 2011 nach Israel zurückkehrte. Die Regierung musste im Gegenzug fast 1100 palästinensische Häftlinge aus israelischer Haft freilassen. Nur für ein Lebenszeichen hatte Israel 2009 19 inhaftierte Palästinenserinnen auf freien Fuß gesetzt.

Der Soldat, den seine Entführer 2006 durch einen Tunnel unweit von Rafah aus seinem Panzer nach Gaza verschleppt hatten, wurde in Israel zu einem Nationalhelden, dessen Schicksal das ganze Land beschäftigte. Am Anfang waren die meisten Menschen erleichtert, als Schalit zu seiner Familie zurückkehrte. Nachdem sich jedoch Hamas-Mitglieder, die 2011 freigelassen wurden, wieder Anschläge verübten, wuchs die Kritik.

Am Samstag: Palästinenser entführen einen israelischen Zivilisten in den Gazastreifen.


Am Samstag: Palästinenser entführen einen israelischen Zivilisten in den Gazastreifen.
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Bild: AP

Und die Hamas gab keine Ruhe. Fast sechs Wochen dauerte im Sommer 2014 der bisher längste und verlustreichste Krieg. Nach UN-Angaben wurden damals 1475 Zivilisten getötet, unter ihnen 505 Kinder und Jugendliche. Die israelische Regierung spricht dagegen von bis zu tausend getöteten Kämpfern. In Israel kamen 71 Menschen ums Leben, unter ihnen waren 66 Soldaten und ein vier Jahre alter Junge. In Gaza wurden zudem Zehntausende obdachlos.

Für Israel, das stolz darauf ist, die stärksten Streitkräfte in der Region zu besitzen, war es eine ernüchternde Erfahrung. Im drittlängsten Krieg der Geschichte des Landes gelang es nicht, eine Islamistengruppe zu besiegen, deren Kern aus 3000 Kämpfern bestand.

Die Raketenabwehr hielt die israelischen Verluste nun in Grenzen. Aber selbst 80.000 Soldaten verhinderten nicht, dass die Hamas und ihre Verbündeten fast 5000 Raketen auf Israel abfeuerten – laut Hamas waren es alleine am Samstagmorgen so viele, laut israelischen Presseberichten waren es mindestens 2500. Auch Jerusalem nahmen die Angreifer jetzt – wie 2014 – in ihr Visier.

Am Ende hinterließ der Krieg 2014 nur riesige Trümmerberge und politisch nur Verlierer: Die Waffenruhe, auf die sich die Hamas und Israel am Ende einigten, hatte Ägypten schon einer Woche nach Kriegsausbruch vorgeschlagen. Aber die palästinensischen Islamisten wollten weiterkämpfen.

Aus den Fehlern der israelischen „Operation Protective Edge“ 2014 wollte Israel lernen und vor allem verhindern, dass die Hamas und ihre Verbündeten jemals wieder so stark werden. Rund um den seit 2006 von der Hamas kontrollierten Landstreifen am Mittelmeer erhebt sich nicht nur ein hoher Zaun. Die Armee grub tief und versuchte durch unterirdische Absperrungen zu verhindern, dass Terrorkommandos durch Tunnel nach Israel kamen. Vor allem vertraute Israel auf seine Raketenabwehr, deren Weiterentwicklung gerade auch Deutschland kaufte.

Wenn es jedoch in jüngster Zeit um die Palästinenser ging, war die Aufmerksamkeit auf das Westjordanland gerichtet. Gaza schien vergessen und aufgegeben zu sein. Benjamin Netanjahu, der gerne als „Mister Security“ auftritt, und seine rechtsreligiöse Regierung stehen unangenehme Fragen bevor, wie sie die Gefahren aus dem Süden so sehr unterschätzen konnten.

Die Zeitung „Haaretz“ schrieb in einer ersten Analyse: „Der Sieg der Hamas ist ein israelisches Versagen von massiven Ausmaß.“ Der Angriff habe die israelischen Geheimdienste völlig überrascht und die operative Verteidigungsdoktrin an der Grenze zum Gazastreifen zerschmettert.

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