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#Ashwagandha wissenschaftlich betrachtet: So wirkt die Heilpflanze aus der Ayurveda-Medizin

Ashwagandha, auch unter dem Namen indischer Ginseng bekannt, ist eine Heil- und Vitalpflanze, die im Ayurveda, der traditionellen indischen Medizinlehre, verwendet wird. Viele positive und gesundheitsfördernde Eigenschaften werden der Schlafbeere zugesprochen, insbesondere im Hinblick auf ihre beruhigungsfördernden Inhaltsstoffe. Heute kommen die verschiedenen Bestandteile von Ashwagandha weltweit im Bereich der Komplementär- und Alternativmedizin zum Einsatz. Ein wissenschaftlicher Blick auf die Pflanze beleuchtet ihre botanischen Spezifikationen, die Inhaltsstoffe einzelner Pflanzenteile und die Möglichkeiten der Nutzung im Bereich der traditionellen indischen Medizin.

Ashwagandha als wichtige Heilpflanze im Ayurveda

Ayurveda, das „Wissen vom Leben“, ist eng verknüpft mit der breit gefächerten Lehre von Vitalstoffen, ihrer Wirkung auf den Körper und die körperlichen Prozesse, die durch verschiedene Vitalstoffe angeregt werden können. Als Naturheilverfahren basiert Ayurveda auf dem tiefgreifenden Wissen über Pflanzen, ihre Bestandteile und Inhaltsstoffe und die Möglichkeiten der gesundheitsfördernden und gesundheitserhaltenden Nutzung.

Eine Pflanze, die im Ayurveda aufgrund ihrer vielfältigen Wirkungsbereiche eine promiente Rolle einnimmt, ist Ashwagandha. Das Gewächs, das den botanischen Namen Withania somnifera, ist eine Pflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse. In der deutschen Botanik und im Bereich der Naturmedizin ist Ashwagandha nicht nur als indischer Ginseng, sondern auch als Schlafbeere oder Winterkirsche bekannt.

Der Namensbestandteil „Withania“ steht für die Pflanzengattung. Alle Pflanzen dieser Gattung zählen zu den Nachtschattengewächsen. Je nachdem, wie eng oder weit der Gattungsbegriff definiert wird, zählen zwischen etwa 10 und 20 verschiedene Pflanzen zu den Withania. Der lateinische Beiname „somnifera“ kann mit „schlafbringend“ übersetzt werden. Daraus leitet sich auch der eher umgangssprachlich verwendete Beiname des Ashwagandha, die Schlafbeere, ab. Der in der traditionellen indischen Medizin verwendete Name Ashwagandha stammt aus dem Sanskrit und kann als „Geruch des Pferdes“ übersetzt werden. Die Bezeichnung ist darauf zurückzuführen, dass die im Ayurveda verwendeten Wurzeln der Pflanze in ihrem Geruch stark an den von Pferden erinnern.

Ashwagandha wächst als immergrüner Strauch an warmen Standorten. Die ursprüngliche Heimat der Pflanze liegt deshalb in Indien, Nordafrika und dem Nahen Osten. Heute ist der indische Ginseng weiter verbreitet und kann auch in tropischen und subtropischen Gebieten wie zum Beispiel in Afrika, Spanien, Griechenland, auf den Kanaren und der arabischen Halbinsel gefunden werden.

Auf den ersten Blick lässt sich Ashwagandha leicht mit der Physalis verwechseln. Die Physalis peruviana ist ebenfalls eine Pflanze aus der Gattung der Nachtschattengewächse. Genau wie bei der Physalis, sind bei Ashwagandha die fruchtigen Beeren von den getrockneten Blütenblättern umhüllt, die beinahe wie Papier aussehen und sich auch so anfühlen. Während die reifen Beeren der Physalis aber angenehm süß schmecken und deshalb gerne verzehrt werden, sind die Fürchte von Ashwagandha nicht genießbar.

Pflanzenbestandteile und ihre Verwendung

Auch wenn der in der deutschen Botanik umgangssprachlich verwendete Beiname Schlafbeere den Fokus auf die Früchte des Ashwagandha legt, sind die Beeren, die die Pflanze hervorbringt, von geringer Bedeutung in der ayurvedischen Medizin. Sie schmecken sehr bitter und machen so darauf aufmerksam, dass ihr Genuss in größeren Mengen für den Menschen giftig ist. Grund dafür sind die in den Beeren enthaltenen Alkaloide.

Verwendet werden dagegen vor allem die Wurzeln und die Blätter. Beide Pflanzenteile enthalten neben Alkaloiden, Tanninen, Saponin und Flavonoiden vor allem Withanolide. Diese gehören zur Stoffgruppe der Lactone. In der Pflanzengattung der Withania wurden bisher mehr als 40 verschiedene Withanolide identifiziert. Die sekundären Pflanzenstoffe gelten aufgrund ihrer biochemischen Struktur als entzündungshemmend, bakteriostatisch, tumorhemmend und in begrenztem Umfang insektizid.

Der Einsatz von Ashwagandha in der ayurvedischen Medizin

In der ayurvedischen Medizin wird Ashwagandha aufgrund der enthaltenen Wirkstoffe in vielfältigen Bereichen eingesetzt. Im Vordergrund stehen dabei gesundheitliche Problematiken wie Schlaflosigkeit, Angstzustände und Stress. Ist das Stresshormon Cortisol langfristig oder immer wieder stark erhöht, kann dies zu chronischem Stress führen, der sich negativ auf die körperliche und geistige Gesundheit auswirken kann. Häufige gesundheitliche Folgen, die auf einen dauerhaft erhöhten Cortisolspiegel zurückgeführt werden können, sind Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Reizdarmsymptome, depressive Verstimmungen, schwerwiegende Angststörungen oder eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit. Patientinnen und Patienten, die bereits unter Diabetes leiden, klagen im Zusammenhang mit Stress häufig über verstärkte Symptome und einen schwerer zu regulierenden Blutzuckerspiegel. Chronischer Stress kann darüber hinaus die Entstehung eines Diabetes begünstigen.

Ashwagandha als adaptogener Pflanzenwirkstoff wird in der ayurvedischen Medizin häufig zur Stressreduktion eingesetzt. Eine Studie aus dem Jahr 2012 legt nahe, dass die regelmäßige Einnahme einen erhöhten Cortisolspiegel senken und damit chronischen Stress reduzieren und entsprechenden Langzeitfolgen vorbeugen konnte. Begleiterscheinungen wie Stressempfinden, Konzentrations- und Schlafstörungen oder Angstzustände konnten der Studie zufolge ebenfalls reduziert werden.

Im Jahr 2000 legte eine weitere Studie mit Ratten die Vermutung nahe, dass der Wurzelextrakt sich positiv bei Angststörungen auswirken kann. Bereits nach fünf Tagen Behandlung konnte bei den Versuchstieren ein messbar niedrigerer Angstpegel festgestellt werden. Die Wirkung war den Wissenschaftlern zufolge vergleichbar mit der von Medikamenten wie Lorazepam. Ebenfalls im Jahr 2000 bestätigte eine Studie mit menschlichen Probanden die angstlösende und stressreduzierende Wirkung durch die regelmäßige Einnahme von Ashwagandha-Extrakt. Messungen ergaben einen deutlich reduzierten Cortisolspiegel bei gleichzeitigem Anstieg des Hormons DHEA, das als Anti-Stress und Anti-Aging-Hormon bekannt ist. Aufgrund sein adaptogenen Wirkung wird Ashwagandha darüber hinaus auch zur Verbesserung der Hirnleistung und zur Stimmungsaufhellung eingesetzt. Die nachgewiesene stressreduzierende Wirkung macht den Pflanzenextrakt außerdem zu einem gern verwendeten Wirkstoff zur Verbesserung körpereigener Resilienzen und zur Stärkung des Immunsystems, das durch Stress negativ beeinflusst werden kann.

In der ayurvedischen Medizin wird Ashwagandha häufig als Nahrungsergänzungsmittel und als ergänzende Therapie im Rahmen von ganzheitlichen Naturheilverfahren eingesetzt. Zur Verträglichkeit und möglichen Kontraindikationen sollten Patientinnen und Patienten sich umfangreich von ihrem behandelnden Arzt oder zertifizierten Heilpraktikern beraten lassen.

Ayurveda, die traditionelle Komplementärmedizin

Ayurveda hat als traditionelle Komplementärmedizin eine große Bandbreite an Anwendungsmöglichkeiten für die Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden zu bieten. Was lange als Wellness-Trend galt, ist inzwischen aufgrund fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse zu einem anerkannten Spektrum an Heilverfahren geworden. Ayurveda, die traditionelle indische Medizin, gilt heute als ganzheitliches Diagnose- und Therapiekonzept. Das mehr als 2.000 Jahre alte Wissen aus dem Bereich der Naturheilkunde stammt aus Südasien und beeindruckt durch eine große Bandbreite an empirisch belegten Heilkenntnissen.

Auch in Deutschland wird die ayurvedische Medizin häufig als Alternative oder Ergänzung zur klassischen Schulmedizin angewendet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Ayurveda bereits vor mehr als zehn Jahren als medizinische Wissenschaft anerkannt, genau wie die Traditionelle Chinesische Medizin. In dem 2023 veröffentlichten Dokument „WHO international standard terminologies on ayurveda“ definiert die WHO offiziell anerkannte Standards zur Traditionellen Indischen Medizinlehre als Basis für wissenschaftliche Forschungen zum Ayurveda als Naturheilverfahren. Bereits im April 2022 gründete die Organisation zu diesen Zweck ein Zentrum für Alternativmedizin in der indischen Stadt Jamnagar, in dem an den alternativen Verfahren des Ayurveda geforscht werden soll. Die indische Regierung fördert das groß angelegte Forschungsprojekt zur traditionellen Medizin mit einer Summe von 250 Millionen US-Dollar. Ziel des neuen Forschungsstandortes soll es sein, die traditionelle Medizin als Alternativ- und Komplementärmedizin weiter zu stärken, wissenschaftliche Evidenzen für die Wirkung von Naturheilverfahren hervorzubringen und die enge Vernetzung zwischen traditioneller Medizin und Schulmedizin zu einem Innovationsmotor für den wissenschaftlichen Fortschritt zu machen.

Im August 2023 folgte im Rahmen der G20-Gesundheitsministertagung der erste Weltgipfel für Traditionelle Medizin, zu dem die WHO gemeinsam mit der Regierung Indiens einlud. Anlässlich dieses Meilensteins für die Anerkennung traditioneller Medizin und alternativer Naturheilverfahren wie die WHO noch einmal offiziell auf die Bedeutung traditioneller Medizin auf wissenschaftlicher Ebene hin. Etwa 40 Prozent der aktuell zugelassenen Arzneimittel, so die Organisation, basieren auf der gesundheitsfördernden Wirkung von Naturprodukten. Damit unterstrich die WHO noch einmal die Wichtigkeit traditioneller Medizin für die moderne Wissenschaft und die Fortschritte in der modernen Medizin.

Durch den aktuellen Fokus der Weltgesundheitsorganisation auf Ayurveda rückt die traditionelle indische Medizinlehre an eine ebenso prominente Position wie die traditionelle chinesische Medizin und darf als einer der bedeutendsten Ansätze in der Komplementär- und Alternativmedizin betrachtet werden.

29.02.2023

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