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#Aus dem Reich der Toten

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Aus dem Reich der Toten

Es muss im letzten Jahr gewesen sein. Oder im vorletzten? Jedenfalls war es in den Pyrenäen. Ich stand am Etappenziel. Glühende Hitze. Die Ortschaft hatte sich hübsch gemacht, fast alle Fahrer waren durch. Waren im Bus, im Hotel, unter der Dusche. Wurden aufgepäppelt von Ärzten und Masseuren, denn morgen ist ein neuer Tag, ein neuer Berg, den es zu überwinden gilt.

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Die meisten Zuschauer waren auch schon weg. Glücklich trugen sie Sponsorenlogos nach Hause, auf Klatschhänden, Billigsonnenbrillen und anderem Tand, den die Tour gern verteilt. Nur ich stand noch da mit meiner Klatschhand, keine Ahnung, warum, wahrscheinlich ein leichter Sonnenstich. Ich dachte an die ersten Fahrer, die hereingekommen waren von dieser schweren Bergetappe.

Sie kamen alle von weit her, das sah man sofort, gewiss hatten sie auch das Reich der Toten durchquert mit verzweifelt schweren Tritten. Irgendwie hatten sie es ins Ziel geschafft, halb tot noch, und die Pfleger hatten sie abgeführt. Jetzt, ewig lange danach, bog hinten um die Kurve noch ein Trupp von Fahrern in Richtung Ziel. Ein versprengter Haufen. Sprinter, Abgehängte. Fahrer, die bei schweren Bergetappen nur ein Ziel haben: in der Karenzzeit bleiben.

Wenn es etwas länger dauert

Ihnen wird von der Tour-Leitung ein gewisser Rückstand zugestanden, je nach Schwere der Etappe werden auf die Siegerzeit mehr oder weniger Prozentpunkte hinzugerechnet. Im Prinzip ist das eine hässliche Praxis, eine Art Sprinterdiskriminierung, gegen die sich in diesen egalitären Zeiten sicherlich gerichtlich vorgehen ließe. Aber man muss die Rennveranstalter auch verstehen. Würde ich zum Beispiel durch eine schicksalhafte Verwechslung eine solche Etappe mitfahren dürfen, würde ich wahrscheinlich zwei Tage brauchen, um ins Ziel zu kommen, und so lange kann man die Strecke natürlich nicht frei halten.

Die Gruppe der Versprengten damals hatte offensichtlich einen Chef, und das war André Greipel, der deutsche Routinier, der die Tour schon gefahren ist, als manche seiner heutigen Kollegen noch in den Kindergarten gingen, na ja, nicht ganz, aber fast. Greipels Versprengtentrupp also rollte die letzten Meter, und ich glaube nicht, dass ich noch einmal Entspannteres sehen werde.

Sie fuhren im Bummeltempo, unterhielten sich, scherzten. Karenzzeit eingehalten. Beste Stimmung. Hätten sie dabei ein Gläschen Rosé in der einen Hand gehabt, niemanden hätte es gewundert. Greipels Trupp hatte das Reich der Toten offenbar umfahren. Klar, dass das dann ein wenig länger dauert. Hätte ich es mir aussuchen können, wäre ich mit ihm gefahren.

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