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#Babiš lobt Orbán und sich selbst

Babiš lobt Orbán und sich selbst

„Morgen sage ich die Wahrheit“, kündigte Andrej Babiš vor wenigen Tagen in den sozialen Netzwerken an. Spötter fragten daraufhin, warum der tschechische Ministerpräsident das nicht immer tue. Erklärungsbedarf hätte der Regierungschef in Prag genug.

Da ist die „Storchennest“-Affäre um eigentlich für kleine und mittlere Unternehmen vorgesehene EU-Subventionen, die 2008 in den Mischkonzern Agrofert von Babiš geflossen sind. Die tschechische Polizei hat Ende Mai deshalb eine Anklage gegen den Ministerpräsidenten empfohlen. Zudem beschäftigt sich nun auch die EU-Staatsanwaltschaft mit Vorwürfen, wonach Babiš auch in seiner Zeit als Finanzminister ab 2014 und als Regierungschef ab 2017 in einem Interessenkonflikt um Brüsseler Subventionen gestanden haben soll.

Tags darauf hielt Babiš tatsächlich Wort und packte aus. Er veröffentlichte ein 450 Seiten starkes Buch, das die Tschechen kostenlos im Internet herunterladen können. In ihm ist dem Regierungschef aber nicht danach zumute, über eigene Fehler zu räsonieren. Vielmehr sollen die Landsleute rund drei Monate vor der Parlamentswahl erfahren, welche Qualitäten er hat.

„Es steht dort alles, was wir für die Leute getan haben“, kündigt Babiš in der Einleitung an. Alle seine Treffen mit Präsidenten, Regierungschefs und sogar mit einem Kaiser seien dokumentiert. Und er, Babiš, habe in Brüssel persönlich einen zweistelligen Milliardenbetrag für die Tschechische Republik durchgeboxt. Auch der Titel des Buches spricht für sich: „Teilt es, bevor sie es verbieten“. Er suggeriert, dass der politisch mächtigste Mann im Lande und Besitzer etlicher Medien Gefahr läuft, von missgünstigen Gegnern zensiert zu werden.

Auch die Babiš-Kritiker mobilisieren

Es ist aus der Perspektive von Babiš jedoch nachvollziehbar, warum der Unternehmerpolitiker mögliche Unterstützer mit allen Mitteln mobilisiert. Denn auch die Babiš-Kritiker treten auf dem Buchmarkt vehement auf. Wer am Prager Wenzelsplatz die bekannte Buchhandlung „Luxor“ betritt, blickt gleich nach dem Eingang auf hohe Büchertürme mit dem Bestseller des Journalisten Jaroslav Kmenta.

Dieser schreibt über das „Palermo“ von Babiš und damit über die Versäumnisse, die er dem Ministerpräsidenten vorwirft – angefangen mit dessen Interessenkonflikten, über angeblich unterlassene Reformen bis hin zu einem Pandemiemanagement, das der Tschechischen Republik im Herbst 2020 die europaweit höchsten Infektionszahlen beschert hatte. Abwägendes ist in der politischen Literatur im Land offenbar nicht gefragt. Stattdessen geht es in der Regel für oder gegen jemanden.

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Die Frage ist, ob Andrej Babiš mit seinem Pamphlet in eigener Sache den Wahlkampf so weit zu seinen Gunsten beeinflussen kann, dass er mit seiner ANO-Partei weiterregieren kann. „Babiš kann nur wenige Wähler mit dem Buch direkt beeinflussen, weil die meisten Leute es nicht lesen werden – auch kostenlos nicht“, sagt der Prager Politikwissenschaftler Jiří Pehe der F.A.Z. Aber: Babiš kontrolliere zwei Tageszeitungen und mehrere Fernsehsender. Diese Medien würden die Nachricht verbreiten, dass Babiš ein Buch geschrieben hat, in dem er argumentiere, dass das meiste von dem, was er bisher getan habe, großartig sei. Außerdem, sagt Pehe, „werden auch seine Kritiker über das Buch sprechen, was ihm paradoxerweise helfen kann“.

Geht Babiš auf EU-kritischen Kurs?

Kritisch kommentiert das Buch des Regierungschefs etwa das Nachrichtenportal Seznam Zprávy. Dessen Kommentator schreibt, das Buch sei „voll von Angstmache“. Er bezieht sich dabei auf Aussagen zur Migrationspolitik. „Nein! Nein!! Nein!!! Nein zu Quoten. Nein zur obligatorischen Umverteilung. Kein einziger Migrant. Einfach NEIN“, lautet die grobschlächtigste von ihnen. Auch in den übrigen EU-Mitgliedstaaten dürfte aufhorchen lassen, dass Babiš den ungarischen Regierungschef Viktor Orbán einen „wahrhaftigen Freund“ nennt.

Babiš fordert mit Verweis auf Orbáns Ideen sogar dazu auf, dass tschechische Mütter mehr Kinder gebären müssten – 2,1 Kinder pro Mutter statt 1,7 – „damit unsere Nation nicht ausstirbt“. Während Prag im Vergleich zu Warschau und Budapest bisher weniger auf Konfrontationskurs gegenüber Brüssel gegangen ist, dürfte offen sein, wie sich Babiš nach einer möglichen Wiederwahl verhält.

Aktuellen Umfragen zufolge ist sowohl eine Wiederwahl als auch eine Abwahl von Ministerpräsident Babiš möglich. Keine Rolle spielte in der Debatte über das Buch laut dem Politikwissenschaftler Pehe die Frage, ob Babiš das Buch selbst geschrieben hat: „Definitiv nicht.“

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