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#Begehen die Länder einen Rechtsbruch?

Begehen die Länder einen Rechtsbruch?

Jetzt könnte Bewegung in den Stillstand des Kulturbetriebs dieses Landes kommen – und zwar mit juristischen Mitteln. Die Deutsche Orchestervereinigung (DOV) macht in ihrer neuesten Pressemitteilung einen Befund publik, der es in sich hat. Offenbar verstoßen sämtliche sechzehn Landesverordnungen zum Infektionsschutz gegen die am 18.November 2020 vom Deutschen Bundestag beschlossene Neufassung des Infektionsschutzgesetzes.

Jan Brachmann

Dieses führt im Paragraphen 28 die „Untersagung oder Beschränkung von Kulturveranstaltungen oder des Betriebs von Kultureinrichtungen“ nicht nur als eigenen Punkt auf und beseitigt damit – zunächst nur formulierungstechnisch – die als ehrenrührig empfundene Gleichstellung mit Bordellen und Spielcasinos; dem Gesetz ist zudem eine Begründung beigegeben, die nun einige Brisanz entwickelt. Darin wird die Grundrechtsrelevanz einer Untersagung und Beschränkung von Kulturveranstaltungen gemäß Artikel 5 Absatz 3 zum Schutz der Kunstfreiheit im Grundgesetz festgehalten. Des Weiteren heißt es wörtlich: „Bei Untersagungen oder Beschränkungen im Bereich der Kultur muss der Bedeutung der Kunstfreiheit ausreichend Rechnung getragen werden.“

Gerald Mertens, Geschäftsführer der DOV und versierter Jurist, weist nun darauf hin, dass eine Grundrechtsabwägung in den Landesinfektionsschutzverordnungen nicht stattfinde. Die sechzehn Verordnungen begnügen sich sämtlich damit, die Schließungen von Theatern, Opernhäusern und Konzertsälen als eigenen Bereich aufzulisten. Nach der Argumentation von Mertens, der weitere Juristen konsultiert hat, wären die Länder aber dazu verpflichtet, in den Begründungen zu den Verordnungen eine Grundrechtsabwägung schriftlich zu fixieren.

Hygienekonzepte müssen diskutiert werden

Solche Begründungen würden die Landesregierungen dazu zwingen, das Grundrecht auf Kunstfreiheit gegen andere Grundrechte zu stellen und zu bewerten. Dabei müssten dann auch die Hygienekonzepte der einzelnen Kultureinrichtungen diskutiert werden. Bislang enthält nur die Landesverordnung Sachsen-Anhalts folgenden Passus: „Staatskanzlei und Ministerium für Kultur werden ermächtigt, zur Gewährleistung des verfassungsrechtlich geschützten Wirkbereichs der Kultur abweichende Regelungen zu erlassen, insbesondere Näheres zur Ausgestaltung des Betriebs der Kultureinrichtungen unter Pandemiebedingungen zu regeln.“ Allerdings ist auch diese Spezifizierung von Regeln bislang ausgeblieben.

Am 5. Februar hatte die DOV ein Rundschreiben an alle Staats- und Senatskanzleien sowie alle Gesundheitsministerien der Länder verschickt, um auf den gesonderten Begründungsnotstand zur Einschränkung der Kunstfreiheit hinzuweisen. Lediglich fünf der angeschriebenen 32 Stellen sahen sich überhaupt genötigt, auf diesen Brief zu antworten.

Noch hat die DOV nicht die Absicht zur Klage, da Öffnungen im Kulturbereich natürlich auch durch ein entsprechendes epidemiologisches Umfeld legitimiert sein müssen. Doch der Befund zeigt, dass das Regierungshandeln auf Länderebene keinen ausreichenden juristischen Respekt für die Belange der Kultur bezeugt. Nicht nur die Initiative „Aufstehen für die Kunst“ in München gibt nun das Signal, dass die Zeit des Burgfriedens zwischen Kulturbetrieb und Politik vorbei ist.

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