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#Beherzter Streiter für die Demokratie

Beherzter Streiter für die Demokratie

Thomas Oppermann war seinen Freunden ein verlässlicher Gefährte und in der Politik ein beherzter Streiter für die Sache der Demokratie. Als Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion gehörte Oppermann lange zu den herausragenden Parlamentariern der Republik. Im Plenum hielt er pointierte Reden, in Ausschüssen und Gremien war Oppermann ein versierter Abgeordneter, stets zum Kampf um die Sache bereit, aber auch kompromissfreudig und herzlich im Umgang. Seit er 2005 erstmals in den Bundestag gewählt wurde, hatte er es als eine beinahe tagtägliche Aufgabe angesehen, sich dem Niedergang der SPD entgegen zu stemmen, werbend und kämpfend. Meistens voll engagiert im Alltäglichen besaß Oppermann zugleich einen ausgeprägten, leicht melancholisch gefärbten Sinn für die einstigen Großen und die frühere Größe seiner Partei. In der Gegenwart trieb ihn bis zuallerletzt die immerwährende Zuversicht, Lebensumstände verbessern zu können, in seinem Wahlkreis, im Land, in Europa.

Peter Carstens

Als der studierte Jurist 2005 in den Bundestag gelangte, war er dort zunächst ein Verlierer unter Verlierern: In Niedersachsen war zuvor die Regierung Gabriel, der Oppermann als Kultusminister angehörte, abgewählt worden, im Bund hatte die SPD die Kanzlerschaft verloren. Oppermann machte sich im Bundestag rasch einen Namen. Insbesondere in einem Untersuchungsausschuss zu geheimdienstlichen Aktivitäten im Irak und anderswo und zur Verstrickung der SPD in den Fall des von amerikanischen Diensten nach Guantanamo verschleppten Murat Kurnaz trat Oppermann als engagierter Verteidiger der vormaligen Regierungspolitik auf. Rasch begann damit sein weiterer Aufstieg. Als Parlamentarischer Geschäftsführer gehörte Oppermann schnell zu den Organisatoren der ersten großen Koalition unter Angela Merkel, und dann ab 2009 der oppositionellen SPD-Fraktion. Meistens übernahm er in der Öffentlichkeit auch die Abteilung Angriff. Als der dahingehend eher unauffällige Frank-Walter Steinmeier dann wieder ins Auswärtige Amt wechselte, wurde Oppermann 2013 Fraktionsvorsitzender – ein Amt, das er bis zur vergangenen Bundestagswahl führte. Obgleich er auch als Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten zu den energischen Taktgebern gehört, blieb eine politische Bürde für ihn die Affäre um den früheren Abgeordneten Sebastian Edathy, in der Oppermann eine nie ganz aufgeklärte Rolle gespielt hatte. Oppermann musste aber, anders als der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich, wegen der Angelegenheit nicht zurücktreten.

Oppermann, der im Münsterland zur Welt kam, hatte eine Karriere gemacht, die nicht so gradlinig war, wie es im Rückblick vielleicht scheint. In der Schule musste er eine Klasse wiederholen, ein erstes Studium, Germanistik und Anglistik, erwies sich als nicht erfüllend. Oppermann, ein Mensch von kompromissloser Neugierde, absolvierte seinen Wehrersatzdienst bei einer Gewerkschaft in Amerika. Nach seiner Rückkehr studierte er noch einmal ganz von vorne, diesmal Jura in Göttingen. Hervorragende Noten qualifizierten ihn für das Richteramt, das er bis 1990 am Verwaltungsgericht Hannover ausübte. Mit seinerzeit 36 Jahren zog es ihn die Politik, zunächst im Land Niedersachsen, dann in Berlin.

Auch weil Oppermann dort über Jahre zu den bekannten, weithin anerkannten und respektierten Politikern der SPD gehörte, schien es aussichtsreich, dass er in absehbarer Zeit ein Ministeramt übernehmen würde. Oppermann hatte im vorigen Wahlkampf kein Hehl daraus gemacht, dass er gerne Innenminister geworden wäre, eine Aufgabe, für die der erfahrene Jurist und sachkundige Fachmann der Innen- und Rechtspolitik bestens qualifiziert war. Doch es kam anders: 2017 bestimmte Parteipolitik, nicht Eignung für dieser Stelle die Regierungsbildung der neuerlichen großen Koalition. Oppermann gehörte dann zu den vielen, von denen sich eine zunehmend irrlichternde SPD glaubte, recht sang- und klanglos verabschieden zu können.

In der kurzen Ära von Andrea Nahles und Olaf Scholz wurde Oppermann, ebenso wie Sigmar Gabriel und Martin Schulz, beiseite- oder abgeschoben. Oppermann erhielt in Anerkennung seiner Verdienste immerhin die Aufgabe, als Bundestagsvizepräsident zu amtieren. In einem Parlament, das sich zunehmend gegen demokratische Zumutungen von Rechts- und Linksaußen zur Wehr setzen muss, war er dort sicher nicht am falschen Platz, ein behutsames Ende seiner Ambitionen war es gleichwohl.

In der zweiten Reihe: Bundesminister wurde Oppermann anders als Martin Schulz (vorn) und Sigmar Gabriel nie.


In der zweiten Reihe: Bundesminister wurde Oppermann anders als Martin Schulz (vorn) und Sigmar Gabriel nie.
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Bild: dpa

Oppermann war direkt gewählter Abgeordneter aus Göttingen, wo ihn die Wählerinnen und Wähler viermal in Folge zu ihrem Vertreter im Parlament bestimmt haben. Im Sommer dieses Jahres hatte er erklärt, das es nun, mit 66 Jahren, alsbald genug sein werde mit der aktiven Politik. Mehr Zeit für eigene Gedanken und Pläne, das hatte sich der vierfache Vater noch vom Leben gewünscht. Aber am Sonntagabend ist Thomas Oppermann nach einem Zusammenbruch überraschend in Göttingen gestorben.

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