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#Besser Mütze und Schal als geschlossene Schulen

Besser Mütze und Schal als geschlossene Schulen

Nicht wenige Schulen haben die Eltern vor Beginn der Herbstferien gebeten, ihre Kinder mit warmen Jacken und Skiunterwäsche auszustatten. Denn nach dem Ende der Herbstferien wird es kühl in den Klassenzimmern, in denen mindestens alle 20 Minuten für fünf Minuten ordentlich gelüftet werden soll. Von sibirischen Verhältnissen ist die Raumtemperatur allerdings noch weit entfernt. Es geht um eine geringfügig sinkende Temperatur, um zwei bis drei Grad Celsius.

Die Eltern sind dennoch empört, hatte doch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gerade ein Förderprogramm für Lüftungsanlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten in Höhe von 500 Millionen Euro angekündigt. Die Schulbehörden und Schulträger gingen fahrlässig mit der Gesundheit der Kinder und Lehrer um, beschwerten sich Eltern und Lehrerverbände. Nur Bayern, dessen Ministerrat 50 Millionen Euro zum Kauf von Luftfilteranlagen und CO2-Ampeln für Schulen und Kitas angekündigt hatte, nehme seine Fürsorgepflicht ernst. Dort können Schulträger für Klassenräume, die sich nicht lüften lassen, bis zu 3500 Euro für einen Luftfilter und bis zu 150 Euro für einen Kohlendioxid-Sensor (CO2-Ampel) beantragen. Auch Berlin wird seinen Schulen CO2-Filter zur Verfügung stellen.

Und wenn sich die Fenster nicht öffnen lassen?

Die vielgescholtenen Kultusminister hatten sich erst vor kurzem zu einem Fachgespräch mit Fachleuten für Innenraumlufthygiene vom Bundesumweltamt, sowie Virologen und Hygienikern an Universitäten zusammengesetzt. Eltern- und Lehrervertreter waren dabei. Das hat die Verbände, die nicht eingeladen waren, nicht daran gehindert, hinterher um so lauter die vermeintliche Verantwortungslosigkeit der Minister zu beklagen.

Zu den Ergebnissen des Fachgesprächs gehört, dass Raumluftfilter für Räume, die sich gar nicht lüften lassen, nur dann sinnvoll sind, wenn sie frische Außenluft in die Räume bringen und verbrauchte Luft nach draußen befördern. Lüftungsanlagen mit hohen Umluftanteil können dagegen sogar gefährlich sein, wenn sie nicht mit einem speziellen Filter umgerüstet werden. Für die wirksamste Methode hält das Bundesumweltamt, das eine Handreichung für die Schulen erarbeitet, eine hohe Frischluftzufuhr. Sie kann potentiell virushaltige Aerosole aus Innenräumen entfernen, wenn der Luftaustausch groß genug ist. Bei jedem Niesen und Husten muss zusätzlich gelüftet werden, was die Konzentration auf den Unterricht nicht unbedingt fördert. Es mag sein, dass manche Schüler dann mit Mütze und Schal im Unterricht sitzen. All das ist aber besser als das häusliche Lernen und Abarbeiten von Aufgaben während des Lockdown.

Doch was soll in Schulen geschehen, deren Fenster sich gar nicht öffnen lassen? Die sollten tunlichst nicht als Klassenräume benutzt werden, wenn sie nicht mit hochwertigen Belüftungsgeräten ausgestattet werden können, rät das Bundesumweltamt. Das dürfte Schulen und Schulträgern mancherorts erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Unumstritten ist, dass Kohlendioxid-Sensoren die Luftqualität anzeigen, aber nicht vor Ansteckung schützen, wohl aber an das Lüften erinnern.

So berechtigt die Sorgen von Eltern und Lehrern sind: Die besten Lüftungskonzepte müssen vor Ort mit Sachverstand und Pragmatismus entwickelt werden. Während der Sommermonate hielten sich die Ansteckungen an Schulen in Grenzen.

Eine Umfrage unter den Ministerien hat vor kurzem die Anzahl der Schüler in Quarantäne auf 50.000 beziffert, was angesichts einer Gesamtzahl von 8,3 Millionen Schülern an allgemeinbildenden Schulen überschaubar erscheint. In einem Stadtstaat wie Hamburg waren Anfang Oktober aktuelle Corona-Infektionen bei 122 von 256.000 Schülern und 24 von 24.000 Schulbeschäftigten gemeldet worden. Inzwischen wird nicht mehr die gesamte Schule geschlossen, sondern nur eine Klasse oder Kohorte in Quarantäne geschickt.

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Zumindest diese Einsicht hat sich bei allen Verantwortlichen in Bund und Ländern durchgesetzt. Die Schulschließungen haben nicht nur zu viel größeren Wissenslücken geführt als befürchtet, sondern hatten auch härtere soziale und psychische Folgen. Die Schulen und Kinderbetreuungsstätten werden deshalb so lange wie irgend möglich offen gehalten werden. Das wird aber nur gelingen, wenn der Leichtsinn der jungen Erwachsenen ein Ende hat, die ihre Partylaunen so ausleben wollen wie manche Familien an überdimensionierten Hochzeitsfeiern festhalten.

Die Schulen und Kitas waren bisher keine Infektionsbeschleuniger, aber sie werden in dem Maße mit Corona zu kämpfen haben, wie die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung steigt. Ob und wie Kindergärten und Schulen auch in den Herbst- und Wintermonaten ihre Arbeit fortsetzen können, liegt in der Hand jedes einzelnen. Das Durchhaltevermögen für die Langstrecke aufzubringen, ist schwer. Rücksichtnahme und Disziplin in der Gesamtbevölkerung schwinden merklich und gefährden damit die Arbeit der Bildungsinstitutionen. Die brauchen aber die Solidarität aller.

Heike Schmoll

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