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#Blutgesprenkeltes Banner

„Blutgesprenkeltes Banner“

Lediglich, dass Faith Ringgold erst jetzt eine umfassende Retrospektive im New Museum von New York bekommt, ist erstaunlich. Bereits seit den Sechzigern beschäftigt sich die nunmehr zweiundneunzigjährige Afroamerikanerin mit dem systemischen Rassismus in den USA und Europa, und das mit einer dezidiert feministischen Sichtweise in einer beeindruckenden Anzahl von Medien. Ringgold ist sowohl bildende Künstlerin als auch Schriftstellerin und Aktivistin. Zuletzt erregte ihr Werk größeres Aufsehen, als 2019 im MoMA „American People Series # 20“ direkt neben Pablo Picassos „Les Demoiselles d’Avignon“ installiert wurde. Wie stark das Anliegen von Ringgolds Werk ist, den gerade auch vom MoMA etablierten Kanon der Moderne zu revidieren, verdeutlicht die Retrospektive im New Museum eindrücklich.

„Flucht“ nach Frankreich

Ringgold wuchs in den Dreißigerjahren in Harlem als Tochter einer Modedesignerin auf. Nach ihrer Ausbildung als Kunsterzieherin begab sie sich 1961 selbst auf eine Bildungsreise nach Frankreich, wo sie in den Siebzigern auch lebte. Diese „Flucht“ hatte sicherlich mit den desillusionierenden Erfahrungen als Anti-Vietnamkrieg-Aktivistin, Frauenrechtlerin und Kämpferin in der Bürgerrechtsbewegung zu tun. Doch gerade in diesem Zusammenhang entstanden einige ihrer eindrucksvollsten Bilder in der American People Series. Formal und inhaltlich bezog sie sich dabei auf die damals den Kunstmarkt dominierende Pop-Art als eine genuin amerikanische Kunstbewegung. Doch während die von der Pop-Art betriebene Zelebration des Kapitalismus und Warenfetischismus auf der Illusion einer homogenen Konsumgesellschaft basiert, verdeutlicht Ringgold die hinter der ebenso glamourösen wie glatten Fassade lauernden Rassen- und Geschlechterkonflikte.

Künstlerische Anklage war riskant

Das gilt bedingt auch für das nun im MoMA hängende „Die“, das in der Brutalität der Darstellung und der frieshaften Anordnung der Figuren vor grauem Hintergrund Anklänge an Picassos „Guernica“ besitzt. Gleichzeitig stellen der Schachbrett-Hintergrund aus grauen Tafeln und die Wiederholung derselben Figuren – vor allem des blonden Andy-Warhol-Doubles – einen Bezug zur Pop-Art her. Sogar der Titel „Die“ scheint sich auf Warhols Durchbruchwerk „129 Die in Jet“ zu beziehen, welches eine Zeitungsseite mit einem Flugzeugabsturz zeigt. Nur dass bei Ringgold das Unglück menschengemacht ist und einer der Warhol-Doppelgänger mit gezückter Pistole gemeinsam mit einem ebenfalls bewaffneten Afroamerikaner ins Bild stürmt. Wie auch alle anderen Figuren sind sie verwundet und blicken die Betrachter mit weit aufgerissenen, panischen Augen an. In diesem Horrorszenario scheinen alle Täter und Opfer zugleich zu sein, egal ob Schwarz oder Weiß, Mann oder Frau.

Faith Ringgold, United States of Attica, 1972.





Bilderstrecke



Faith Ringgold – American Peop
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Ausstellung Faith Ringgold – American People.

Diese Ambivalenz zeichnet auch „# 18: The Flag is Bleeding“ aus, eine kritische Interpretation von Jasper Johns Stars-and-Stripes-Fahnenbildern. Denn bei Ringgold trieft Blut von den roten Bannerstreifen, welche die Menschen wie hinter einem Zaun gefangen zu halten scheinen. Wieder greift der schwarze Mann ein Messer und blutet gleichzeitig aus dem Herzen. Eine blonde Frau hakt ihn und einen weißen Mann unter. Doch ob ihren Vermittlungsversuchen Erfolg beschieden ist, bleibt angesichts der tödlichen Verwundung des schwarzen Mannes fraglich. Zudem könnte er sich die Verletzungen selbst mit dem Messer zugefügt haben und Ringgold auf den Anteil der Schwarzen an ihrer Misere verweisen. Wie politisch brisant und auch riskant eine solche Darstellung damals war, verdeutlicht Ringgolds Gefangennahme, weil sie 1970 die People’s Flag Show mitorganisierte, auf der angeblich die US-amerikanische Flagge entwürdigt wurde.

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