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#Da möchte jemand Sterne und Proust zugleich beerben

„Da möchte jemand Sterne und Proust zugleich beerben“

Was ist das, ein roman trouvé? Das Analogon zum kunsthistorischen Begriff des objet trouvé, also eines durch den Willen des Künstlers zur Kunst nobilitierten Fundstücks. Die Gattungsbezeichnung, die der deutsche Autor, der sich Asjadi nennt, seinem Buch „Tric-Trac“ verpasst, ist aber gleich mehrfach aufschlussreich. Sie verrät neben der ästhetischen Methode auch eine Vorliebe fürs Französische (die sich dann auch in der Handlung widerspiegelt) und große Freude am literarischen Vexierspiel. Asjadi, laut Verlags­angabe 1980 in Teheran geborener Sohn eines deutsch-jüdischen Kulturattachés und einer persischen Journalistin, schreibt genauso grenzüberschreitend, wie es diese Biographie verheißt. Und das unter Einsatz einer reichen in die Handlung einmontierten Bilderwelt aus unterschiedlichsten Quellen: Dutzende von Abbildungen machen „Tric-Trac“ zum visuellen Spektakel. Auch das passt: In gleich mehreren europäischen Staaten soll Asjadi als Filmemacher und Aus­stellungs­kurator tätig sein. Spuren davon finden sich jedoch zumindest unter seinem nom de ­plume nicht; Asjadi war aber der Name eines persischen Dichters aus dem elften Jahrhundert. Und Dichtung spielt in diesem Roman eine große Rolle.

Vor allem die der 1967 in jungen Jahren tödlich verunglückten Lyrikerin Forugh Farrochzad. Verse aus ihren Gedichten leiten neben einem bewusst schwach ge­druckten Porträtfoto der Dichterin jeweils die größeren Abschnitte des Romans ein. Die erzählen von drei persischen Freunden: Farshid, Aadish und Shaahin, die wie Asjadi selbst in Westeuropa leben, weil ihre Familien vom 1979 etablierten Mullah-Regime außer Landes getrieben wurden. Es ist ein extrem unterschiedliches Trio: Shaahin Abkömmling einer reichen Familie, die sich für alles Schöne begeistert, Far­shid ein Kunstverächter, der jedoch gerade durch seine Rüpelhaftigkeit als Künstler reüssiert, und Aadish als sensible Seele der Mittler zwischen diesen beiden Freunden. Leitfaden für das, was über sie erzählt wird, ist eine Kollektion von Gegenständen, die Shaahins als melancholischer Dandy in Paris lebender Onkel Said in einem Backgammonkasten für den Neffen aufbewahrt hat. Tric-Trac ist die französische Bezeichnung dieses Spiels, und so wie Backgammon Glück und Geschick gleichermaßen erfordert, verläuft auch das Schicksal der drei.

Die Rettung bleibt ein Traum

Der Weg dieser Freunde ist eine sentimentale Reise zu einer geistigen Heimat: Erinnerungen an Shaahins Großeltern in Iran gehen einem vierjährigen Aufenthalt bei Onkel Said in Paris voraus, ehe sich das Trio in Deutschland ansiedelt, wo Farshid seinen Aufstieg erlebt. Diese Erzählung ist aber nur eine Facette des Romans, wenn auch dessen umfangreichste. Eingebettet sind die großen, bis zu fast hundert Seiten umfassenden Abschnitte in kürzere Episoden, die von der Beziehung eines Schriftstellers erzählen, der die Ge­schichte von Shaahin, Farshid und Aadish aufschreibt: Christian Yorickson. Sein Name weist ihn als Nachfahren von Lawrence Sternes Alter Ego Yorick aus, und tatsächlich nimmt Asjadis Montagestil weitaus mehr Einflüsse von Sterne auf als von all den anderen Schriftstellern, die sein Buch durchspuken, selbst mehr als von Proust, der zwar mit schöner Regelmäßigkeit von Farshid ge­schmäht wird, aber in Ton, Details und Stimmung die zweite wichtige literatur­geschichtliche Bezugsgröße darstellt.

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