#„Da spielen sich Dramen ab“
„„Da spielen sich Dramen ab““
Herr Ruppricht, Sie sind Partner einer Steuerberaterkanzlei in Wetzlar. Wie ist die Lage bei Ihnen?
Turbulent. 2020 war ein Jahr, wie ich es in mehr als 30 Jahren Berufspraxis noch nicht erlebt habe. Die staatlichen Überbrückungshilfen für Gastronomen, Einzelhändler und viele andere betroffene Unternehmen müssen ja ganz überwiegend von uns Steuerberatern gestellt werden – das dürfen die Unternehmer nicht selbst machen. Der Arbeitsaufwand ist enorm. Wir sind eine mittelständische Steuerberaterkanzlei mit 40 Mitarbeitern und betreuen rund 800 Unternehmen als Mandanten. So viele Überstunden wie im vergangenen Jahr gab es bei uns noch nie, und 2021 geht es genauso heftig weiter.
In Ihrem Berufsalltag sind Sie nah dran an der Corona-Krise des Mittelstands. Wie effektiv sind die staatlichen Hilfen?
Das Geld kommt einfach viel zu spät bei den Betroffenen an. Ich gebe Ihnen mal ein typisches Beispiel: Wir haben für einen Gastronomen einen Antrag auf die sogenannte Novemberhilfe der Regierung gestellt, weil er sein Lokal zum Infektionsschutz bis auf weiteres schließen musste. Insgesamt wurden 40.000 Euro beantragt, die erste Abschlagszahlung von 10.000 Euro hatte er am 2. Dezember auf dem Konto – seither kam kein einziger weiterer Euro bei dem Mann an. Er hat also Anfang Januar erst ein Viertel der Hilfsgelder für die Ausfälle erhalten, die er im November erlitten hat. Und die Auszahlung der Hilfen für den Dezember läuft ähnlich schleppend.
Und was tat der Gastwirt in seiner Notlage?
Der braucht dringend Liquidität, da geht es um die Existenz. Er hat vergeblich versucht, Geld über weitere Darlehen von Banken zu beschaffen. Am Ende hat er seine Familie um Unterstützung gebeten. Es sind also private Darlehensgeber eingesprungen, weil bei den Banken nichts ging. Solche Fälle gibt es ständig.
Hartmut Ruppricht ist Partner einer Steuerberaterkanzlei im hessischen Wetzlar, die rund 800 Unternehmen betreut.
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Bild: Frank Röth
Wie können die Hilfsprogramme verbessert werden?
Der Staat sollte sich auf den Antrag des Steuerberaters verlassen und sofort die gesamte Summe an Hilfsgeldern auszahlen, statt nur eine Abschlagszahlung. Die Prüfung durch die Behörden kann später erfolgen. Am Ende gibt es doch ohnehin eine Schlussabrechnung, die zeigt, ob der Hilfsempfänger zu viel Geld erhalten hat und ob er etwas zurückerstatten muss. Der Staat trägt dann zwar vielleicht ein Ausfallrisiko. Aber, ich bitte Sie! In solchen Ausnahmesituationen wie jetzt muss man nun mal in Vorleistung gehen. Wir Steuerberater haben ja die Anträge nach bestem Gewissen geprüft. Warum werden dann auf dieser Basis die Hilfsgelder nicht sofort in voller Höhe überwiesen? Mir ist das unverständlich.
Schaffen es die Steuerberater überhaupt, die ganzen Anträge zügig zu stellen?
Wir kommen da an die Grenze, und das liegt auch daran, dass wir noch nicht die genauen Rahmenbedingungen kennen. Dadurch wird alles noch komplizierter. Nehmen wir die sogenannte Überbrückungshilfe 2 als Beispiel. Für die kam am 5. Dezember eine Einschränkung, weil es von Seiten der EU beihilferechtliche Bedenken gab. Aber wie diese Einschränkung konkret auszulegen ist, das hat uns das Bundeswirtschaftsministerium bis heute – also einen Monat später – immer noch nicht mitgeteilt. Für uns Steuerberater ist es frustrierend, keine Rechtssicherheit zu haben. Wir haften schließlich für die Angaben, die wir machen.
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