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#Darum streiken wieder Lkw-Fahrer an der A5

Das Protestcamp osteuropäischer Fernfahrer auf dem Rastplatz Gräfenhausen-West lockt immer wieder neue Fahrer an. Am frühen Freitagmorgen zählte die Polizei 39, mittags waren einige weggefahren, am Nachmittag waren nach Angaben der die Fahrer betreuenden Gewerkschafter wieder 40 auf dem Platz. „Inzwischen sind es auch nicht mehr nur Georgier, ich habe auch mit einem Ukrainer gesprochen, und usbekische Namen sind auch dabei.“ Das sagte Anna Weirich vom Netzwerk Faire Mobilität, das vom Bundesarbeitsministerium und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) finanziert wird, der F.A.Z. am Telefon.

Der Protest richtet sich gegen die Transportunternehmen der polnischen Mazur-Gruppe, denen die Fahrer vorwerfen, nicht zuverlässig zu zahlen. Nachdem eine Reihe von Streikenden am Mittwoch und Donnerstag Geld von Mazur erhalten hatten, kamen andere Fahrer nach und machten ebenfalls Ansprüche geltend.

Bei einem ersten Streik im Frühjahr war der Unternehmer Lukasz Mazur in Begleitung eines Sicherheitsdiensts nebst Panzerfahrzeug auf den Rastplatz gekommen, um die Fahrer einzuschüchtern. Dieses Mal zeigte er sich von Anfang an verhandlungsbereit.

„Unternehmen grundsätzlich zahlungswillig“

Dass abermals Fahrer derselben Unternehmensgruppe über ausbleibende Zahlungen klagen, ist dennoch bemerkenswert. Hintergrund sind offenbar die Abrechnungsmodalitäten. So berichtete ein Fahrer diese Woche der F.A.Z., für die ersten Monate Beschäftigung bei Mazur habe er gar kein Geld bekommen. Begründet worden sei dies mit den Kosten, die dem Unternehmen für die zur Beschäftigung des Georgiers in der EU notwendigen Dokumente entstanden seien. Inzwischen bekomme er monatlich Geld, aber immer mit erheblicher Verzögerung, sagte der Mann.

Ein Anwalt der Mazur-Gruppe hatte im Frühjahr erläutert, bezahlt würden die Fahrer erst „nach Vorlage aller möglichen Unterlagen, die mit der Ausführung der Transportdienstleistung verbunden sind“. Auch seien bei Schäden an den Fahrzeugen Abzüge möglich, dies sei vertraglich geregelt. Um derartige Abzüge gehe es immer wieder auch in den aktuellen Verhandlungen zwischen den Fahrern und dem Unternehmen, sagte Weirich von Faire Mobilität. „Grundsätzlich ist das Unternehmen aber zahlungswillig“, fügte sie hinzu.

Die Fahrer sind überwiegend nicht fest angestellt, sondern arbeiten auf Basis sogenannter Dienstleistungsverträge. Das ist eine polnische Vertragsform, die auch von anderen Unternehmen genutzt wird. Inwieweit die georgischen Fahrer diese Verträge überhaupt verstehen, ist fraglich. Nach Beobachtungen von Faire Mobilität ist das ein branchenweites Pro­blem: Immer wieder stelle sich heraus, dass Fahrer in für sie unverständlichen Sprachen unterzeichnet hätten, schrieb die Organisation im Dezember in einer Stellungnahme für den Verkehrsausschuss des Bundestags.

Kein Mindestlohn für Transitfahrten

Das Problem ist eines, das sich mit dem zunehmenden Einsatz von Fahrern aus Nicht-EU-Staaten – wie eben Georgien und anderen früheren Sowjetrepubliken – offenbar verschärft hat. Ein Indikator dafür ist laut Faire Mobilität die Zahl der Fahrerlaubnisse, die in der EU für Personen mit einem außerhalb der Union erworbenen Führerschein ausgestellt wurden. Zwischen 2012 und 2020 habe sich diese Zahl verfünffacht.

„Polen und Litauen stellen jedes Jahr Zehntausende von Arbeitserlaubnissen für Fahrer aus Drittstaaten aus“, heißt es beim Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Deutsche Unternehmen hingegen dürften Fahrer aus Nicht-EU-Staaten nur beschäftigen, wenn diese einen Berufskraftfahrer-Qualifikationsnachweis erbrächten. „Die Prüfung muss auf Deutsch abgelegt werden“, sagte ein BGL-Sprecher. Dies sei für die meisten Bewerber eine unüberwindliche Hürde.

In Deutschland sind Fernfahrer knapp, sie haben daher gute Chancen auf einen Bruttolohn von etwa 3000 Euro. Jenseits davon gibt es noch den Mindestlohn. Für ausländische Fahrer, die in Deutschland unterwegs sind, gilt der aber nicht unbedingt. So sind Transitfahrten ohne Zu- oder Entladung von Fracht in Deutschland vom Mindestlohngesetz ausgenommen, und es gibt noch weitere Ausnahmetatbestände.

Es gebe aber auch eindeutige Regeln beispielsweise für Lenk- und Ruhezeiten, gegen die dennoch verstoßen werde, sagt Michael Wahl, Branchenkoordinator internationaler Transport bei Faire Mobilität. „In dieser Branche gibt es grundsätzlich eine Papier-Realität und eine wirkliche Realität, die nicht miteinander übereinstimmen.“ Die bisherigen Zollkontrollen hätten offenbar „keine disziplinierende Wirkung“.

Dieses Problem hat auch die Politik erkannt: Anfang Juli forderte der Bundestag die Bundesregierung auf, mehr Personal für Kontrollen bereitzustellen, digitale Kontrollmöglichkeiten stärker zu nutzen und die Bußgelder für Verstöße gegen das Sozial- und Arbeitsrecht zu erhöhen.

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