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#„Das Ding muss idiotensicher sein“

„Das Ding muss idiotensicher sein“

Österreich, du hast es besser, könnte man mit Blick auf schnelle Corona-Tests meinen. In den Apotheken des Nachbarlandes hat der Kunde die Wahl: Entweder er lässt den Abstrich direkt dort vornehmen, etwa weil er ein Negativzertifikat für den Friseur braucht. Das ist für gesetzlich Versicherte kostenfrei, sonst kostet es 24,90 Euro. Oder der Kunde kauft einen Selbsttest für zu Hause für 14,90 Euro. Für diesen „Spucktest“ ist kein unangenehmes Nasenbohren und Rachenstochern nötig, allerdings sollte er frühmorgens nüchtern angewandt werden, wenn die Virenlast am höchsten ist.

Christian Geinitz

Ilka Kopplin

In Deutschland ist man von dieser Art der Selbstuntersuchungen noch einige Wochen entfernt. Der Pharmakonzern Roche will ein erstes Produkt Mitte Februar auf den Markt bringen, 30 weitere Tests warten im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BFarm) auf so genannte Sonderzulassungen. Diese könnten von Anfang März an erfolgen.

Der politisch-rechtliche Weg zur Selbsttestung ist seit Dienstag vorgezeichnet. Da wurde ein Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums zur „Erweiterung der Nationalen Teststrategie“ bekannt, wonach die Bundesregierung die Kapazitäten für Corona-Tests stark ausweiten will – „rechtzeitig zur schrittweisen Aufhebung der Kontaktbeschränkungen (,Winter-Lockdown‘)“, wie es in dem Papier heißt.

Zum einen geht es um die Kostenübernahme von professionell angewandten Antigen-Schnelltests „für alle Bürgerinnen und Bürger“ vom 1. März an. Zum anderen soll das nächste Corona-Kabinett auf Grundlage der Empfehlungen die Einbeziehung von „Laien-Schnelltests“ in die Testverordnung billigen.

Ein Verfahren sei schon abgeschlossen

Wie es heißt, verhandelt das Haus von Jens Spahn (CDU) derzeit mit den Herstellern über die Abnahme von Mindestmengen für den deutschen Markt. Das gelte es „haushaltsrechtlich abzusichern“, heißt es in dem Entwurf als Aufforderung an Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Die Selbstanwendungen sollen zum einen in Schulen und Kitas zum Einsatz kommen, als Teil der Teststrategie der Länder. Zum anderen will sie der Bund im Rahmen seiner nationalen Teststrategie jedermann als „niedrigschwelligen Zugang“ anbieten. Dabei sei an eine Eigenbeteiligung von einem Euro je Test gedacht.

Die Markteinführung von Heim- oder Laientests ist in der EU eigentlich einheitlich geregelt. Medizinprodukte brauchen eine CE-Kennzeichnung, um in Europa auf den Markt zu kommen. Diese erhalten sie von „Benannten Stellen“, in Deutschland etwa vom Tüv. Eine der drei zuständigen hiesigen Prüfstellen ist der Tüv Süd. Dort heißt es, dass man solche Selbstanwendertests derzeit im Prüfverfahren habe. Um wie viele Hersteller es sich handelt, will man nicht sagen.

Lediglich so viel: Ein Verfahren sei schon abgeschlossen. Neben vielen Daten braucht es beispielsweise auch klinische Studien, die zeigen, dass der Laie den Test korrekt anwenden und selbst auswerten kann. „Wir sehen derzeit keinen Engpass im Hinblick auf Prüfverfahren für Selbstanwendertests“, man verfüge global über 900 Medizinprodukte-Fachleute, teilte der Tüv Süd mit. Bei der Erstzulassung komme es bei der Prüfung der Produktionsstätten wegen lokaler Reisebeschränkungen allerdings zu „kleinen Verzögerungen“. Denn oftmals haben die Unternehmen Produktionspartner oder Werke im Ausland.

Wie sicher sind Selbsttests?

Es sind aber auch Sonderzulassungen durch das BFarm möglich. Die gehen in der Regel schneller vonstatten, sind aber räumlich auf Deutschland und zeitlich auf die Pandemiephase beschränkt. Darüber hinaus sind sie an viele Voraussetzungen gebunden, etwa an den Nachweis, dass ein Antrag bei einer benannten Stelle gestellt oder zumindest gesucht wurde. Auch muss für das Produkt bereits eine CE-Kennzeichnung für professionelle Anwendungen vorliegen, etwa in Testzentren. Zudem bedarf es einer positiven Evaluierung durch das Paul-Ehrlich-Institut.

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Besonders wichtig ist dem BFarm und dem übergeordneten Gesundheitsministerium, dass der Test zuhause auch wirklich funktioniert. Dass also die Gebrauchsanweisung verständlich ist und die Anwendung einfach: etwa aus dem Sputum oder mit Abstrich aus dem vorderen Nasen- oder Rachenraum. „Das Ding muss wirklich idiotensicher sein, sonst richtet es mehr Schaden als Nutzen an“, sagt ein Beteiligter. In Österreich vertraue man den Herstellerangaben zur Gebrauchstauglichkeit, ohne dass diese eine qualifizierte Stelle überprüft habe. „Das wiegt in falscher Sicherheit.“ Tatsächlich haben auch die Tests in Österreich keine CE-Kennzeichnung, sonst wären sie auch in Deutschland zugelassen.

Keine staatliche Überprüfung

Von „Augenwischerei“, was die Gebrauchstauglichkeit und Sicherheit dieser Tests in Österreich anbelangt, spricht deshalb Miriam Schuh, Anwältin für Gesundheitsfragen bei Reusch Law Consultants. „In Österreich weist die Bundesregierung über die zuständige Behörde (BASG) die Verantwortung für die Überprüfung der Selbsttests zur Eigenanwendung von sich“, sagt sie. Dort müssten die Hersteller lediglich eine Selbstverpflichtungserklärung unterzeichnen, wonach die Tests sicher seien.

„Um das zu belegen, müssen sie aber kein einziges Dokument einreichen, es findet keine Prüfung statt“, sagt sie. Haftungsrechtlich sei das eine Katastrophe. „Denn Fakt ist, es gibt die Selbstanwender-Tests noch gar nicht, das wird frühestens Anfang März kommen“, sagt sie. In Österreich seien die Tests auch für den professionellen Anwender ausgelegt und würden einfach über die „Krücke“ der Selbstverpflichtungserklärung an den Laien abgegeben, warnt sie. Für den Laien sei das im Schadensfall eine undurchdringliche Konstellation. In Deutschland ist man langsamer, glaubt aber, gründlicher zu sein.

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