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#Das Eigentum gerät in Verruf

Das Eigentum gerät in Verruf

Eigentum hat es in Deutschland derzeit schwer. Wer etwas besitzt und daran ein Recht einfordert, erregt Anstoß – zumindest bei bestimmten politischen Gruppierungen. Mit einem Federstrich würde so mancher zum Beispiel den Erfindern der Covid-Impfstoffe das geistige Eigentum an ihren Forschungsergebnissen entziehen – zum Wohle der Allgemeinheit. In Berlin wird nach der Ankündigung der Fusion der beiden Wohnungskonzerne Deutsche Wohnen und Vonovia wieder über deren Enteignung gestritten. Die Grünen, die SPD und die Linke wollen im Falle eines Wahlsiegs die Vermögensteuer einführen. Als reine Substanzbesteuerung ist auch sie nichts anderes als eine Enteignung. Die nicht enden wollende Corona-Krise ist die Zeit der Staatsgläubigkeit.

Inge Kloepfer

Freie Autorin in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

„Eigentum hat schon mal größere Wertschätzung genossen“, sagte unlängst auch der Verfassungsrechtler Udo Di Fabio in einer Vortragsveranstaltung der Ludwig-Erhard-Stiftung. Er beobachte derzeit eine zunehmende Verbreitung antimarktwirtschaftlicher Affekte, ein wachsendes Staatsvertrauen und die Tendenz, den Gemeinwohlvorbehalt des Eigentums immer weiter auszudehnen. Das ist wahrscheinlich richtig, aber neu ist es nicht. Denn in Wellen hat die Eigentumsdebatte Deutschland immer wieder überrollt. 1983 zum Beispiel forderte die IG Metall eine Vergesellschaftung der Stahlindus­trie. 2019 schleuderte der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert – wahrscheinlich mit noch jugendlichem Leichtsinn – die Forderung nach der Vergesellschaftung großer Konzerne wie BMW in die Debattenwelt. Auf große Zustimmung stieß er gesellschaftlich nicht. Wahrscheinlich hatte er unterschätzt, dass auch für weniger begüterte Bürger Privateigentum einen gewissen Wert besitzt.

Eigentum bedeutet Freiheit

Die öffentliche Akzeptanz des Eigentums – nicht zuletzt als einer Möglichkeit der Selbstbestimmung – ist bei all den politischen Vorstößen womöglich höher, als sich so manch einer denkt. Allerdings gibt es dazu kaum Studien. Man weiß, dass 50 Prozent der Mieter gerne Eigentümer wären, und könnte darauf schließen, dass diese Menschen dem Eigentum eher positive als negative Eigenschaften zuordnen. Es gibt eine Umfrage aus Allensbach, nach der 63 Prozent der repräsentativ Befragten glauben, dass Eigentum Freiheit bedeutet, und immerhin noch 50 Prozent davon überzeugt sind, dass es den Erwerbsdrang befeuert. Nur 21 Prozent befürchten, dass Vermögen den Charakter verderbe.

Das Gros der Bevölkerung verfolgt Debatten um das Eigentum mit einer gewissen Gelassenheit. Und liegt damit womöglich nicht ganz falsch. Anfang Mai dieses Jahres hat das Berliner Wirtschaftsforschungsinstitut DIW eine Untersuchung zur Entwicklung der Einkommensunterschiede veröffentlicht, die Erstaunliches zutage förderte: dass nämlich die Einkommensunterschiede in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten nicht gestiegen seien. Selbst die Pandemie habe bisher nicht zu wachsender Ungleichheit geführt. Für die Bildung von Eigentum spielt Einkommen eine gewisse Rolle. Und doch ist es zweierlei.

Das Institut hatte im vergangenen Jahr auch eine Studie zu den Hochvermögenden herausgebracht und festgestellt, dass die Vermögensverteilung ungleicher sei als bisher ausgewiesen. Das reichste Prozent der Bevölkerung vereint nach neuen Daten des Instituts 35 Prozent des gesamten Vermögens in Deutschland auf sich und nicht, wie bisher angenommen, 22 Prozent. Dabei, auch das schreibt das DIW, gelte allerdings zu beachten, dass vor allem in Ländern mit einem sehr guten sozialen Sicherungssystem der private Vermögensaufbau zur Vorsorge eher niedrig ist.

„Privates Eigentum ist wichtig“

Den Jenaer Soziologen Hartmut Rosa, der mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgesellschaft ein umfangreiches Projekt zum „Strukturwandel des Eigentums“ aufgesetzt hat, wundert die hohe Akzeptanz von Eigentum ungeachtet der hohen Vermögensungleichheit nicht. „Es gibt eine breite gesellschaftliche Überzeugung, das privates Eigentum wichtig ist“, sagt er. Immerhin sei es über Jahrhunderte eine prägende abendländische Vorstellung gewesen, dass Gesellschaften im Idealfall aus einer Vielzahl kleiner Eigentümer bestünden.

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