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#Das Erbe der Gewalt lastet auf Nordirland

In der Altstadt von Derry ziehen die Touristen über die 400 Jahre alte Stadtmauer und schlendern zur Kathedrale auf dem Hügel. Ein friedliches Bild. Aber in Derry – offiziell: Londonderry – ist auch die dunkle Seite der Geschichte, der Nordirlandkonflikt, sehr präsent.

Noch heute sind die berühmte Wandmalerei „You Are Now Entering Free Derry“ und IRA-Embleme im Arbeiterviertel Bogside zu sehen. Hier begannen „The Troubles“, die blutigen Zusammenstöße zwischen katholischen Nationalisten, die für die Wiedervereinigung mit der Republik Irland kämpften, und protestantischen Unionisten, die Teil des Vereinigten Königreichs bleiben wollten. In der Bog­side brachen 1969 die ersten Großproteste und Straßenschlachten mit der Polizei aus. Am „Bloody Sunday“ 1972 richteten britische Soldaten ein Massaker mit 14 Toten unter den Demonstranten an.

Mehr als 10.000 Bomben explodierten in Nordirland im Laufe des dreißigjährigen Konflikts. „Es sah in Derry zeitweise aus wie in einer Kriegszone“, erinnert sich Jim Roddy, der damals als Feuerwehrmann arbeitete. Fast jede Woche knallte und brannte es, dann musste Roddy mit der Feuerwehr ausrücken. Er will nicht darüber sprechen, was er damals genau gesehen hat.

Heute leitet der Mittfünfziger die City Centre Initiative, die sich der wirtschaftlichen Entwicklung der 110.000-Einwohner-Stadt widmet. Roddy hat ein kleines Büro in einem Zweckbau nahe der Stadtmauer. „Derry ist eine der am meisten von Armut betroffenen Städte Irlands und Großbritanniens“, sagt er und seufzt. In den grauen Reihenhaussiedlungen rund ums Zentrum herrscht Tristesse.

Die Attentate der IRA sind weiter präsent

Ein paar Hundert Meter weiter sitzt Stephen Kelly im City Hotel. Der 50 Jahre alte Kelly ist Vorsitzender des Industrieverbands Manufacturing NI, der 500 nordirische Unternehmen repräsentiert. Auch er hat die Schrecken der Troubles hautnah erlebt. „Einmal bin ich fast in die Luft geflogen, als im Wohnblock meiner Großmutter in der Etage über uns eine Bombe hochging“, erzählt er.

Jeder etwas ältere Mensch in Nordirland hat Erinnerungen an Attentate der Irish Republican Army (IRA) und unionistischer Paramilitärs. Insgesamt kamen mehr als 3000 Menschen um, zehnmal so viele wurden verletzt – eine enorm hohe Opferzahl in einer Region mit nicht mal zwei Millionen Einwohnern.

Über den Fluss Foyle in Derry spannt sich die lange, geschwungene „Friedensbrücke“, die an das Karfreitagsabkommen von 1998 erinnert. Es setzte der Gewalt weitgehend ein Ende. Zerstörte Häuser sind repariert, doch viele Menschen tragen bis heute Narben davon, nicht wenige sind innerlich gebrochen. In Belfast und einigen anderen Orten stehen noch immer sogenannte Friedensmauern und Zäune, die verfeindete Viertel trennen.

Berühmte Wandmalerei: „Sie betreten jetzt das freie Derry“


Berühmte Wandmalerei: „Sie betreten jetzt das freie Derry“
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Bild: AFP

Zum 25. Jahrestag des Karfreitagsabkommens am 10. April werden irische und britische Politiker und Bürger den Friedensschluss feiern. Sogar US-Präsident Joe Biden kommt etwas später zu Besuch in beide Teile der grünen Insel. „Nordirland hat enorm profitiert“, sagt Industrievertreter Kelly. „Keine Bomben, keine Schießereien mehr, vieles ist neu aufgebaut worden. Wir waren enorm erleichtert und vieles hat sich gebessert seitdem.“

Und doch ist er enttäuscht, dass das Friedensabkommen nicht auch den erhofften großen Wirtschaftsaufschwung gebracht hat. „Sehen Sie, die Wirtschaft in der Republik Irland hat sich seit den Neunzigern so entwickelt“, sagt Kelly und malt mit der Hand eine steile Aufwärtskurve in die Luft. „Und die Wirtschaft in Nordirland lief so.“ Er zeichnet eine nur schwach steigende Linie.

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