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#Das Land, das Putin vernichten will

„Das Land, das Putin vernichten will“

Es ist der 24. Februar 2022, der Darias Leben verändert. In den frühen Morgenstunden fliegen russische Raketen auf Kiew. Der Krieg in der Ukraine tritt in eine neue Phase ein. Daria und ihr Mann fliehen nach Deutschland. Mit dem Smartphone nimmt sie während der Flucht die Geräusche der Geschosse und Explosionen auf, schickt sie als Audionachricht an ihre Verwandten in Moskau. Die glauben nicht, dass Russland Zivilisten angreift. Sie vertrauen auf die Staatsnachrichten, die von einer „Spezialoperation“ berichten, mit der die Ukraine von „Nazis“ befreit werden soll.

Darias Familie ist nicht die einzige, die am Krieg zerbricht. Onkel, Brüder, Cousinen schenken der Propaganda mehr Glauben als ihren Verwandten. Darias Vater bricht schließlich den Kontakt zu seinem Bruder in Russland ab, die Oma ruft ihren Sohn nicht mehr an.

Mit Darias Geschichte beginnt die heute in der Podcastserie „Terra X Geschichte“ erscheinende Audio-Doku „Ukraine – Der Riss“ (zu hören unter anderem bei Spotify). In den sechs Episoden erzählen Menschen aus der Ukraine und Russland ihre Geschichten. „Oral History“ heißt die Methode. Zusätzlich spricht der Moderator Mirko Drotschmann mit Historikern, welche die sehr persönlichen Erzählungen einordnen. Er will wissen: Wie kam es zu diesem Krieg? Stimmt die Legende von den Brüdervölkern – Russen und Ukrainern?

Schilderungen werden sehr emotional

Der Podcast richtet sich offensichtlich an jüngere Hörer, die verstehen wollen, was da gerade im Osten Europas passiert. Zu Beginn jeder Folge gibt es eine Trigger-Warnung: „Es wird in diesem Podcast auch um Krieg, um Terror, um Flucht und Tod gehen. Bitte gebt auf euch Acht, wenn ihr ihn hört.“ Der Stand der Folgen wird mit Ende September 2022 angegeben. Und es werden ukrainische Ortsnamen genutzt: Kyjiw statt Kiew, Tschornobyl anstelle von Tschernobyl. Die Stärke des Podcasts ist die Konzentration auf jeweils eine Person. In jeder Folge lernen die Hörer einen neuen Protagonisten kennen, jede Folge setzt einen anderen Schwerpunkt. Die Interviewten geben ihre Sicht auf die Geschehnisse in der Ukraine wieder, Historiker und Osteuropafachleute geben ein breiteres Bild, ordnen das Subjektive ein. In der ersten Episode geht es um die 32 Jahre alte Daria und den Riss in ihrer Familie. Es wird die jüngere Geschichte der Ukraine behandelt. Drotschmann und die Historiker sprechen über Bandera, die Ukraine im Zweiten Weltkrieg und die Wurzel des dortigen Nationalismus.

Zu Wort kommen ganz verschiedene Menschen, die teils sehr emotional werden während ihrer Schilderungen. So erzählt die 27 Jahre alte Anna in der zweiten Folge, wie sie die Maidan-Proteste 2013 als Studentin erlebt hat und sich entscheiden musste, ob sie bereit ist, für die Revolution ihr Leben zu riskieren. In Episode drei spricht die Mittfünfzigerin Kristina aus Donezk, als Gegenpol zu Anna. Die eigentlich unpolitische Kristina schließt sich im Frühjahr 2014 einer prorussischen Demonstration an. Sie besorgt der europäische Kurs Kiews, die Abkehr von Russland. Doch dann bricht der Krieg im Donbass aus. Ihre Hoffnung, dass Moskau Stabilität und Frieden bringt, wird enttäuscht. In weiteren Folgen geht es um die Rolle der orthodoxen Kirche oder das Reaktorunglück von Tschernobyl.

Drotschmann führt gut durch die Sendungen, greift schon Erzähltes wieder auf. Wird ein neues Thema angeschnitten, weist er auf die Folgen hin, in denen ausführlicher auf das Sujet eingegangen wird. Nie hat der Hörer das Gefühl, den Faden zu verlieren. Bemerkenswert ist auch die Anzahl der Fachleute aus Deutschland und der Ukraine, die zu Wort kommen. Problematisch wird es allerdings, wenn zum besseren Verständnis für die Hörer die Differenzierung verloren geht und Drotsch­mann pauschal zusammenfasst.

So geht es etwa in Folge zwei um die politischen Prozesse in der Ukraine. Die Orangene Revolution 2004 wird mit dem demokratischen Verständnis erklärt, das die Ukrainer in den Neunzigerjahren erlernt haben. Es klingt, als sei die Ukraine eine Demokratie wie Deutschland gewesen – bis ein von Russland unterstützter autoritärer Politiker an die Macht wollte. Die Erklärung, dass ein nichtautoritäres System nicht gleich einer Demokratie nach westlichem Vorbild entspricht, fehlt. Der Einfluss der Oligarchen auf das politische System wird ebenso ausgespart.

Diese Vereinfachung lässt beim Hörer ein falsches Bild entstehen. Dennoch ist die Sendung „Ukraine – Der Riss“ durchaus hörenswert für alle, die sich bisher nicht mit dem osteuropäischen Land beschäftigt haben. Viele Aspekte, die wichtig sind, um zu verstehen, wie es zu dem Krieg in und gegen die Ukraine kam, werden angesprochen und erklärt. Die persönlichen Erzählungen machen es einfacher, die Geschichte und Umbrüche zu verstehen.

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