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#„Das Regime hat keine Überlebenschance“

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„Das Regime hat keine Überlebenschance“

Im Ort Schdanowitschi nahe Minsk hat die belarussische Polizei gerade eine Mutter von fünf Kindern wegen „aktiver Protesttätigkeit“ festgenommen. Ihr Mann erhielt am selben Abend zehn Tage Arrest, angeblich wegen einer weiß-rot-weißen Protestfahne im Fenster. Am Dienstag wurde bekannt, dass eine zu zwei Jahren Haft verurteilte Journalistin ohne Wissen ihrer Familie von einem Untersuchungsgefängnis ins nächste verlegt wurde. Katerina Borissewitsch hatte enthüllt, dass ein im November zu Tode geprügelter junger Mann nüchtern war und nicht betrunken wie das Regime von Alexandr Lukaschenka behauptet; sie wurde eine von bald 300 politischen Gefangenen.

Friedrich Schmidt

Es könnten Tausende werden, die Strafverfahren laufen schon. Sicherheitskräfte, die Lukaschenka-Gegner verprügeln, vergewaltigen, töten, können auf Straffreiheit und Dank des Regimes bauen. Anwälten, die politische Gefangene verteidigen, wird die Zulassung aberkannt. Einige Gefangene sind in der Haft aus Verzweiflung in den Hungerstreik getreten, haben sich die Pulsadern aufgeschnitten.

„Die Wut ist noch da“

Wenn Pawel Latuschka in seinem polnischen Exil solche Nachrichten aus seinem Heimatland Belarus liest, ist es für ihn „wie ein Lagebericht von der Front“. Den Kriegsherrn kennt Latuschka gut: Unter Lukaschenka wirkte er als Botschafter in Polen, Frankreich, Spanien und Portugal, war Kulturminister und zuletzt Leiter eines Theaters in Minsk. Als sich Latuschka auf die Seite der Demonstranten gegen die Fälschung der Präsidentenwahl vom vergangenen August schlug, musste er vor Lukaschenkas Häschern nach Polen fliehen.

Pawel Latuschko, ehemaliger Kulturminister und jetziger Oppositionspolitiker in Belarus, im August 2020 in Minsk


Pawel Latuschko, ehemaliger Kulturminister und jetziger Oppositionspolitiker in Belarus, im August 2020 in Minsk
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Bild: dpa

Der Diktator sagte, Latuschka habe „eine rote Linie überschritten“. Gegen den früheren Minister laufen in Belarus drei Strafverfahren. Latuschka wurde Mitglied im Vorstand des Koordinationsrats der Lukaschenka-Gegner um Swetlana Tichanowskaja, die den Sieg in den Wahlen beansprucht. Aus Warschau kämpft er für das Ende der Diktatur, in Gesprächen mit Menschen in der Heimat, westlichen Politikern, in Interviews. „Das Regime hat keine Überlebenschance“, sagt Latuschka im Zoom-Gespräch mit der F.A.Z. „Es ist nur eine Frage der Zeit und des Preises, den die Belarussen dafür bezahlen, dass das Regime unser Land weiter schlägt.“ Gerade will sich die in Litauen exilierte Tichanowskaja in einer Online-Abstimmung ein Mandat dafür holen, um Verhandlungen mit Lukaschenka aufzunehmen.

Latuschka und seine Mitstreiter, die er in einer „Volksantikrisendirektion“ versammelt, unterstützen den Schritt, sehen aber die Gefahr, dass Lukaschenkas Propaganda eine nicht ausreichend hohe Beteiligung für ihre Zwecke nutzen könnte. Vor allem sind sie überzeugt, dass Lukaschenka derzeit keinerlei Anreiz habe, zu verhandeln: Der Diktator erkenne ausschließlich starke Gegner an, werde erst über einen Rückzug sprechen, „wenn wir ihn an die Wand drücken können“. Daher müsse man den Druck erhöhen, über neue Proteste im Inneren des Landes und von außen über „echte“ Sanktionen gegen das Regime.

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Dabei stimmt die Lage im Inneren von Belarus Latuschka hoffnungsvoller als die an der äußeren Baustelle. Trotz der „in der Geschichte Europas der vergangenen 40 Jahre beispiellosen Repressionen gegen das belarussische Volk“ sei der Protest noch da; die Wut auf das Regime sei angesichts der Unterdrückung noch gewachsen. Latuschka berichtet, er spreche täglich mit Aktivisten, welche die Protestbewegung „in den Höfen“ der Wohnviertel am Leben erhalten, in Partisanen-Tradition. „Die Mehrzahl von ihnen ist bereit, auf die Straße zu gehen. Manche warten auf ein Signal. Manche sagen: Ja, ich habe Angst. Denn wenn du festgenommen wirst, drohen mehrere Jahre Gefängnis. Aber ich bin sicher, dass es Proteste geben wird.“

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