Nachrichten

#Denn es ist uns ein Kind geboren

Inhaltsverzeichnis

Denn es ist uns ein Kind geboren

Blockflöten, Schalmeien und Dudelsäcke, von Streichinstrumenten imitiert: Die weihnachtliche Hirten-„Pifa“ in Händels „Messias“ ist nicht nur eine delikate Klangumschreibung, sondern vor allem ein Moment entspannter Lagerfeuerintimität innerhalb der zeitenumgreifenden Heilsgeschichte des Oratoriums. In Justin Doyles Aufnahme mit dem Rias Kammerchor und der Berliner Akademie für Alte Musik wird daraus kaum mehr als eine knappe Zäsur: ganze elf Takte, weniger als eine Minute. Hans-Christoph Rademann, der dieser Berliner Einspielung mit seiner Gaechinger Cantorey knapp vorausging, hat es anders gehalten: Bei ihm erklingt die Hirtenmusik dreiteilig mit sanft kontrastierendem Mittelteil und zeitlich entsprechend länger. Die Editionen lassen beide Möglichkeiten zu, weil schon der Komponist selbst oft aufführungspraktische Varianten mitdachte und hinterließ.

Mancher wird die kleinen Freuden, die man sich als Musikhörer im großen Elend fehlender Live-Veranstaltungen und anbefohlener kommunikativer Verödung noch sichern kann, als erbärmliche Surrogate ansehen. Doch den Sprachunterschieden und verschiedenen Welt- und Werthaltigkeiten analoger Aufnahmen nachzugehen ist vielleicht doch mehr als eine bloße Ersatzhandlung und kann bei geeignetem Hörstoff sogar ein intellektueller Gewinn werden – gerade in der Alten Musik mit ihren veränderungsoffenen Ablaufdramaturgien, Instrumentalbesetzungen und Ensemblestärken.

Ein Verbindendes der beiden „Messiah“-Neuaufnahmen ist, dass sie zwar im Studio entstanden sind, aber in keinem Takt steril-konservenhaft daherkommen und insofern zumindest einen Abglanz der bitter vermissten Live-Atmosphäre in das einsame häusliche Hören hinüberzutragen vermögen. Das hat in beiden Fällen weniger damit zu tun, dass hier wie dort Konzertaufführungen das Vorfeld absicherten, sondern mit einer Qualität, die beide Interpretationen über alle Unterschiede hinweg miteinander verbindet: eine Ohren und Herzen direkt ansprechende Verlebendigung, die das Oratorium nicht als religiös untersetzten Festakt, sondern als intime Zwiesprache zwischen Musikern und Hörern begreift und auf einen Resonanzraum rechnet, in dem nicht nur geglaubt und angebetet, sondern mitgefühlt und geantwortet wird.

Nahezu tänzerischen Rhythmisierungen

Was dann den Unterschied zwischen Stuttgart und Berlin ausmacht, sind Ton und Färbung der Erzählung, wofür der Umgang mit der „Pifa“, diesem selig verweilenden Komma der Riesenpartitur, ein schönes Beispiel ist: Unter Rademann erklingt sie, gleichsam aus der Zeit genommen, weich konturiert wie aus nachtdämmeriger, mild sternüberglänzter Ferne und umfängt uns mit einer Atmosphäre sanfter Besinnlichkeit. Bei Doyle dagegen begegnet sie uns, füllig registriert, energischer artikuliert, zwar knapper, aber gleichzeitig festlicher, weniger selbstverloren, fast möchte man sagen: offizieller.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!