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#Der Blick zu den Sternen weist den Weg

„Der Blick zu den Sternen weist den Weg“

Im Februar 2007 statteten Forscher eine weibliche Pfuhlschnepfe an der Küste Neuseelands mit einem Sender aus. Wenig später, am 17. März, begab sich der Vogel auf Reisen und flog nonstop 10.270 Kilometer ans Gelbe Meer. Der Trip dauerte eine Woche. Am 1. Mai brach E7, so der Name des Tiers, abermals auf und legte in viereinhalb Tagen eine Strecke von 6510 Kilometern ins Brutgebiet nach Alaska zurück. Ohne Rast, versteht sich. Wie die Schnepfe dort ihre Zeit verbrachte, ob sie Nachwuchs gezeugt und großgezogen hat, ist nicht bekannt. Allerdings verließ sie am 30. August das Yukon-Delta und flog 11.690 Kilometer ohne Unterbrechung in 197 Stunden zurück nach Neuseeland.

Diese Leistung erschien so außergewöhnlich, dass sie nicht nur unter Wissenschaftlern diskutiert, sondern auch in der Tagespresse vermeldet wurde. Vor zwei Jahren hat eine männliche Pfuhlschnepfe dann nachgelegt: 12.200 Kilometer ohne Pause in 224 Stunden. Dank technischer Verfahren wie der Radio- und Satellitentelemetrie gewinnen wir immer genauere Einblicke in avifaunistische Routinen. Während noch Mitte des neunzehnten Jahrhunderts die schon in der Antike geäußerte Meinung vorherrschte, Schwalben würden Winterschlaf halten, sind die absurdesten Mythen mittlerweile ad acta gelegt, denn heute gehören Vögel zu den am besten erforschten Tieren überhaupt.

In sieben Tagen von Nordrhein-Westfalen nach Portugal

Insofern sollte es nicht verwundern, dass laufend Rekorde bekannt gegeben werden. Die Küstenseeschwalbe etwa wiegt gerade einmal zwischen 85 und 125 Gramm, hat jedoch die längsten Wanderstrecken aller Zugvögel. Sie brütet in der Arktis und überwintert auf der Südhalbkugel am Rand der Packeiszone. Jährlich legt sie bis zu 90.000 Kilometer zurück. Steinschmätzer, die von Alaska aus ins östliche Afrika ziehen, bewältigen mit 14.000 Kilometern den weitesten Zugweg aller Singvögel. Wie das funktionieren kann, woher eine Gartengrasmücke weiß, wann sie wohin fliegen muss, welche Nahrung sie am besten fressen sollte, um ein Fettpolster anzulegen, welche Bedeutung der Rast, ökologischen Barrieren und physiologischen Anpassungen zukommt – all das beschreibt der Zoologe Franz Bairlein in seiner Monographie über den Vogelzug.

Franz Bairlein: „Das große Buch vom Vogelzug“. Eine umfassende Gesamtdarstellung.


Franz Bairlein: „Das große Buch vom Vogelzug“. Eine umfassende Gesamtdarstellung.
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Bild: Aula Verlag

Nun gibt es bereits einige hervorragende Abhandlungen zum Thema, etwa von Thomas Alerstam oder Bairleins Doktorvater Peter Berthold. Nimmt man wissenschaftliche Publikationen hinzu, kommt schnell eine kleine Spezialbibliothek zusammen. Was ließe sich also ergänzen? Bairlein, der von 1990 bis 2019 Direktor des Instituts für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland“ in Wilhelmshaven war, befasst sich im Gegensatz zu seinen Kollegen ausführlich mit dem Zug in Deutschland. Das erscheint begründet, denn 55 Prozent der mehr als 500 bei uns nachgewiesenen Arten unternehmen regelmäßige Wanderungen. Der Autor stellt ausgewählte Spezies vor und erläutert deren jeweiliges Streckennetz.

Die Beringung bleibt unverzichtbar

Dabei ist etwa zu lernen, dass die Mönchsgrasmücke ein besonders komplexes Zugverhalten hat: Von München über Halle an der Saale bis nach Rostock verläuft eine Linie, die den Bestand in westlich und östliche ziehende Vögel trennt. Zugleich überwintern einige Individuen inzwischen auf den Britischen Inseln, andere fliegen direkt Richtung Süden. Wer mit der Materie nicht vertraut ist, für den wird der Abschnitt eine wahre Fundgrube sein. Jene Leser jedoch, die den von Bairlein 2014 mitherausgegebenen „Atlas des Vogelzugs“ kennen, werden hier kaum auf Neues stoßen.

Streckenweise wirken die referierten Zahlen wie ein Ranking oder Best-of. Das schadet allerdings nicht, denn zum einen verdeutlichen sie, was Vögel leisten können, zum anderen erlauben sie Vergleiche: „So war eine in Nordrhein-Westfalen beringte Heckenbraunelle bereits 7 Tage später in Portugal erlegt worden, was eine mittlere Reisegeschwindigkeit von 293 km/Tag ausmacht, ein Fitis aus Finnland war 47 Tage später in S-Afrika (218 km/Tag) oder eine in Hessen beringte Rauchschwalbe nach 36 Tagen in Tansania (188 km/Tag).“ Übrigens hat die Pfuhlschnepfe E7 den Weg von Alaska nach Neuseeland mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 59 Kilometer pro Stunde absolviert.

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