#Der Chansonnier Salvatore Adamo wird achtzig

Im Jahr 1967 veröffentlichte der damals vierundzwanzigjährige Salvatore Adamo ein Chanson, das man von ihm nicht erwartet hätte – denn bekannt geworden war der Sänger vor allem mit Liebesliedern, in denen er mal glasklar, mal mit rauem Timbre von kritischen Blicken des zukünftigen Schwiegervaters oder dem Ge­sicht einer schönen Verschwundenen singt, das er in den Sand malt, ehe es zum großen Jammer des liebeskranken Künstlers von den Wellen weggespült wird.

Aber dann schrieb Adamo unter dem Eindruck des Sechstagekrieges ein Lied, das zum erfolgreichsten politischen Song im Frankreich der Sechzigerjahre wurde: Mit „Inch’Allah“ stand er in Frankreich und Belgien monatelang auf den ersten Plätzen der Hitparaden, sogar in Deutschland brachte es das Lied auf Platz achtzehn.

Charakteristisches Tremolo

In vielen arabischsprachigen Ländern wurde „Inch’Allah“ dagegen verboten – denn es ging darin um Israel, um Jerusalem, um den Mohn auf den Felsen eines kargen Landes, um ein Requiem für sechs Millionen ermordete Juden und um das Wunder, dass in der Wüste sechs Millionen Bäume gewachsen seien. Adamo wollte „Inch’Allah“ als Friedenslied verstanden wissen, aber spätestens die Zeile „Sur cette terre d’Israël, il y a des enfants qui tremblent“ über die Kinder, die voller Angst auf israelischem Boden leben, sorgte für die Absetzung des Liedes in jenen Ländern, die alles dafür taten, dass es keinen „israelischen Boden“ mehr geben würde.

Als Adamo mit „Inch’Allah“ einen seiner größten Hits schrieb, war er bereits einer der weltweit erfolgreichsten Musiker seiner Generation: Im Jahr 1964 hatten, wenn man den einschlägigen Musikfachzeitschriften glauben darf, angeblich nur die Beatles mehr Schallplatten verkauft als er. Im Laufe seiner Karriere sind zwanzig Millionen Singles und hundert Millionen Alben zusammengekommen.

Vermutlich waren es dabei weniger die politischen Songs, die Adamo so populär machten, als die Chansons, in denen er mit seinem charakteristischen Tremolo und leichtem Hall über verschwundene Frauen, fallenden Schnee und einsame Nächte sang, wobei er stets von einem massiven Aufgebot von Geigen und Hintergrundsängerinnen unterstützt wurde. Emotionale Zurückhaltung war nicht seine Sache; die Gefühle sind in seinen Chansons größer als der Eiffelturm und zerrissener als der Sturmhimmel über Paris im November.

Eine ganze Generation von eigentlich um Coolness bemühten Franzosen kämpfte, wenn Adamo sang, vor dem Schallplattenspieler mit den Tränen, wie es ihnen sonst nur bei Chansons wie „Je l’aime à mourir“ des zehn Jahre jüngeren Francis Cabrel passierte, der Ende dieses Monats ebenfalls einen runden Geburtstag feiert.

Adamo ist von Charles Aznavour ebenso geprägt wie von den italienischen Canzonette. Dort, in Italien, wurde Adamo 1943 als Kind eines Sizilianers geboren, der nach dem Krieg nach Belgien auswanderte und sich als Bergarbeiter verdingte. 1960 gewann Adamo mit dem selbst geschriebenen Chanson „Si j’osais“ einen Wettbewerb von Radio Luxemburg. Wenige Jahre später wurde er schon als „neuer Az­navour“ gefeiert, und die Kollegen überschlugen sich mit Lob: Adamo, sagte Jacques Brel, sei „ein zärtlicher Gärtner, dessen Blumen die Wildheit und Frische des roten Mohns haben“. Am heutigen Mittwoch wird dieser Gärtner des Chansons achtzig Jahre alt.