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#Der große Irrtum über die Rente

Der große Irrtum über die Rente

Pünktlich zu den Koalitionsverhandlungen bricht die schöne neue Renten-Welt an. Zum einen steigen die Altersbezüge dank der Corona-Pandemie kräftig an, weil sich der krisenbedingte Rückgang der Lohnsumme nicht auf sie auswirkte, der anschließende Wiederaufstieg sehr wohl. Den „Nachholfaktor“, der diesen Effekt verhindern sollte, hatte schon die Vorgängerregierung ausgesetzt.

Zum anderen versprechen die Ampel-Koalitionäre, die Altersversorgung mithilfe des Kapitalmarkts auch in Zukunft bezahlbar zu halten: Die staatliche Rentenkasse soll künftig einen Kapitalstock in Wertpapieren anlegen, um für die Phase gewappnet zu sein, in der die geburtenstärksten Jahrgänge in Rente gehen, bevor sich die Lage irgendwann wieder entspannt. Zudem soll es einen staatlichen Fonds geben, in den die Leute für die private Vorsorge einzahlen, sofern sie sich nicht aktiv dagegen entscheiden.

Konflikt der Weltanschauungen

Die Kombination aus beiden Elementen, staatlich und privat, Umlage und Vorsorge, ist in dieser Form neu und dem lagerübergreifenden Charakter des künftigen Regierungsbündnisses geschuldet. Jahrzehntelang prallten, mit wechselnden Konjunkturen, bei der Altersvorsorge zwei Weltanschauungen aufeinander.

In der Zeit um die Jahrtausendwende galt die gesetzliche Rente als kaum noch zu rettendes Auslaufmodell. Wer konnte, kaufte mit seinem Geld lieber Aktienfonds oder steckte es in private Vorsorgeverträge. Dieses Prinzip bekam durch das Platzen der Dotcom-Blase erste Schrammen, in Verruf geriet es mit der Finanzkrise 2008. Dass Depot, Bankkonto oder Lebensversicherung auch nicht für alle Zeiten sicher sind, ging erst damals vielen auf.

Hinzu kamen die sinkenden Zinsen. Auf einmal rechneten sogar Anlageberater vor, dass freiwillige Einzahlungen in die staatliche Rentenkasse doch immer noch bessere Renditechancen böten als die Angebote der Versicherungen mit ihren schwindenden Garantiezinsen und vergleichsweise hohen Abschlussgebühren.

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Geld lässt sich nicht konservieren

Dabei argumentierten die Anhänger stets, als hätte ihr Modell jeweils Ewigkeitswert, als sei es den Zeitläuften auf Dauer entrückt. Durch das Umlagesystem sei die Staatsrente, so deren Verfechter, von schwankenden Zinsen, Inflationsraten oder Aktienkursen komplett unberührt.

Die private Vorsorge, behaupteten hingegen deren Anhänger, sei komplett demographiefest, schließlich liege das benötigte Kapital schon auf dem Konto oder im Depot, wenn es gebraucht werde – als lasse sich das Geld, eine der fantastischsten, aber auch flüchtigsten Errungenschaften der Zivilisation, so problemlos konservieren wie ein Ötzi im ewigen Eis.

Für alle Zeiten sicher ist aber keines der beiden Modelle, in letzter Konsequenz beruhen sie auf ein und derselben Voraussetzung: der Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft zu dem Zeitpunkt, zu dem die Versicherten ihr Ruhegeld beziehen wollen.

Letzte Sicherheit gibt es nicht

Beim gesetzlichen System ist das unübersehbar. Dass es der staatlichen Rentenkasse zuletzt besser ging als in langfristigen Prognosen vorausgesagt, lag vor allem an der guten ökonomischen Entwicklung im zurückliegenden Jahrzehnt, an steigenden Löhnen, wachsenden Beschäftigtenzahlen und der erfolgreichen Integration von Einwanderern in den Arbeitsmarkt.

Bei der privaten Vorsorge lässt sich das Risiko zwar breiter streuen, ein Depot mit amerikanischen Tech-Aktien oder chinesischen Aufsteiger-Werten macht den Wohlstand im Alter etwas unabhängiger von der Entwicklung in Deutschland und Europa. Aber auch hier bleibt die Weltwirtschaft ein entscheidender Faktor. Und auf Amrum oder am Tegernsee müssen Infrastruktur und Dienstleistungen auch zur Verfügung stehen, um mit dem Geld etwas anfangen zu können.

Es wäre deshalb falsch, die Rentenpolitik in den Koalitionsverhandlungen als isoliertes Thema zu behandeln. Viel wichtiger für die Sicherheit der künftigen Altersbezüge sind die Fortschritte auf anderen Feldern, bei der Digitalisierung etwa oder beim erfolgreichen Umstieg auf eine klimafreundliche Wirtschaft, bei Arbeit und Beschäftigung insgesamt. Wenn das gelingt, werden sich die Rentenprobleme irgendwie lösen lassen. Anderenfalls werden auch Nachholfaktoren oder Aktienpolster nicht allzu viel helfen.

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