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#Der Irrsinn der Zehn-Punkte-Pläne

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Der Irrsinn der Zehn-Punkte-Pläne

Jetzt haben sie wieder Hochkonjunktur, die Zehn-Punkte-Sofortprogramme. Fünf Wochen vor der Bundestagswahl geht kaum noch etwas ohne sie. Die Grünen sind Marktführer. Deshalb gibt es von ihnen in diesem Jahr gleich zwei davon: ein Klimaschutzsofortprogramm in zehn Schritten und als Zugabe „10 Punkte für Grünes Regieren“.

Rainer Hank

Freier Autor in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Werfen wir einen kurzen Blick in die Texte der Grünen: 1. Erneuerbare Energien schneller ausbauen. 2. Den Kohleausstieg auf 2030 vorziehen. 5. Mobilitätswende beschleunigen. 10. Klimaaußenpolitik vorantreiben. Das Prinzip wird deutlich. Nichts kommt wirklich überraschend, jedes Mal wird ein verbaler Beschleuniger eingebaut. Das soll heißen: Wir drücken aufs Tempo. Nicht ungeschickt gemacht, finde ich, erst recht nach dem jüngsten Dringlichkeitstremolo des Weltklimarates.

Im Vergleich zum Klimaprogramm fallen die „10 Punkte für Grünes Regieren“ eher ab. Da heißt es zum Beispiel unter Punkt 6: „Soziale Sicherheit schaffen“. Wer wäre dagegen! Aber wie? Oder unter Punkt 10: „Fluchtursachen bekämpfen“. Das haben amerikanische und deutsche Militärs gerade zwanzig Jahre lang in Afghanistan versucht. Am Ende müssen wir jetzt mit einer neuen Flüchtlingswelle rechnen. Die Listen der anderen sind nicht besser. Etwa die „Zehn Punkte“ vom #teamLaschetSpahn unter der Überschrift „Für ein innovatives und lebenswertes Deutschland“. Besonders haben es mir die beiden letzten Punkte mit ihren vielen Großbuchstaben angetan: 9. Zusammenhalt STIFTEN. 10. Zukunftspartei SEIN. Donnerwetter.

Den Sozialstaat haben ohnehin alle Parteien auf dem Zettel. Die Linke macht ihn „sicher“, die Grünen wollen ihn erst schaffen, haben wohl nicht mitgekriegt, dass es ihn schon gibt. Die CDU will ihn „modernisieren“. Die SPD übrigens hat keinen Zehn-Punkte-Plan, sondern „Zwanzig Punkte gegen Steuerhinterziehung“. Der FDP ist nach drei Punkten die Puste ausgegangen. Beides könnte sich am 26. September rächen.

Es hätte mir von Anfang an klar sein müssen, dass es vergebliche Liebesmühe ist, aus Zehn-Punkte-Plänen inhaltliche Hilfestellungen für eine Wahlentscheidung bekommen zu wollen. Das ist nicht der Zweck dieser Literaturgattung, die redundant und unbestimmt bleiben muss, einerlei aus welcher politisch-ideologischen Ecke die Texte stammen. Doch warum versorgen uns die Parteien überhaupt mit derartigen Zehnerlisten? Mein Lieblingszitat dazu stammt aus der Badischen Zeitung vom 2. Juni 2012: „Der neue Bundesumweltminister Peter Altmaier hat einen Plan. Er kennt den Inhalt noch nicht, aber es werden zehn Punkte sein.“

Seit Mose nichts Neues

Eine Erklärung für derartige Absurditäten findet sich in einem Buch des ­Bremer Politikwissenschaftlers Philip Manow, das den schönen Titel trägt „Die zentralen Nebensächlichkeiten der Demokratie“. Der Zehn-Punkte-Plan gehöre zwingend zum „Repertoire der politischen Entscheidungssimulation“, schreibt Manow: Politiker wissen im Grunde, wie ohnmächtig sie sind (siehe Klima, siehe Afghanistan). Aber sie wissen auch, dass sie, frei nach dem Motto einer legendären Ford-Werbung, den Eindruck erwecken müssen: „Die tun was!“ Zehnerlisten sind in Manows Worten Instrumente zur „Rückerlangung des Anscheins von Souveränität, Instrumente aus dem reichen Kasten politischer Inkompetenzkompensation“.

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