#Der Kirchentag der Erschwernisse
„Der Kirchentag der Erschwernisse“
Der Himmel ist offen und weit“: Fast hätte dieses Kirchentagslied, das am Sonntag an der Weseler Werft am Frankfurter Mainufer gespielt wurde, das Zeug zur inoffiziellen Hymne an diesem teils verregneten Wochenende gehabt. Mit einem großen Gottesdienst unter freiem Himmel hat der nach Berlin 2003 und München 2010 erst dritte Ökumenische Kirchentag (ÖKT) in Frankfurt am Sonntagvormittag seinen Abschluss gefunden.
Kurz vor Beginn des Gottesdienstes, als wieder einmal dunkle Wolken aufzogen, verteilten die Kirchentagshelfer Regenponchos aus Plastik. Viele Zuschauer – nur 400 waren pandemiebedingt zugelassen – klappten ihre Regenschirme auf, einige wenige drückten sich unter das kleine Vordach des Tonmischers. Hartgesottene Gläubige trotzten dem Regen und klatschten mit. Mitsingen durften sie wegen der Corona-Auflagen nicht. Nur die Geistlichen, die durch den Gottesdienst führen sollten, Limburgs Bischof Georg Bätzing, Volker Jung, der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, und der griechisch-orthodoxe Erzpriester Radu Constantin Miron, blieben unter dem Bühnendach trocken.
Die Gäste, darunter der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD), waren auch gekommen, um Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu hören, der mit seiner Frau Elke Büdenbender nach Frankfurt gereist war. In seiner Rede kam der Bundespräsident gleich auf das aktuelle Thema dieser Tage zu sprechen, den Nahost-Konflikt und den wieder aufgeflammten Antisemitismus in Deutschland: „Lasst uns diesem Hass gemeinsam entgegentreten.“
Appell, gemeinsam dem Hass entgegenzutreten: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Frankfurt.
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Bild: dpa
Steinmeier sprach auch die gesellschaftlichen Verwerfungen infolge der Corona-Pandemie an. Bei vielen Menschen sei die Geduld erschöpft, tiefe Risse zögen sich durch die Gesellschaft. Man müsse wieder Brücken bauen „zwischen Menschen und Gruppen, die die Pandemie verfeindet hat“. Heilung dieser Wunden bedeute Wiederannäherung, „wo wir uns fremd geworden sind“, sagte der Bundespräsident, der sich durch den Regen, der auf das Bühnendach prasselte, nicht beirren ließ. „Der Prozess der gesellschaftlichen Versöhnung wird länger dauern als die 15Monate, die hinter uns liegen.“ Schon am Freitag, während des Festakts, hatte Steinmeier die Kirchen in Bezug auf die „quälend langsame Aufdeckung und Aufarbeitung“ der Missbrauchsskandale und der „Verbrechen an den Schwächsten unter uns, an Kindern und Jugendlichen“ scharf kritisiert.
Die Missbrauchsfälle waren eines der Themen der rund 100 meist digitalen Veranstaltungen des Kirchentags. Die Bibelarbeiten und Podien zu Themen wie Klimawandel – hier diskutierten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer – oder Friedenspolitik waren größtenteils vorproduziert. Im Falle der Debatte um Antisemitismus erwies sich das wegen der aktuellen Entwicklungen als Nachteil. Selbst die Festveranstaltung am Freitagabend im Kongresszentrum der Frankfurter Messe musste ohne Publikum stattfinden, konnte aber immerhin live übertragen werden. Den Himmelfahrtsgottesdienst am Donnerstag haben rund eine Million Menschen im Fernsehen verfolgt, insgesamt haben die Veranstalter circa 160000 Besucher auf ihrer Internetseite gezählt. Rund 100 Hauptamtliche haben den ÖKT vorbereitet, das Budget soll unter 18 Millionen Euro geblieben sein.
Programmatisch zentral waren einige Gottesdienste am Samstagabend, zu denen in limitierter Zahl sogar Besucher Einlass hatten. Katholische, evangelische, freikirchliche und orthodoxe Christen feierten Abendmahl, Eucharistie und Vesper – und luden sich gegenseitig nach „Gewissensentscheidung“ ein. Im katholischen Dom in Frankfurt erinnerte Stadtdekan Johannes zu Eltz vor rund 150 Anwesenden an die „Gegenwart Jesu Christi in der Feier von Abendmahl und Eucharistie“ und betonte damit das Gemeinsame der Konfessionen, ohne das Trennende in dieser vor allem für Katholiken wichtigen Frage zu vergessen.
Sängerinnen und Sänger des Ohmsteder Vokalensembles während des Schlussgottesdienstes des 3. Ökumenischen Kirchentags an der Bühne.
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Bild: dpa
Denn eine echte gemeinsame Mahlfeier, eine Interzelebration, ist nach katholischem Kirchenrecht nicht erlaubt. Das hatte Limburgs Bischof Bätzing bereits vor Monaten klargestellt, wobei er damals auch sagte: „Nichtkatholische Teilnehmende sollen sich als willkommene Gäste erfahren.“ Der frühere Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Müller, kritisierte dieses Zeichen ökumenischer Standortbestimmung als „Provokation des Lehramtes der katholischen Kirche“. Wohl wissend um solche Vorbehalte, kommentierte Stadtdekan zu Eltz am Samstagabend, es lägen noch „ökumenische Aufgaben vor uns“.
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