#Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk
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„Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk“
An den 5. September 2015 erinnert sich Andrij Melnyk gut. Es war der Tag, als Deutschland und Russland den Bau der Erdgasleitung Nord Stream 2 vereinbarten. „Es war wie ein Schlag für mich. Ich war sprachlos“, sagte Melnyk in seinem Büro in der ukrainischen Botschaft in der Mitte Berlins ganz nah am Deutschen Theater.
Anderthalb Jahre nach dem verdeckten Angriff Russlands auf die Krim und ihrer folgenden Annexion, dem kaum verhohlenen russischen Kriegseinsatz in der Ostukraine, dem Abschuss des Flugzeuges MH 17 durch die von Moskau geleiteten Separatisten mit fast 300 Toten, beschloss Deutschland den Bau einer zweiten Pipeline durch die Ostsee, die noch mehr russisches Gas unter Umgehung der Ukraine nach Deutschland bringen sollte.
„Ich hatte Merkel bis dahin fast blind vertraut“, sagt Melnyk. Doch nun war er zutiefst enttäuscht von der Kanzlerin, die den Bau der Leitung lange als rein privatwirtschaftliches Projekt verteidigte – so wie es auch ihr Nachfolger Olaf Scholz bis vor wenigen Wochen tat. Melnyk aber kämpfte weiter, nicht nur gegen Nord Stream 2. Wo immer er konnte, wies er darauf hin, dass Russland einen Krieg in der Ukraine führe und dass es Putin darum gehe, das Nachbarland zu erobern und die Ukraine als Nation zu vernichten. Doch die meisten Deutschen wollten das nicht hören.
Noch im Februar 2021 verteidigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Bau von Nord Stream 2. Die Pipeline sei „fast die letzte Brücke zwischen Russland und Europa“, sagte er in einem Interview und verwies in diesem Zusammenhang auf die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg, dem in der Sowjetunion mehr als 20 Millionen Menschen zum Opfer gefallen seien. Dieses „größere Bild dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren“, so der Bundespräsident.
Melnyks Kritik an Steinmeier
Melnyk riss die Hutschnur. Es sei „zynisch“ in der Debatte um die Pipeline die nationalsozialistische Terrorherrschaft ins Spiel zu bringen. „Durch die abwegige Gleichsetzung Russlands mit der Sowjetunion, gerade in diesem äußerst sensitiven Kontext, wird das unermessliche Leid anderer Völker der UdSSR während der Nazi-Gewaltherrschaft komplett ausgeblendet“, kritisierte der Botschafter. Steinmeier verteidige die Gasleitung mit „fragwürdigen historischen Argumenten“.
Das Plädoyer zugunsten von Nord Stream 2 „und vor allem die merkwürdige Rechtfertigung mit der Kriegsschuld gegenüber Russland hat uns Ukrainer wie ein Doppelschlag ins Gesicht getroffen“, wütete Melnyk im Fernsehen. Und: „Wir fanden es erstaunlich, dass man die Seelen von toten Menschen in die Waagschale wirft, sie zur Verhandlungsmasse erklärt, um eine sehr gefährliche Pipeline zu pushen.“
Ein Diplomat, der das deutsche Staatsoberhaupt derart öffentlich angeht, das ist in der deutschen Politik ein eigentlich unzulässiger Akt. Melnyk galt spätestens seit diesem Zwischenfall den einen in der deutschen Politik als Botschafter, der die Regeln des diplomatischen Anstands missachtet und deshalb geschnitten werden muss, anderen schlicht als Nervensäge.
Wie man Melnyk in weiten Kreisen des politischen Berlins weiterhin sieht, das hat der Staatssekretär im Bauministerium, der SPD-Politiker Sören Bartol, noch einmal klargemacht. „Ich finde diesen ,Botschafter‘ mittlerweile unerträglich“, schrieb Bartol auf Twitter, weil Melnyk Bundeskanzler Scholz kritisiert hatte. Später löschte der SPD-Politiker den Tweet und entschuldigte sich.
Seine Äußerung machte noch einmal klar, was man von Melnyk in der SPD und darüber hinaus hält. Der Botschafter hatte unter anderem die Weigerung von Bundeskanzler Scholz, ein Öl- und Gasembargo gegen Russland zu verhängen, mit den Worten kommentiert, das sei „ein Messer in den Rücken“ der Ukraine.
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