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#Der wahre Herrscher der ewigen Stadt

Der wahre Herrscher der ewigen Stadt

Das Schicksal musste entscheiden, wer der erste König von Rom werden sollte, und seine Wahl fiel 753 vor Christus auf Romulus, den es in der Weissagung des Vogelflugs zwölf Geier erblicken ließ, während sein Zwillingsbruder Remus nur sechs Vögel sah. 2700 Jahre später hatte es abermals über ein Zwillingsbruderpaar zu richten, und es bestimmte Heinz, nicht Hermann Beck zum künftigen, kulinarischen König Roms. Fata viam invenient, das Schicksal findet seinen Weg: Was der Auserwählte uns an diesem Abend in seinem Restaurant „La Pergola“ hoch über den sieben Hügeln auftischt, lässt keinen Zweifel an der Richtigkeit der Wahl jenes Mannes, der nicht nur der beste Koch der Ewigen Stadt, sondern auch der wohl beste deutsche Küchenchef im Ausland ist.

Jakob Strobel y Serra

Heinz Beck wuchs in Oberbayern auf und wollte genauso wie sein Zwillingsbruder nie etwas anderes als Koch werden. Doch der strenge Vater hielt einen Kochmützenträger in der Familie für ausreichend und überließ dem Los, also der Laune des Schicksals, die Wahl. Schnell fand der junge Heinz Beck in Heinz Winkler seinen Lehrmeister, wurde dann selbst Küchenchef in Berlinund dort heftig vom Direktor des römischen Luxushotels „Cavalieri“ umworben, der einen neuen Küchenchef für sein Gourmetrestaurant suchte. Beck willigte ein, obwohl er kein Wort Italienisch sprach, und wollte zwei Jahre lang bleiben, um die Kultur Italiens kennenzulernen. Aus zwei Jahren sind inzwischen sechsundzwanzig geworden, in denen „La Pergola“ nicht nur zum Nonplusultra der römischen Hochküche avancierte – als einziges Haus in Rom mit drei Michelin-Sternen dekoriert –, sondern auch zum Epizentrum eines kulinarischen Imperium Romanum aus neun Lokalen mit sechs Sternen.

Hippokrates steht Pate

Sein Herrscher ist ein Mann von napoleonischer Statur und cäsarischer Willenskraft, der sich aber als missionarischer Weltverbesserer entpuppt: Heinz Becks Vision ist die Verschmelzung von gutem Geschmack und guter Gesundheit, ganz im Sinne des Hippokrates, der uns ans Herz legte, dass die Nahrung unsere Medizin und die Medizin unsere Nahrung sein solle. Er arbeitet intensiv mit Ärzten und Ernährungswissenschaftlern zusammen, misst Insulinschwankungen während seiner Menüs, entwickelt Gerichte für übergewichtige Kinder, mildert mit einer speziellen Diät den Krankheitsverlauf von Alzheimer-Patienten und ist für diesen Forschergeist 2019 mit dem italienischen Innovationspreis ausgezeichnet worden.

Zwei Jahre wollte er ursprünglich bleiben, jetzt sind es schon sechsundzwanzig: Küchenchef Heinz Beck.


Zwei Jahre wollte er ursprünglich bleiben, jetzt sind es schon sechsundzwanzig: Küchenchef Heinz Beck.
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Bild: Adriano_Truscello

Sein Restaurant aber ist kein Klinikum, sondern das Gegenteil davon: ein barocker Festsaal mit Blick auf den Petersdom, in dem einzig der Katechismus vatikanischer Opulenz zu herrschen scheint. Doch schon bei den Küchengrüßen merken wir, dass hinter Prunk und Pracht ein ganz anderer Glaube steckt. Der Petersilienschwamm mit Kokos und Rettich, die geröstete Polenta mit Aubergine-Tupfern und süßem Paprikapulver, der geräucherte Saibling mit Hühner-Gelée und Brokkoliröschen, serviert auf abgeflämmtem Zedernholz, so dass dessen ätherische Öle den Fisch zusätzlich aromatisieren – das alles schmeckt so ungeheuerlich intensiv und dabei so schwebend leicht, dass wir eine Ahnung vom alchimistischen Aufwand bekommen, der hinter diesen Miniaturen steckt.

Ein Füllhorn an Phantasie

In Becks Küche stehen Rotationsdestillatoren und Hochleistungszentrifugen, mit denen er solche Wunderwerke erst vollbringen kann. Er bereitet sein Parmesan-Risotto mit einer Infusion aus gekochtem und gefiltertem Parmesan-Wasser zu, das alle Aromen und Nährstoffe des Käses, nicht aber dessen Fett enthält. Er backt seine Pizza mit einem hochkonzentrierten Tomatenwasser, wodurch er die Menge des Mehls ohne den geringsten Geschmacksverlust um ein Drittel reduzieren und damit verhindern kann, dass die Pizza wie ein Brikett im Magen liegt. Und er serviert uns in einer dreistündigen Zeremonie ein zehngängiges Menü, nach dem wir so überwältigt von all dem Aromenreichtum und zugleich so beschwingt aufstehen, als hätten wir nur einen Imbiss zu uns genommen.

Besser sitzt  man in keinem Restaurant in Rom: Der Blick von „La Pergola“ auf den Petersdom.


Besser sitzt man in keinem Restaurant in Rom: Der Blick von „La Pergola“ auf den Petersdom.
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Bild: Rome Cavalieri

Nichts ist hier Kasteiung, alles ein Füllhorn an Phantasie: Die marinierten Meeresfrüchte tauschen den Ozean gegen ein Carpaccio von der Wassermelone mit einer Brunoise von grünen Melonen, gewürzt mit Kardamom, Ingwer und einer Jasmin-Essenz, die zur Entspannung von Geist und Gaumen auf einen heißen Stein gesprüht wird. Die rohe Gamba macht es sich auf einem Bett aus Vollkornreis, Avocado, Tapioka-Perlen und Limonen-Zitronengras-Gelée bequem, um so ganz ohne Pomp ein Hochamt der Raffinesse des Simplen zu zelebrieren. Und die sizilianische Aubergine mit ihrem Duftmantel aus Sumach ist derart perfekt gegrillt und geschmort, dass sie als Barren fast so fest wie Fleisch und nicht, wie so oft, als müde Mousse-Masse auf dem Teller liegt.

Die Geniestreiche des Meisterkochs

Dazwischen streut Heinz Beck mit leichter Hand Geniestreiche wie seine Fagotelli, in die er eine flüssige Essenz der klassischen Carbonara injiziert. Jede Nudel wird so zu einer Miniaturwundertüte, die im Mund wie ein Ballon aus zartestem Teig zerplatzt und dabei die reinste Seele dieser italienischen Ur-Sauce in die Freiheit entlässt. Das ist ein kulinarisches Ei des Kolumbus, die im Grunde ganz simple und doch hochraffinierte Weiterentwicklung der sonst so traditionssturen Küche Italiens in ganz neue Dimensionen – um so vieles feiner als das Original schmeckt diese von außen nach innen gekehrte Carbonara, die ihre Herkunft dabei aber keineswegs verleugnet, sondern ehrt.

Die Geometrie des Geschmacks: eine Eis-Sphäre aus Granatapfel mit Gianduja-Creme und süßen Cannelloni.


Die Geometrie des Geschmacks: eine Eis-Sphäre aus Granatapfel mit Gianduja-Creme und süßen Cannelloni.
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Bild: La Pergola

Für ihn sei der schönste Moment des Tages, wenn er in die Küche gehe, sagt Heinz Beck, der im vergangenen Jahr nur viermal den Service in der „Pergola“ versäumt hat – und damit ist im Grunde schon alles über ihn gesagt: Wer mit Ende fünfzig eine solche Leidenschaft, ein solches Feuer in sich lodern hat, zeigt sich nicht nur seines Schicksals würdig, sondern ist längst noch nicht reif, um als kulinarischer König Roms abzudanken.

La Pergola, im Hotel Cavalieri Waldorf Astoria, Via Alberto Cadlolo, 101, Rom, Telefon: 0039/ 06/35092152, www.romecavalieri.com. Menü ab 250 Euro.

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