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#Der Zwerg hat recht

„Der Zwerg hat recht“

Irgendwann in den letzten zwanzig Jahren muss sich die Idee einfach verflüchtigt haben: dass es Zeit sei für die Great American Novel. Für den Roman, der Zeitdiagnose ist und exemplarische Innenansicht, in dem eine Epoche auf den Begriff gebracht wird. Hat es diese Bücher nicht längst gegeben? Thomas Pynchons „Enden der Parabel“ ist ein Kandidat, Don DeLillos „Unterwelt“ oder die Romane von Cormac McCarthy. McCarthy hat als Einziger der drei auch den Sprung in die Bestsellerlisten geschafft. Er ist vom als „schwierig“ geltenden Autor zu jenem Mann geworden, der mit seinem Roman „The Road“ in Oprah Winfreys Buchklub zu Gast war und aus dessen Buch „No Country for Old Men“ ein Film wurde, der vier Oscars bekam.

Peter Körte

Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Seit 16 Jahren hat der inzwischen 89-jährige McCarthy nichts mehr veröffentlicht. Entsprechend sind die Erwartungen, wenn jetzt innerhalb von ein paar Wochen gleich zwei Romane herauskommen. Sie haben lange Schatten vorausgeworfen, seit 2015 wurden am Santa Fe Institute Auszüge aus ihnen vorgelesen, die Themen diskutiert, und McCarthy erschien selbst auf der Bühne. Er ist einer der Trustees des gemeinnützigen Instituts, das interdisziplinäre Grundlagenforschung betreibt, und war mit den dort arbeitenden Wissenschaftlern in ständigem Austausch.

Umso seltsamer ist nun die Publikationsstrategie. „Der Passagier“ ist gerade erschienen, in Original und Übersetzung. Der zweite Roman, „Stella Maris“, mit dem er so eng verbunden ist wie das Geschwisterpaar in den Büchern miteinander, erscheint erst Ende November – als eine Art Appendix, dessen Figuren und Themen im „Passagier“ alle präsent sind.

Der Umfang beider Romane ist kein Argument. Harte Fans scheuen auch vor fast 800 Seiten nicht zurück – im Original sind es nur knapp 600. Und wenn man beide Bücher gelesen hat, lässt sich, auch wenn man über das zweite noch nicht schreiben darf, doch sagen, dass diese künstliche Trennung nicht guttut.

Hier gibt es Hardcore-Theroie

In jedem Fall muss, wer anfängt, tapfer sein. Es geht um Hardcore-Theorie, großkalibrige Welterklärungsmodelle: Quantenphysik, höhere Mathematik, Thermodynamik. Das war bislang nicht McCarthys Feld, man hätte so etwas eher bei Pynchon erwartet.

McCarthy war der Mann der gewalttätigen, manchmal apokalyptischen Szenarien. Aus seinen Romanen sprach eine kosmische Gleichgültigkeit der Natur gegenüber den Menschen, wie man sie aus den Filmen von Terrence Malick kennt, deren visuelle Wucht in McCarthys Prosa durchaus ein Pendant hat, in ihrem Oszillieren zwischen hohem Ton und hartem Slang.

Cormac McCarthy: „Der Passagier“. Roman.


Cormac McCarthy: „Der Passagier“. Roman.
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Bild: Rowohlt Verlag

Die beiden Protagonisten sind Bobby und Alicia mit dem bedeutungsschweren Nachnamen Western. Ein Jäger findet auf der ersten Seite Alicias Leiche. Suizid. Bobby ist Bergungstaucher, wir treffen ihn bei einem Job im Jahr 1980. Ein abgestürztes Flugzeug im Golf von Mexiko. Die Blackbox fehlt, ein Passagier auch. Vor seiner Wohnung in New Orleans warten zwei Männer auf Bobby. So könnte ein Thriller beginnen – aber nicht bei McCarthy. Er erzählt von inzestuöser Geschwisterliebe und von einem Vater, der am Manhattan-Projekt mitgearbeitet hat. In Los Alamos sind die beiden aufgewachsen, wo die Atombombe entwickelt wurde.

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