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#Deutschland bereit zur CO2-Verpressung – in Norwegen

„Deutschland bereit zur CO2-Verpressung – in Norwegen“

Nicht alle Treibhausgase lassen sich vermeiden. Wenn etwa Zement, Glas oder Aluminium hergestellt werden, entweicht unweigerlich das in den Rohstoffen gebundene Kohlendioxid. Wenn die Industrie dennoch auf absehbare Zeit „klimaneutral“ produzieren soll, bleibt nach heutigem Wissensstand nur eines: diese Treibhausgase abscheiden und dauerhaft lagern. Am besten in ausgebeuteten Erdgas- oder Ölfeldern unter dem Meer.

Bernd Freytag

Wirtschaftskorrespondent Rhein-Neckar-Saar mit Sitz in Mainz.

CCS – Carbon Capture and Storage – heißt die Technik. Und selbst der Weltklimarat geht davon aus, dass es ohne sie keine klimaneutrale Wirtschaft geben kann. Im Energiewendeland Deutschland ist CCS allerdings bis auf Versuchsanlagen verboten. Angst vor Leckagen, vor Erdbewegungen oder dem Freisetzen von Schadstoffen im Untergrund haben mehrfach zu Bürgerprotesten und dem Stopp von Versuchsanlagen geführt. Dabei emittiert kein Land in Europa mehr Kohlendioxid als Deutschland.

Aus diesem Dilemma versuchen nun der deutsche Energiekonzern Wintershall Dea und der norwegische Energieriese Equinor ein Geschäft zu beiderseitigem Nutzen zu machen. Die Vision: das Land mit dem größten Kohlendioxidausstoß mit dem potentiell größten Speicherland in Europa via Pipeline zu verbinden.

Deutsche Doppelmoral

Bis 2032 wollen beide nach Angaben von Wintershall Dea eine 900 Kilometer lange Röhre von der norddeutschen Küste zu den unterseeischen Speicherstätten vor Bergen und Stavanger verlegen. Über ein Rohrnetz auf dem Land soll die Industrie direkt mit der Seeröhre verbunden werden. Von der Produktion direkt in den Speicher, das ist die Idee.


Bild: F.A.Z.

Beide Unternehmen gehen davon aus, dass sie auf diesem Weg bis zu 40 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr transportieren und einlagern können – das wäre nach Angaben von Wintershall Dea ein Fünftel der gesamten deutschen Industrieemissionen.

Das Projekt wäre ein Meilenstein der Energiewende und für Wintershall die Möglichkeit, die Geschäfte wie angekündigt abseits der Gasförderung in Russland auszubauen. Zugleich zeigt die geplante Pipeline die ganze Doppelmoral des deutschen Umbaus. Wie Atomenergie oder das über „Fracking“ geförderte Flüssiggas aus Nordamerika ist auch CCS eine Technik, ohne welche die Energiewende in Deutschland zurzeit zwar nicht funktioniert, die hierzulande dennoch verboten ist.

Wintershall betonte am Dienstag, das Projekt stehe erst am Anfang. Finanzielle Details nannte der Konzern nicht. Er machte allerdings deutlich, dass der Transport und das Speichern schon vor dem Fertigstellen der Leitung per Schiff möglich sein könnten.

Scholz und Støre lassen Taten folgen

Das Konsortium will sich auf den Bau der Unterwasserpipeline beschränken. An Land wollen die Unternehmen auf das von der ehemaligen E.ON-Tochtergesellschaft OGE geplante Leitungsnetz für Kohlendioxid zurückgreifen. OGE, größter Ferngasnetzbetreiber in Deutschland, hatte im April angekündigt, gemeinsam mit dem belgischen Energieunternehmen TES ein geschlossenes Pipelinenetz für Kohlendioxid zu bauen. Bis 2028, so die Pläne, soll das Netz „zunächst“ 1000 Kilometer lang sein und 18 Millionen Kohlendioxid im Jahr transportieren können.

Bundeskanzler Olaf Scholz und Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Støre hatten bei einem Treffen Mitte August angekündigt, die Energiepartnerschaft auszubauen. Norwegen liefert bereits 40 Prozent des in Deutschland benötigten Gases. Scholz lobte in Oslo zwar die technologischen Fortschritte von CCS. Zur Frage, ob die Technik auch in Deutschland zum Einsatz kommen sollte, hielt er sich aber bedeckt.

Für die Industrie könnte das Speichern zum großen Geschäft werden. Am Wochenende hatte das Konsortium „Northern Light“ – Equinor, Shell und Total – den nach eigenen Angaben weltweit ersten Vertrag über einen grenzüberschreitenden CO2-Transport mit anschließender Speicherung geschlossen. Der Düngemittelkonzern Yara will jährlich 800 000 Tonnen des klimaschädlichen Gases in seinem niederländischen Werk abscheiden, verflüssigen und nach Norwegen verschiffen, wo es dann, 2600 Meter unter dem Meer, verbleiben soll.

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