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#Deutschland und Waffenlieferungen an Kiew: Kampagne statt Debatte

„Deutschland und Waffenlieferungen an Kiew: Kampagne statt Debatte“

Konflikte von außen zu beeinflussen, ist eine der schwersten Übungen der Außenpolitik, auch wenn gerade westliche Politiker gerne so tun, als seien sie dazu in der Lage. Der Ukrainekrieg ist da keine Ausnahme. Am Ende wird es auf Faktoren ankommen, die nicht in unserer Hand liegen: die militärischen Reserven Russlands (weiterhin groß) und das Durchhaltevermögen der Ukraine (ebenfalls erheblich). Aber Putin hat sich mit seinem offenkundig undurchdachten Überfall doch in einem Maße verwundbar gemacht, wie es von einem gelernten Geheimdienstmann nicht zu erwarten war. Selbst sein Machtapparat gibt inzwischen zu, dass die westlichen Sanktionen dem Land zusetzen.

Die größte Überraschung sind die Probleme, die Putins Militärmaschinerie hat. Wirtschaftlich ist Russland nur Mittelmaß, aber es unterhält eine der schlagkräftigsten Armeen der Welt. Und doch hat sie die Schlacht um Kiew verloren, was die neue russische Offensive im Donbass nicht zum Selbstläufer macht. Die vielfach beschriebenen logistischen und taktischen Fehler dürften ein wichtiger Grund für die erstaunliche Niederlage der Russen vor den Toren der ukrainischen Hauptstadt sein, aber eines hat sicherlich auch eine Rolle gespielt: die Waffenlieferungen des Westens. Auch wenn es sich nur um leichte Waffen handelte, ermöglichten sie den ukrainischen Verteidigern eine effektive Abwehr der eigentlich überlegenen Invasoren.

Das westliche Kalkül verändert sich

Diese Erfahrung hat ganz offensichtlich das Kalkül in vielen westlichen Hauptstädten verändert, vor allem in Washington. Man war anfangs von einer schnellen Besetzung der Ukraine ausgegangen und bereitete sich auf die Unterstützung einer Aufstandsbewegung vor. Jetzt redet auch der deutsche Bundeskanzler davon, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnen dürfe.

Das klingt als Ziel ambitionierter, als es wirklich ist. Dass die Ukrainer die Russen aus ihrem Land vertreiben, gar die Separatistengebiete oder die Krim zurückerobern könnten, erscheint unwahrscheinlich. Vorstellbar wären jedoch eine Auszehrung und Ermüdung der Angreifer, so wie man es jetzt im Norden gesehen hat. Das könnte im besten Fall wieder zu einem Rückzug oder zu einer Verhandlungslösung führen. Allerdings setzt das eine politische Schwächung, wenn nicht gar Absetzung Putins voraus. Und es wäre womöglich nur ein Innehalten bis zum nächsten Angriff. Nichts spricht dafür, dass der russische Despot seine imperialistischen Ziele aufgeben wird, solange er an der Macht ist.

Genau aus diesem Grund liegt es im westlichen Interesse, dass die Ukrainer den russischen Vormarsch stoppen. Sie sind der Puffer des freien Europas zum autoritär-expansiven Russland; sie binden und schwächen Putins wichtigstes Machtmittel. Und genau deshalb ist es richtig, dass sie jetzt auch mit schweren Waffen versorgt werden. Im Donbass wird aller Voraussicht nach die Artillerie eine wichtige Rolle spielen; mit schultergestützten Lenkwaffen wird man da nicht so weit kommen wie vor Kiew.

Die deutsche Entscheidungsfindung zu diesem Thema ist wieder ein Trauerspiel, wie man es von vor der „Zeitenwende“ kennt. Die Bundesregierung hatte für ihre abwägende Haltung eigentlich gute Gründe. Die Gefahr, dass Russland mit Militärschlägen auf Waffenlieferungen reagieren könnte, ist gerade wegen deren Bedeutung für den Fortgang des Krieges real; träfen sie NATO-Gebiet, wäre der Bündnisfall da. Und natürlich muss die Bundeswehr einsatzfähig bleiben. Niemals seit dem Ende des Kalten Kriegs war das Risiko einer militärischen Auseinandersetzung mit Russland so hoch. Wer als Politiker glaubt, das sei vernachlässigbar, der sollte den Amtseid im Grundgesetz nachlesen.

Abstimmung in der NATO

Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist die enge Abstimmung mit den Verbündeten. Nur wenn alle zu vergleichbaren Lieferungen bereit sind oder sie zumindest politisch unterstützen, bleibt die Abschreckung der NATO glaubwürdig. Auch für den Ernstfall ist ein Einvernehmen unabdingbar. Maßgeblich ist dabei vor allem, wie die Bündnisvormacht Amerika handelt, denn nur von ihr lässt sich Putin beeindrucken.

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Das alles kam in der deutschen Debatte lange gar nicht vor. Sie wurde zu einer aktivistischen Kampagne, getrieben von zu kurz gekommenen Ampelpolitikern, die im Wesentlichen die Forderungen der Ukraine übernahmen. Deren (berechtigte) Interessen sind aber nicht deckungsgleich mit den deutschen. Der Bundesjustizminister und der Oppositionsführer steuerten noch das Argument bei, Waffenlieferungen seien völkerrechtlich kein Kriegseintritt. Es fehlte nur der Hinweis, Putin stehe ja der Klageweg in Karlsruhe offen.

Die Ukrainer werden nun hoffentlich erhalten, was sie brauchen. Deutschland aber muss weiter auf eine außenpolitische Debatte warten, die diesen Namen verdient.

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