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#Deutschland verzichtet auf Impfstoff

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Deutschland verzichtet auf Impfstoff

Wenn EU-Staaten den Ruf nach europäischer Solidarität erschallen lassen, wollen sie meistens eigene nationale Interessen durchsetzen. Als Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz vor einem Monat von den EU-Partnern Impfstoff-Solidarität einforderte, war das nicht anders. Zwar sorgte sich Kurz öffentlich vor allem um die Unterversorgung österreichischer Nachbarstaaten. Doch beanspruchte er zugleich für sein eigenes Land einen überdurchschnittlichen Anteil von jenen zehn Millionen Dosen des Vakzins von Biontech und Pfizer, die außer der Reihe im zweiten Quartal zusätzlich ausgeliefert werden.

Werner Mussler

Der von Kurz angezettelte Streit, der auch den EU-Videogipfel vor einer Woche bestimmte, ist jetzt gelöst worden – durch eine Solidaritätsaktion, an der sich Wien nicht beteiligt. Der Kompromiss, den die Brüsseler EU-Botschafter am Donnerstag ausgehandelt haben, beschert Österreich 199.000 Dosen aus der Zehn-Millionen-Charge – genauso viel, wie dem Land nach dem üblichen Schlüssel, dem Bevölkerungsanteil, zusteht. Kurz nannte das ein „solides Ergebnis“ – auch wenn von seiner Regierung um den Videogipfel herum das Ziel einer doppelt so hohen Lieferung ausgegeben worden war. Auch die Tschechische Republik und Slowenien beteiligen sich nicht an dem Kompromiss.

Bulgarien profitiert am stärksten

Solidarisch sind indes 19 andere Länder unter deutscher Führung. Sie verzichten auf insgesamt 2,85 Millionen Dosen, die Bulgarien, Kroatien, der Slowakei, Lettland und Estland zugutekommen werden. Das Restvolumen wird auf alle 27 Länder nach der Bevölkerungsquote aufgeteilt. Ohne die „Solidaritätskorrektur“ hätte Deutschland von den zehn Millionen Dosen 1,858 Millionen bekommen. Jetzt sind es noch 1,3 Millionen. Frankreich erhält statt 1,499 Millionen Dosen 1,049 Millionen, für Italien sind es statt 1,346 Millionen noch 942.000 Dosen.

Von den Empfängerländern profitiert Bulgarien mit zusätzlich rund 1,15 Millionen Dosen am stärksten, gefolgt von Kroatien (680.000), der Slowakei (600.000), Lettland (380.000) und Estland (40.000). Der Streit über die Verteilung des Biontech/Pfizer-Vakzins geht darauf zurück, dass einige Mitgliedstaaten meist aus Kostengründen wenig vom besonders wirksamen, aber auch relativ teuren Biontech/Pfizer-Vakzin bestellt haben. Deutschland und einige andere Länder konnten deshalb überdurchschnittlich viel ordern. Österreich hat stark auf den relativ billigen, aber bislang wenig verfügbaren und wegen seiner angeblichen Nebenwirkungen bisweilen in Frage gestellten Wirkstoff von Astra-Zeneca gesetzt. Freilich kann nicht die Rede davon sein, dass Österreich insgesamt unterdurchschnittlich mit Impfstoff versorgt wäre.

Kurz hat seinen Ruf nach Solidarität mit der Forderung nach mehr Impfstoff für sein Land seit einiger Zeit vermischt. Der von ihm initiierte Brief an die EU-Spitzen, in dem er vor gut zwei Wochen zusammen mit den Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik, Kroatiens, Sloweniens, Bulgariens und Estlands die Impfstoff-Ungleichverteilung in der EU beklagte, legte die Vermutung nahe, dass die Unterzeichner die am schlechtesten versorgten Länder verträten. Nach einer Analyse des Ministerrats gehören aber Österreich und Slowenien nicht dazu – die vier anderen Länder sowie Lettland und die Slowakei aber sehr wohl.

Der zu Wochenbeginn von der amtierenden portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft vorgelegte Kompromissvorschlag lautete, sieben der zehn Millionen Dosen strikt nach Bevölkerungsanteil zu verteilen und weitere drei den sechs besonders bedürftigen Ländern zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Der jetzt gefundene Kompromiss stimmt damit fast überein, allerdings sind Österreich, Slowenien und die Tschechische Republik herausgerechnet.

Die tschechische Ablehnung des Vorschlags, der Prag mehr Impfdosen beschert hätte als nach dem Bevölkerungsschlüssel, ist anders als das Nein aus Wien und Laibach kaum nachvollziehbar. Anscheinend hofft man in der tschechischen Regierung auf eine Belohnung aus Österreich. Kurz kündigte jedenfalls am Freitag an, sein Land werde im Sinne der europäischen Solidarität 30.000 Dosen bilateral nach Prag schicken – und freue sich, dass andere Länder dazu auch Bereitschaft erkennen ließen.

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