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#Deutschland will mehr Klimaschutz im Luftverkehr und in der Autoindustrie

Deutschland will mehr Klimaschutz im Luftverkehr und in der Autoindustrie

Anfang vergangenen Jahres schickte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier einen Brandbrief nach Brüssel. Adressaten des Schreibens waren unter anderem der für den Klimaschutz zuständige EU-Vizepräsident Frans Timmermans und Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Der CDU-Politiker Altmaier mahnte in seinem Schreiben in deutlichen Worten, die CO2-Grenzwerte für Autohersteller in Europa nicht vorzeitig weiter zu senken. Jeder Spielraum für eine weitere Verschärfung sei „praktisch ausgeschöpft“, schrieb Altmaier, dem daraufhin vorgehalten wurde, er lasse sich als Lobbyist der deutschen Autoindustrie einspannen.

Marcus Theurer

Redakteur in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Vor Kurzem nun ging wieder ein Schreiben aus Berlin nach Brüssel, in dem es um die Flottengrenzwerte für die Autoindustrie geht. Es handelt sich um eine Stellungnahme der Bundesregierung zum geplanten umfangreichen europäischen Klimaschutzpaket „Fit for 55“. Ihren mit Spannung erwarteten Vorschlag dafür will die EU-Kommission im Juli vorlegen. Doch dieses Mal ist die Tonlage ganz anders als in dem Altmaier-Brief vom vergangenen Jahr: Das Schreiben liest sich wie eine Ermutigung für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, mit den umstrittenen CO2-Grenzwerten mutig voranzuschreiten.

„Ambitionierte“ Klimaschutzziele für Autos

Die Bundesregierung mahnt in dem Papier, das der F.A.S. vorliegt, „ambitionierte Flottengrenzwerte“ an, weil diese schnell den Druck auf die Hersteller erhöhten, mehr klimaschonende batterieelektrische Autos und Fahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzelle in den Markt zu bringen. Dies könne auch die Exportchancen verbessern und die „Wettbewerbsposition der EU-Automobilunternehmen im internationalen Markt stärken“. Auch das klang vor Kurzem noch ganz anders: Erst im April hat Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gewarnt, Europa drohe seine Autoindustrie durch zu strikte Klimaschutzvorgaben zu „verlieren“.

Jetzt dagegen heißt es: „Den Flottengrenzwerten für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge kommt bei der Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor eine zen­trale Rolle zu.“ Die geplanten strikteren Flottengrenzwerte seien „ein entscheidender Hebel, um bis Mitte des Jahrhunderts durch den Straßenverkehr einen zentralen Beitrag zur Treibhausgasneu­tralität zu leisten“. Nur mit einem Satz erinnert die Bundesregierung daran, dass eine „Überreizung“ des Tempos beim Klimaschutz zu einer „Disruption der Wertschöpfungskette“ in der Autoindustrie führen könnte. Dies würde vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen aus der Zulieferbranche treffen.

Die neuen Flottengrenzwerte gelten als die zentrale Klimaschutzvorgabe für die Fahrzeughersteller in den kommenden Jahren. Bisher lautet das Ziel, die durchschnittlichen CO2-Emissionen von Neuwagen in Europa bis 2030 im Vergleich zu 2021 um 37,5 Prozent zu senken. Die EU-Kommission peilt nun ein Minus von 50 Prozent als Ziel an – und bekommt dafür offenkundig Rückendeckung aus Berlin.

Mehr Elektroautos

Die neue Vorgabe hätte gravierende Folgen: Im Schnitt müsse die Neuwagenflotte der Hersteller in Europa dann bis Ende des Jahrzehnts einen Durchschnittsverbrauch von gut 2 Litern auf hundert Kilometer erreichen, hat der deutsche Autoindustrie-Verband VDA vorgerechnet. Erreichbar sei dies nur, wenn bis 2030 der Anteil der Elektrofahrzeuge an den Neuzulassungen in Europa auf mindestens 60 Prozent steige, denn diese gelten bei der Zielerreichung als Null-Emissions-Fahrzeuge. Im vergangenen Jahr lag der Anteil der neuen E-Autos noch bei gut 11 Prozent. Die Bundesregierung dringt in ihrer Stellungnahme denn auch auf einen „EU-weiten Hochlauf des La­deinfrastuktur-Ausbaus“. Den hält auch die Autoindustrie für dringend erforderlich.

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Fachleute in Brüssel sprechen von einem harten Kurswechsel der Regierung in Berlin: „Über Jahre hinweg hat Deutschland eine ambitionierte Anhebung der Grenzwerte blockiert“, sagt William Todts, Geschäftsführer des paneuropäischen Umweltverbands Transport & Environment. Jetzt dagegen gebe die deutsche Regierung „grünes Licht“. In Berlin hieß es diese Woche, Olaf Scholz, Vizekanzler und SPD-Spitzenkandidat im Bundestagswahlkampf, habe sich für striktere Klimaschutzziele starkgemacht. Allerdings hat sich auch der Kurs führender deutscher Autohersteller geändert. Vor allem der Volkswagen-Konzern setzt voll auf die Elektromobilität und investiert viele Milliarden in neue E-Autos und Batteriezellenfabriken.

In dem deutschen Positionspapier zum EU-Klimaschutzprogramm geht es aber nicht nur um die Autoindustrie. So pocht die Bundesregierung auch auf mehr Klimaschutz im Luftverkehr: Dieser müsse einen „signifikanten, robusten und fairen Beitrag zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens liefern“, heißt es in dem Schreiben. Konkret verlangt Berlin, die kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten im Rahmen des europäischen Emissionshandels müsse „zeitnah beendet“ werden. Was technisch klingt, hätte für die Airlines direkte wirtschaftliche Auswirkungen: Zwar unterliegen sie schon lange dem Emissionshandel, der mit marktwirtschaftlichen Mitteln für sinkende CO2-Emissionen sorgen soll. Doch bislang bekamen die europäischen Fluggesellschaften einen Großteil der CO2-Zertifikate geschenkt. Wenn sie diese in Zukunft am Markt kaufen müssen, könnten ihre Kosten beträchtlich steigen. Der Preis für CO2-Zertifikate ist im europäischen Handelssystem in den vergangenen Monaten stark gestiegen.

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