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#„Die Bauzinsen sind spürbar gefallen“

Frau Mohr, wie wirkt der Stress im Finanzsektor auf die Bauzinsen?

Innerhalb kurzer Zeit ging die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen um 40 Basispunkte zurück – in der Spitze sogar um 65 Basispunkte. Mit der Rendite der Bundesanleihe sind auch die Bauzinsen spürbar gefallen.

Wo stehen die Zinsen damit jetzt?

Für Darlehen mit zehn Jahren Zinsbindung zahlt man 3,77 Prozent. Im Zuge der Zinswende waren es zwischendurch mehr als 4 Prozent gewesen. Interessant dabei: Sowohl für längere, als auch für kürzere Zinsbindungen zahlt man mehr: Für Baudarlehen auf 20 Jahre liegen die Zinsen bei 4,02 Prozent, für Baudarlehen auf fünf Jahre bei 4,0 Prozent.

Was steckt dahinter?

Offenbar halten die Finanzmärkte vor allem kurzfristig steigende Zinsen für möglich, langfristig sehen sie nicht viel Veränderung. Aber die täglichen Schwankungen sind hoch.

Mirjam Mohr ist Vorstandsmitglied beim Kreditvermittler Interhyp.


Mirjam Mohr ist Vorstandsmitglied beim Kreditvermittler Interhyp.
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Bild: Maria Irl

Was muss ich auf die genannten Bauzinsen in der Praxis noch drauf rechnen, wenn ich als normaler Bürger bei meiner regionalen Bank einen Kredit will?

Die Zinsen in unseren Vergleichen sind Werte aus der Praxis. Unterschiede gibt es etwa je nach Kreditwürdigkeit oder Eigenkapital. Letzteres ist jetzt noch wichtiger geworden. Idealerweise sollte jemand die Kaufnebenkosten komplett mit Eigenkapital finanzieren können – und von den eigentlichen Kosten 20 Prozent, so dass er das Haus maximal zu 80 Prozent beleihen muss.

Spürt man denn, dass die Banken bei der Kreditvergabe vorsichtiger werden?

Auf jeden Fall. Unter unsern 500 Banken, deren Angebote Interhyp vermittelt, haben einige Beschränkungen des Beleihungsauslaufs eingeführt. Sie finanzieren beispielsweise grundsätzlich nur noch bis 95 Prozent. Das ist aber nicht flächendeckend der Fall. Gerade bei regionalen Instituten, die ihren Markt gut kennen, finden sich weiter auch Vollfinanzierungen. Viele Banken sind aber auch bei der Berechnung, welche Raten sich ein Kreditnehmer leisten kann, vorsichtiger geworden. Durch die Inflation werden jetzt höhere monatliche Beträge beispielsweise für Auto, Heizung oder Lebensmittel angenommen.

Reagieren Kreditnehmer auf die höheren Zinsen mit einer geringeren Tilgung?

Ja, das ist zu beobachten. Tilgungen von drei oder vier Prozent werden angesichts der höheren Zinsen seltener. Im Durchschnitt ist die Tilgung seit Frühjahr 2022 von 2,7 auf 2,4 Prozent gesunken.

Bei welchen Banken gibt es tendenziell die günstigsten Baufinanzierungen?

Das lässt sich nicht pauschal sagen. Manchmal sind es die Direktbanken, manchmal regionale Banken. Aber auch Versicherer haben zum Teil interessante Angebote. Vergleichen lohnt sich auf jeden Fall. Das stärkt auch die Verhandlungsmacht des Verbrauchers. Die ist ohnehin zuletzt deutlich gestiegen.

Inwiefern?

Aus dem Verkäufermarkt ist ein Käufermarkt geworden. Gerade hier in München kam man sich noch vor nicht allzu langer Zeit als Immobilienkäufer vor wie ein Bittsteller. Das hat sich geändert. Käufer können leichter mit dem Verkäufer verhandeln. Manchmal kann man heraushandeln, dass ein Tiefgaragenstellplatz dabei ist, dass an der Wohnung noch etwas für die Energieeffizienz getan wird oder dass der Verkäufer die Maklergebühr übernimmt. Und natürlich geht es immer auch um den Preis.

Zuletzt sind die Immobilienpreise gefallen. Lohnt es sich als Käufer, noch ein bisschen zu warten, bis die Preise weiter zurückgehen?

Unsere Zahlen zeigen, dass sich die Preise seit Jahresbeginn stabilisieren. Wir haben einen eigenen Indikator, mit dem wir Immobilienpreise über alle Segmente hin vergleichen und dabei alle mögliche Sondereffekte herausrechnen. Nach diesem Indikator sind die Preise im vorigen Jahr um 8 Prozent gefallen. Dieses Jahr beobachten wir bislang aber nicht, dass die Entwicklung weitergeht.

Werden die Bauzinsen denn mit weiteren EZB-Zinserhöhungen noch steigen?

Wir gehen davon aus, dass bei den Bauzinsen vieles schon eingepreist ist. Wie es mit den Turbulenzen im Finanzsystem weitergeht, weiß natürlich keiner genau. Wir rechnen für dieses Jahr mit einem Korridor für die Bauzinsen zwischen 3 und 4 Prozent. Prognosen darüber hinaus sind sehr schwierig.

Aber ganz auszuschließen ist nicht, dass die Inflation sich als sehr hartnäckig erweist und die EZB die Zinsen noch erheblich weiter anheben muss oder?

Das ist ein Szenario, das möglich ist. Allerdings muss die EZB jetzt nicht nur auf die Preisstabilität, sondern auch noch auf die Finanzstabilität Rücksicht nehmen. Ich würde denken, die Bauzinsen können schon mal vorübergehend wieder über 4 Prozent steigen. Aber 5 oder 10 Prozent sehe ich in absehbarer Zeit nicht.

Warum schrecken jetzt so viele davor zurück, ein Haus zu bauen – waren die Zinsen früher nicht schon mal höher?

Ja, als wir Interhyp vor 20 Jahren gegründet haben, lagen die Zinsen bei 6,5 Prozent. Aber seither sind die Immobilienpreise natürlich stark gestiegen.

Entscheidend ist der Anteil des verfügbaren Einkommens, den jemand fürs Wohnen ausgibt. Wir haben mal verglichen: Im Jahr 2005 lag die durchschnittliche Monatsrate, die ein Haushalt für einen über uns vermittelten Immobilienkredit zahlte, bei 880 Euro bei einem Haushaltsnettoeinkommen von 3462 Euro. Im vorigen Jahr waren es 1406 Euro Rate bei einem Einkommen von 5350 Euro. Der Anteil des verfügbaren Einkommens, den ein Haushalt für den Kredit aufwendete, ist dabei nur leicht gestiegen, von etwa 25 auf 26 Prozent. Das zeigt: Der Eindruck, dass ein Eigenheim mit dem Zinsanstieg jetzt unbezahlbar geworden ist, ist vor allem eine Folge der Gewöhnung aus der zurückliegenden Niedrigzinsphase.

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