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#„Die Bundesregierung erzeugt einen gewissen Druck“

„Die Bundesregierung erzeugt einen gewissen Druck“

Herr Doktor Çelik, wir haben Sie bisher als Funktionsoberarzt auf der Isolierstation für Covid-19-Kranke im Klinikum Darmstadt vorgestellt. Jetzt sind Sie Oberarzt, Glückwunsch!

Sebastian Eder

Vielen Dank. Nach der Facharztprüfung für Innere Medizin und Pneumologie ist mein Fokus wieder voll auf die aktuelle Situation gerichtet. Wir entlassen seit zwei Wochen mehr Patienten, als wir neu aufnehmen. Es sind noch zweieinhalb Normalstationen mit Covid-Patienten belegt. Aber es gibt immer wieder Ausreißer, also Tage, an denen unerwartet mehr neue Covid-Patienten kommen. Auch darauf müssen wir vorbereitet sein. Die Sieben-Tage-Inzidenz unterschätzt das tatsächliche Maß der Virusverbreitung, seit die Teststrategie des Robert-Koch-Instituts im November geändert wurde, um Testkapazitäten zu schonen. Es werden vor allem symptomatische Patienten getestet, das Ziel ist nicht mehr, möglichst jeden Infizierten zu identifizieren. Insofern gibt es eine große Dunkelziffer.

Wie ist es auf den Intensivstationen?

Die hinken immer etwa zwei Wochen hinterher, unsere zwei Covid-Intensivstationen sind noch zu über 90 Prozent ausgelastet. Insgesamt verschiebt sich der durchschnittliche Schweregrad der Fälle, die wir betreuen. Die stationären Patienten sind aktuell in der Mehrzahl schwerer betroffen und teilweise schon seit Weihnachten da. Darunter sind dialysepflichtige Patienten, die immer noch eine hohe Dosis an Sauerstoff brauchen oder andere Organkomplikationen haben. Andere sind so geschwächt, dass sie nicht nach Hause können. In die dringend benötigte Reha können wir solche Patienten erst schicken, wenn sie nicht mehr ansteckend sind.

Haben sich viele Patienten an Weihnachten angesteckt?

Die große Welle ist glücklicherweise ausgeblieben. In anderen Ländern, zum Beispiel Portugal, war dieser Effekt dem Anschein nach deutlicher.

„Wir schaffen das nicht, im kompletten Jahr 2021 in diesem Modus zu arbeiten“, haben Sie im Januar gesagt. Sind Sie jetzt optimistischer?

Ich hoffe, dass wir nicht den Fehler begehen, zu früh bei einer noch zu hohen Inzidenz die Maßnahmen zu lockern. Ich wünschte, es ginge schneller. Außerdem bereiten mir die Mutationen Sorgen. Mir bleibt wenig anderes, als optimistisch zu sein, dass sich die Situation im Sommer entspannt. Wir wollen im Krankenhaus auf ein klares Ziel hinarbeiten und nicht „mit dem Virus leben“. Zumindest nicht in dieser Intensität.

Dr. Cihan Çelik behandelt Covid-19-Patienten in Darmstadt.


Dr. Cihan Çelik behandelt Covid-19-Patienten in Darmstadt.
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Bild: Frank Röth

Bereiten Sie sich auf ein mögliches Auftreten der Mutationen vor?

Wir sind schon dabei, stichprobenartig zu sequenzieren, wenn zum Beispiel ein Patient kürzlich in Brasilien war. Gibt es den Verdacht, dass er die mutierte Variante haben könnte, wird er von den anderen Covid-Patienten isoliert. Auch das Personal muss dann noch mal gesonderte Schutzkleidung anziehen. In umliegenden Krankenhäusern wurden erste Fälle von B117 bestätigt, das ist die in Großbritannien entdeckte Mutation. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir sie auch nachweisen können. Aktuell geht man davon aus, dass sich verschiedene Mutationen, darunter auch gefährlichere, in Deutschland verbreitet haben. Die Konsequenzen aus der erhöhten Ansteckungsfähigkeit und den wohl etwas schwereren klinischen Verläufen können wir noch nicht abschätzen. Es kann unsere Planungen, aber auch unsere gewonnene klinische Erfahrung mit dem Krankheitsbild Covid-19 durcheinanderbringen.

Wie gut können Sie mittlerweile einschätzen, wann die Krankheit einen kritischen Verlauf nimmt?

Viel besser als zu Beginn. Am Anfang der Pandemie waren wir sehr vorsichtig und haben im Zweifel lieber einen Patienten früh auf die Intensivstation verlegt. Die Schwellenwerte sind heute sehr viel niedriger. Wir haben gelernt, dass Patienten im Vergleich zu anderen Erkrankungen noch mit niedrigeren Sauerstoffwerten verhältnismäßig lange auf der Normalstation versorgt werden können. Bei den Diskussionen über die Intensivkapazitäten sollte man nicht vergessen, dass wir in der zweiten Welle sehr viel kränkere Menschen immer noch auf der Normalstation behalten können. Würden wir genauso verfahren wie während der ersten Welle, wären die Intensivstationen schon lange überfordert. Allerdings könnten uns die Mutationen in Bedrängnis bringen, wenn sich etwas an den raren Konstanten dieser Erkrankung verändern sollte: Wann ist der kritische Zeitpunkt im Verlauf der Erkrankung? Wann und wie lange ist man ansteckend? Gibt es besondere Risikogruppen? Wenn sich da etwas verschiebt, stehen wir klinisch wieder da, wo wir vor fast einem Jahr waren.

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