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#„Die chinesische Regierung sollte sich schämen“

„Die chinesische Regierung sollte sich schämen“

Der Stich des chinesischen Diplomaten war zielgenau gesetzt. Mit seinem Tweet traf der Sprecher des Außenministeriums in Peking, Zhao Lijian, den derzeit wundesten Punkt der Australier. Sein am Montag abgesetzter Beitrag zeigte die Fotomontage eines australischen Soldaten, der einem Kind ein blutiges Messer an die Kehle hält. Damit thematisierte er auf provozierende Weise die mutmaßlichen Kriegsverbrechen australischer Elitesoldaten in Afghanistan, die jüngst ein Untersuchungsbericht des Militärs ans Licht gebracht hatte. Im Text des Tweets zeigte er sich schockiert über den „Mord afghanischer Zivilisten und Gefangener“. „Wir verurteilen solche Taten zutiefst und fordern, dass (die Soldaten) zur Rechenschaft gezogen werden“, schrieb er auf Twitter.

Friederike Böge

Till Fähnders

In Australien löste der Tweet die wohl beabsichtigte Welle der Empörung aus. Ministerpräsident Scott Morrison verlangte eine Entschuldigung der Regierung in Peking. Den Tweet bezeichnete er als „abstoßend“ und „zutiefst beleidigend“ gegenüber jedem Australier, der „in dieser Uniform gedient“ habe oder heute noch diene. „Die chinesische Regierung sollte sich dieses Posts schämen“, sagte Morrison. Das Bild sei gefälscht und eine „Verunglimpfung“ der australischen Soldaten. Der Tweet solle sofort gelöscht werden.

Die Online-Flatrate: F+


Doch das Gegenteil geschah. China nutzte die Empörung am Montag als Verstärker für die eigene Botschaft. „Die australische Seite reagiert so scharf auf den Tweet meines Kollegen. Wollen sie damit sagen, dass die grausame Tötung unschuldiger Afghanen gerechtfertigt ist?“, sagte die Außenamtssprecherin Hua Chunying und beschrieb detailliert die von Australien selbst öffentlich gemachten mutmaßlichen Kriegsverbrechen. Mit Blick auf Morrisons Aussage, China solle sich schämen, sagte sie: „Sollte nicht eher die australische Regierung sich für ihre Soldaten schämen?“

Zudem machte Hua sich den Slogan der „Black Lives Matter“-Bewegung zu eigen: „Afghanische Leben zählen.“ Die Einlassungen folgten einerseits einem Schema, das man von China bereits kennt: Es zielt darauf, die Kritik an den eigenen Menschenrechtsverletzungen zu relativieren und zu verwässern, indem es auf Menschenrechtsverletzungen in westlichen Ländern verweist. Andererseits schien es eine ausgesprochen aggressive Variante der chinesischen „Wolfskrieger“-Diplomatie zu sein.

Will China an Australien ein Exempel statuieren?

Es dürfte sich, wie der australische „Sydney Morning Herald“ kommentierte, um eine „kalkulierte Beleidigung“ handeln. Denn der Streit um Zhao Lijians Fotomontage ist nur der jüngste Tiefpunkt in den chinesisch-australischen Beziehungen. Erst vor drei Tagen hatte China Strafzölle in Höhe von 212 Prozent auf australischen Wein verhängt. Vor der chinesischen Küste ankern seit Wochen Dutzende Containerschiffe mit Kohle, die nicht in chinesische Häfen einfahren dürfen. Schon vorher hatte China Zölle auf Gerste sowie Einfuhrbarrieren für Rindfleisch, Hummer und Holz verhängt.

Längst drängt sich der Eindruck auf, dass China an Australien ein Exempel statuieren will, um auch andere Verbündete der Vereinigten Staaten in die Schranken zu weisen. Womöglich ist es kein Zufall, dass die Eskalation in eine Zeit fällt, in der Amerikas Partner weltweit darauf setzen, ihre China-Strategie enger als bisher mit dem gewählten Präsidenten Joe Biden abzustimmen. Vor gut zehn Tagen hatte China in einer 14-Punkte-Liste aufgezählt, was es an der australischen Politik auszusetzen hat. Der China-Fachmann Richard McGregor verglich Australien daraufhin mit einem „Kanarienvogel in einer Kohlemine“: als Frühwarnsystem, das anzeigt, wie sehr China inzwischen darauf abzielt, liberale Gesellschaften von innen zu beeinflussen.

Festhalten am Konfrontationskurs

In jedem Fall machte Peking damit deutlich, dass es an seinem Konfrontationskurs gegenüber westlichen Kritikern festhält, trotz mancher Mahner in Peking, die davor warnen, dass China mit seinem Verhalten die Bildung einer Anti-China-Front geradezu heraufbeschwört.

Tatsächlich zog sich die Empörung über die chinesischen Attacken in Australien durch das gesamte politische Spektrum. Die Nation stehe in ihrer Verurteilung des Bildes Seite an Seite, sagte Oppositionsführer Anthony Albanese. Politiker der verschiedenen Parteien verteidigten außerdem den Umgang mit den Vorwürfen gegen australische Soldaten. Die Ergebnisse der Afghanistan-Untersuchung seien schockierend, sagte die Oppositionspolitikerin Penny Wong. „Aber was uns von anderen unterscheidet, ist die würdevolle, transparente und verantwortliche Art, mit der wir reagiert haben.“ Auch Morrison hatte auf den offenen Umgang mit den Ereignissen verwiesen: „Das ist, wie ein freies, demokratisches, liberales Land damit umgeht“, sagte Morrison.

In Australien dürften die harten Worte aus Peking die Bemühungen der Regierung, die Beziehungen zu China wieder in normalere Bahnen zu lenken, nun noch schwerer machen. In einem Online-Vortrag vor einer Denkfabrik in London hatte Morrison vor einer Woche noch sehr versöhnliche Töne gegenüber China angeschlagen. Doch nach der Veröffentlichung des Pekinger Tweets machte der Ministerpräsident nun auch seiner Frustration Luft. „Es gibt ohne Zweifel Spannungen zwischen China und Australien. Aber dies ist nicht die Art, um mit ihnen umzugehen.“

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