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#Die Freude ist auch politisch aufgeladen

Die Freude ist auch politisch aufgeladen

Die Wembley-Arena sei wegen Corona nur zur Hälfte besetzt, erklärte BBC-Kommentator Gary Lineker zu Beginn des Spiels, „aber es sieht voll aus, es wirkt voll, es klingt voll“. Schon bevor das Spiel gegen Deutschland angepfiffen wurde, war das Londoner Traditionsstadion an diesem Dienstagnachmittag, was in Fachkreisen ein Hexenkessel genannt wird. Auch dies kommentierte Lineker, ein früherer Stürmer der englischen Nationalmannschaft, mit einer konzessiven Satzverbindung: „Dies ist kein Finale, nicht einmal annähernd, aber es fühlt sich so an.“

Die Aufmerksamkeit, die dieses Achtelfinale der Fußball-EM im Königreich, jedenfalls in England, erregt hat, lässt sich im Ausland kaum ermessen. Für England, das sich als Heimat und Herkunftsort des Fußballs betrachtet, war Deutschland der Angstgegner schlechthin. Seit dem historischen WM-Finale von 1966, in dem die Engländer die Mannschaft von Helmut Schön (mit Hilfe des umstrittenen „Wembley-Tors“) 4:2 geschlagen hatten, gab es für die „Three Lions“ keinen Sieg mehr gegen Deutschland in einer internationalen Endrunde. Das ist mehr als ein halbes Jahrhundert.

Bewunderung bis heute

Aufgewühlt wurden in den Tagen vor diesem Spiel vor allem die Erinnerungen an das EM-Halbfinale von 1996, als die Mannschaft von Berti Vogts den Gastgeber beim Elfmeterschießen aus dem Turnier warf. Nicht getroffen hatte damals Gareth Southgate, der jetzt die englische Mannschaft als Trainer führt. Dass er damals seiner Mannschaft die Chance verhagelt habe, zu Hause im Finale zu spielen, werde „leider für immer in mir sein“, sagte er nach dem Spiel. „Aber immerhin haben wir den Fans heute etwas zum Freuen gegeben.“

Gareth Southgate nach seinem verschossenen Elfmeter 1996


Gareth Southgate nach seinem verschossenen Elfmeter 1996
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Bild: AP

Kommentatoren überschlugen sich am Mittwoch mit Würdigungen von historischen Proportionen. Der Sportchef der BBC sprach von einem „Tag, an den sich die englischen Fans immer erinnern werden“. Es sei einer „der wichtigsten Siege in der Geschichte des englischen Fußballs, einer, der das Gefühl der Unterlegenheit gegenüber einem alten Rivalen beiseiteschiebt“. Damit schnitt er ein viel größeres Thema an. Fußball, zumal wenn er zwischen England und Deutschland gespielt wird, ist immer auch politisch aufgeladen, und der Minderwertigkeitskomplex gegenüber dem großen Nachbarn auf dem Kontinent hatte stets auch eine Dimension, die über den Sport hinauswies.

Seit dem deutschen Wirtschaftswunder hält sich im Königreich das Motiv von dem Nachbarvolk, das im Krieg verloren, aber im Frieden gewonnen hat. Die „Widerstandskraft“ der Deutschen, ihr Vermögen, in kürzester Zeit aus Trümmern ein gedeihliches Gemein- und Wirtschaftswesen aufzubauen und wieder eine Führungsposition in Europa einzunehmen, wird von vielen Briten bis heute bewundert. John Kampfners im vergangenen Jahr erschienenes Buch „Why the Germans do it better“ ist zu einem Bestseller im Königreich geworden. Natürlich spielte darin auch der Fußball eine Rolle.

„Eine Orgie der Selbstgratulation“

Und jetzt? Der Sieg kommt zu einer Zeit, in der die Briten ein bisschen Aufmunterung gebrauchen können. Viele haben unter der Rolle gelitten, die sie seit dem Brexit auf dem Kontinent spielen. Wo sie nicht als Verräter an der europäischen Sache betrachtet wurden, sah man sie als tragische Vollstrecker einer Idee, die ihnen selbst am meisten schaden würde. Als es zu Beginn der Pandemie nicht gerade erfolgreich für die Briten lief, schwang eine Prise Schadenfreude mit, die sich natürlich nicht gegen die Opfer richtete, aber gegen das Krisenmanagement von Premierminister Boris Johnson. Als sich das Spiel nach der ersten Halbzeit wendete und die britische Impfkampagne die europäische in den Schatten stellte, reagierten viele Europäer nicht mit Anerkennung, sondern mit Vorwürfen an eine vermeintlich egoistische und nationalistische Vorgehensweise.

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