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#Die große Impfstoff-Irritation

Die große Impfstoff-Irritation

Die Europäische Union zieht Konsequenzen aus den drohenden Impfstoff-Lieferausfällen. Wie Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides nach einer Schaltkonferenz der EU-Staaten am Montagabend in Brüssel bekanntgab, würden künftig alle Herstellern in einem Transparenzregister erfasst. Für dieses müssten sie angeben, wann sie wie viel Impfstoff produziert und wohin sie diesen geliefert hätten oder zu liefern beabsichtigten.

Werner Mussler

Das soll für alle Lieferungen in Drittstaaten gelten. „Humanitäre“ Lieferungen seien ausgenommen. Damit folgt die EU der Idee von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), alle Impfstoff-Exporte in Drittstaaten zu registrieren und genehmigen zu lassen. Das Register soll in den kommenden Tagen eingerichtet werden.

Hintergrund der Entscheidung ist offenbar großer Ärger der Mitgliedstaaten über den schwedisch-britischen Hersteller Astra-Zeneca. Dieser steht im Verdacht, nur seine Lieferung in die EU gedrosselt, die Produktion für Großbritannien und andere Staaten aber unverändert gelassen zu haben. Kyriakides sagte, dies sei nicht akzeptabel. Die EU fordere, dass die bestellten und vorfinanzierten Impfstoff-Dosen so bald wie möglich ausgeliefert werden. „Wir möchten, dass unser Vertrag vollständig erfüllt wird.“

Die EU-Staaten können die Ankündigung des Herstellers nicht fassen

Unter den Mitgliedstaaten herrsche allenthalben „Fassungslosigkeit“ über die „Nonchalance“ des Unternehmens, hieß es nach der Schaltkonferenz, der am späten Abend eine weitere folgen sollte. Es sei höchste Zeit, dass das Unternehmen seine Produktionspläne korrigiere. Sonst stehe ihm ein irreparabler Ansehensverlust bevor. Der Hersteller hatte am Freitag angekündigt, im ersten Quartal 2021 nicht wie ursprünglich geplant 80 Millionen Dosen Impfstoff an die EU zu liefern, sondern nur 31 Millionen.

Die EU-Staaten seien darüber besonders irritiert, weil Astra-Zeneca beim Vertragsabschluss im Oktober 2020 eine Vorfinanzierung erhalten habe, mit der sie vertragsgemäß schon vor der Zulassung genügend von seinem Impfstoff produzieren könne. In Großbritannien ist der Astra-Zeneca-Impfstoff schon Anfang Januar zugelassen worden, für die EU wird die Genehmigung am Freitag erwartet.

Die Schaltkonferenz am Montag, an der auch ranghohe Astra-Zeneca-Vertreter beteiligt waren, sei „unerfreulich“ verlaufen, berichteten Teilnehmer. Das Unternehmen habe sich zunächst nicht bereiterklärt, der Forderung von Kyriakides zu folgen, die ins Feld geführten Produktionsschwierigkeiten näher zu erläutern. Die Kommissarin hatte den Hersteller aufgefordert offenzulegen, wie viel und für wen er im vierten Quartal 2020 produziert habe.

Laut Vertrag habe Astra-Zeneca bei Genehmigung lieferfähig sein müssen

Das Unternehmen habe die Auskunft verweigert. „Nach den Verträgen hatte der Hersteller so produzieren müssen, dass er an die EU liefern kann, sobald die Genehmigung vorliegt“, hieß es. Kein Vertreter der Mitgliedstaaten habe verstanden, dass in Großbritannien offenbar voll produziert werde. „Wir wollen, dass unsere Verträge erfüllt werden“, sagte Kyriakides.

Astra-Zeneca hatte die Lieferschwierigkeiten mit Problemen „in einem Werk in unserer europäischen Lieferkette“ begründet. Nach belgischen Medienberichten sind die Schwierigkeiten in einem belgischen Werk des Herstellers Novasep aufgetreten, der für Astra-Zeneca produziert. In Brüssel heißt es, die Probleme seien kein Grund, einseitig Lieferungen nur in die EU einzuschränken.

Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese sagte, die Ankündigung des Unternehmens „darf und wird nicht das letzte Wort sein“. Astra-Zeneca liefere offensichtlich in andere Teile der Welt ohne Verzögerung. „Die fadenscheinige Begründung, dass es in der EU-Lieferkette Schwierigkeiten gibt, woanders dagegen nicht, trägt nicht.“ Es sei kein Problem, den Impfstoff von Großbritannien auf den Kontinent zu bringen.

Aus der EU sind Milliarden an Förderung geflossen

Kyriakides sagte, die Hersteller hätten insgesamt 2,7 Milliarden Euro an EU-Mitteln für die Förderung ihrer Forschung erhalten. Auf Astra-Zeneca entfielt davon offenbar ein erheblicher Anteil. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verlangte am Montag telefonisch vom Chef des Unternehmens, Pascal Soriot, die Einhaltung der Lieferzusagen. Offen blieb, ob die EU eine juristische Handhabe gegen das Unternehmen hätte.

Es gebe in den Lieferverträgen Klauseln, um auf die Nichteinhaltung von Lieferzusagen zu reagieren, sagte ein Kommissionssprecher. Es sei aber „nicht an der Zeit, rechtliche Diskussionen zu führen“. In Brüssel heißt es immer wieder, es sei niemandem gedient, wenn jetzt juristische Auseinandersetzungen geführt würden. Wichtig sei vielmehr, dass möglichst viel Impfstoff geliefert werde.

Der Astra-Zeneca-Impfstoff war im vergangenen Jahr lange als der vielversprechendste angesehen worden. Ein von der EU-Kommission geführtes Team mit den Herstellern über Lieferungen verhandelte, war Astra-Zeneca das erste Unternehmen, mit dem ein Abschluss erzielt wurde. Deshalb war noch im Herbst erwartet worden, dass der Impfstoff auch als erster zugelassen werde. Inzwischen haben aber die schon genehmigten Vakzine von Biontech-Pfizer und Moderna Astra-Zeneca überholt.

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